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Der Sommer der Schmetterlinge

Der Sommer der Schmetterlinge

Titel: Der Sommer der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lisboa
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an seiner Stelle eine Lücke hinterlässt.
    Besser so, dachte sie. Viel besser.
    Sie stellte fest, dass sich die Unruhe in der Seele dieses Ortes tatsächlich gelegt hatte. Ein Umstand, der nicht allein der bloßen Abwesenheit von Unruhe entsprach. Siemaß das Wort von allen Seiten: Unruhe. Die Schlüsse, die sie daraus zog, wenn sie denn welche zog, behielt sie indes für sich.
    Sie und ihre Tochter gingen auf ihre Zimmer. Maria Inês kam in dem einstigen Gästezimmer unter, Eduarda in dem, das zu anderen Zeiten Maria Inês’ Zimmer gewesen war (und wo manchmal, wenn sie sich fürchtete, Clarice den Rest der Nacht verbracht hatte). Alles unverändert, alles anders.
    Es flogen immer noch Schmetterlinge über den Steinbruch. Aber es gab niemanden mehr, der ihn für verboten erklärt hätte. Die Ipê-Fazenda war drei Jahre zuvor verkauft und in vier kleinere Besitzungen geteilt worden: den Hof der Freunde, den Hof Schöne Reise, den Hof Großmutters Alterssitz und einen Hof Drittes Jahrtausend, der sich als Studienzentrum für alles entpuppte, was in die Rubrik Alternative Medizin passte. Falls sie beschlossen hätte, noch einmal hinauf zum Steinbruch zu steigen, hätte Maria Inês keine Gespenster mehr in einem verlassenen Haus herumirren sehen, sondern lauter weißgekleidete Menschen, die auf dem gepflegten Rasen Weihrauch verbrannten und Mantras intonierten, die sie selbst nicht verstanden.
    Aber sie hatte nicht vor, zum Steinbruch hinaufzusteigen. Noch nicht. Sie legte ihre Reisetasche auf das Bett mit der Patchwork-Decke, die Otacília vor so vielen Jahren, noch vor ihrer Krankheit, genäht hatte, und warf einen flüchtigen Blick aus dem Fenster, als hätte sie Angst vor dem, was sie dort draußen sehen könnte. Sie entdecktejedoch nichts weiter als den ausgewachsenen Garten. Der vielleicht ein paar Instandsetzungsarbeiten, etwas Baumschnitt, ein wenig Auffrischung brauchte. Unter drei großen Platanen hatte jemand kleine Haufen trockener Blätter zusammengeharkt.
    Sie ging ins Bad, das einzige für die vier Schlafzimmer. Hier gab es keine Suiten mit weißen Bädern voller gemalter Gärten und blauer Lancôme-Fläschchen. Es war ein Fazendawohnhaus ohne reiche Ausstattung. Weder besonders groß noch besonders klein. Weder besonders alt noch besonders neu. Maria Inês musterte sich im Spiegel, holte die Wimperntusche und ihren Eyeliner aus der Tasche und schminkte ihre Augen neu. Dann las sie: Colourings. Eye definer. Shade: rich dark brown . Sie wusch ihre Hände mit einer herzförmigen grünen Seife, die sie an Motelseife denken ließ (dank Bernardo Águas kannte sie sich mit dem Geruch von Motelseifen ziemlich gut aus).
    Als sie ins Wohnzimmer kam, saßen ihre Schwester und ihre Tochter schon am Tisch und tranken Saft. Eduarda saß mit dem Rücken zu ihr auf dem Stuhl, auf dem früher Afonso Olímpio gesessen hatte. Maria Inês blickte Clarice an und bemerkte, dass Clarice ihren Blick spürte. Die Narben an Clarices Handgelenken waren sichtbar, inzwischen verzichtete sie auf eine Tarnung durch Armbänder. Maria Inês fühlte eine Art Schluchzen in sich aufsteigen, aber dann dachte sie, das Ganze sei vielleicht doch nicht umsonst gewesen.
    Denn schließlich hatte Clarice überlebt.
    Sie setzte sich auch an den Tisch und goss Kaffee in ihre Tasse. Sie wusste, dass er zu süß war, aber es störte sie in diesem Augenblick nicht.
    Draußen verbrachte ein Mann mit hellen Augen die Zeit damit, auf der staubigen Straße spazieren zu gehen.
    Draußen sangen neue Vögel alte Lieder.
    Vergessen. Gründlich. Diesen Ring die Erinnerung ausbrennen lassen. Clarice spielte mit ihrem Ehering, auf dessen Innenseite der Name Ilton Xavier eingraviert war. Die Fenster waren geschlossen, denn um diese Uhrzeit drängten die Moskitos ins Haus. Man musste aufpassen, damit man später ruhig schlafen konnte: ohne Moskitos, ohne Erinnerungen.
    In wenigen Wochen begann die Maisernte. Clarice lächelte, während sich der Ring auf dem Frisiertisch unter der Kuppe ihres rechten Zeigefingers drehte wie ein Kreisel. Tanze, Kreisel / Schwanke, Kreisel . Ihr Mann war mit seinen Eltern in die Kirche gegangen.
    Entschuldigt mich, aber ich komme nicht mit. Ich habe schreckliche Kopfschmerzen.
    Die anbetungswürdige Clarice. Der man Verständnis entgegenbrachte, der man verzieh.
    Ich liebe dich, weil du keine Geheimnisse hast, hatte Ilton Xavier einmal gesagt, und Clarice hatte nicht gelächelt.
    Vergessen. Gründlich. Jenen Nachmittag, an dem Maria

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