Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)
Lichtpunkt. »Im Gegensatz zu anderen Sternen bewegt er sich nicht. Das gefällt mir.«
»Und du bewegst dich jetzt auch nicht mehr«, knurrte Simon scherzhaft und begrub mein Lächeln unter seinen Lippen. Als unsere Küsse drängender wurden, schloss ich langsam die Augen und überließ mich ganz meinem Gefühl: eine Million winziger Punkte aus reinem Licht brannten in mir, durch mich, von meiner Haut bis in meine Seele hinein. Und dann trieb ich nur noch mit dem Himmel dahin … schwerelos und ziellos. Ich wollte, es würde niemals enden.
kapitel dreizehn
Ich trieb dahin. Noch am nächsten Tag. Ich hatte von Simon geträumt, und nach dem Aufwachen träumte ich einfach weiter, mit geschlossenen Augen, weil ich nicht wollte, dass das grelle Tageslicht in meine Träume schnitt. Es war zu hell in meinem Zimmer. Doch ich konnte nicht ewig weiterschlafen.
Ich zwang mich, die Augen zu öffnen, und setzte mich auf. Meine Haare waren salzverklebt. Ich gähnte, und die Erinnerung an letzte Nacht überwältigte mich. Ich bedeckte mein Gesicht mit beiden Händen, und ein Teil von mir zog sich vor Unglauben reflexartig zusammen, als ich die Ereignisse noch einmal durchlebte und mir vorstellte, wie wir am Strand gelegen hatten.
Ich reckte mich träge und ließ mich wieder aufs Bett fallen, den Mund zu einem genießerischen Grinsen verzogen und mit einem leichten Ziehen im Bauch, als ich an Simon und mich dachte … an das Gefühl, mit ihm zusammenzusein … Ich schloss die Augen und kuschelte mich an mein warmes Kissen. Wie sollte ich den Tag überstehen, ohne unablässig an ihn zu denken? Wie sollte ich gehen, essen und mit meinen Verwandten reden?
Nicht nachdenken, einfach normal sein! , befahl ich mir und lächelte entrückt.
Simon Simon Simon Simon Simon Simon Simon Simon Simon Simon Simon Simon. Es war sinnlos. Entweder würde ich mit knallrotem Kopf durch die Gegend laufen, erfüllt von anzüglichen Gedanken an ihn, oder ich würde die Wand anstarren und mich auf nichts konzentrieren können, weil ich immer wieder dieselben Szenen im Kopf abspulte: zurück zu Simon und mir, dann wieder vor, zum nächsten Mal, wenn wir beide allein sein würden.
Vor mich hin summend sprang ich aus dem Bett und tapste schläfrig zur Dusche. Erst, als ich zurück in meinem Zimmer war und meine feuchten Haare abtrocknete, warf ich einen Blick auf den Wecker, der auf meinem Nachttischchen stand. Wow! Es war schon fast zwölf Uhr mittags. Im Haus herrschte Stille. Der Tag hatte schon vor Stunden begonnen, als ich noch in den tiefsten Träumen lag. Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte.
Vielleicht würde ich mal rüber zu Simon gehen. Vielleicht würde er mir jetzt seine Bilder zeigen, wenn ich überraschend aufkreuzte. Ich konnte ihm den Arm verdrehen, bis er nachgab. Ich grinste.
Ich hatte mich in letzter Zeit verändert, stellte ich fest, als ich mein Gesicht im Spiegel studierte, während ich mir die Haare kämmte und Lippenbalsam auftrug. Meine Augen sahen anders aus. Leuchtender vielleicht. Schwer zu sagen, was neuerdings an mir so anders war, aber es war da, wie eine Aura, unsichtbar und dennoch existent. Mir gefiel es …
»Ich hasse dich!«
Ich erstarrte. Das war Corinne. Ich hielt mit dem Bürsten inne, als ich ihre Schritte hörte. Sie rannte die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Andere Schritte folgten ihr eilig.
»Du hast uns keine andere Wahl gelassen, Corinne«, sagte Tante Kathleen fest. »Für dein Verhalten bist nur du allein verantwortlich.«
»Ihr wollt mich doch bloß loswerden!«, schrie Corinne wütend und fing dann laut an zu schluchzen. »Ihr schickt mich weg, in eine Klapsmühle!«
»Es ist eine alternative Schule für junge Menschen mit Problemen«, erwiderte meine Tante beschwichtigend. Corinne stieß ein hysterisches, ersticktes Lachen hervor. Ich konnte alles mithören. Offenbar glaubten sie, ich sei schon lange wach und aus dem Haus gegangen, denn sie hatten nicht einmal Corinnes Zimmertür geschlossen.
»Im Bard-College kannst du dein Tanztraining wiederaufnehmen«, fuhr Kathleen fort. »Die Schule bietet sehr viele Möglichkeiten.«
»Alles, was dich interessiert, ist mein blödes Training!«, heulte Corinne.
»Schätzchen, bitte! In dieser Schule will man dir helfen, wieder zu dir zu finden. Wir wollen doch alle nur, dass du glücklich bist!«
Ich konnte Corinnes gequältes Schluchzen und die Versuche meiner Tante, sie zu beruhigen, nicht mehr ertragen, deswegen flüchtete ich auf dem
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