Der Sommer der Toten
fahrtüchtig war.
Tatsächlich sprang der Motor wieder an. Beim Rückwärtsfahren merkte der Beamte aber, dass er mit diesem Wagen nicht mehr weit kommen würde. Egal, nur weit genug weg von diesen Bestien.
Er rammte den ersten Gang hinein und gab Gas. Schaukelnd und hopsend bewegte sich der ramponierte Wagen davon. Beide Scheinwerfer waren kaputt. Bei jeder Aufwärtsbewegung hüpfte auch die Motorhaube ein Stück nach oben.
Er traute sich nicht, schneller als dreißig Stundenkilometer zu fahren, rechnete sich aber aus, dass er es bei diesem Tempo in einigen Minuten bis zur Einsatzleitung schaffte.
Das abgrundtiefe Entsetzen in seinem Inneren wollte sich nicht legen. Immer wieder starrte er geschockt auf den Torso seines Kollegen. Die Blutfontäne war abgeklungen. Lediglich ein Rinnsal floss noch aus den Halsschlagadern. Das Wageninnere war über und über mit Blut bespritzt. Auch dem Fahrer lief das Blut seines Kollegen in Strömen das Gesicht herunter.
Ein Stück Gehirn löste sich vom Wagendach und fiel auf das Armaturenbrett. Dort lag es dann, wie ein obskures mutiertes Schnitzel. Dieser Anblick genügte. Ohne die Fahrt zu stoppen, erbrach sich der Polizist. Er wollte weiter fahren, immer nur weg von den Zombies. Daher kotzte er einfach während der Fahrt quer über das Armaturenbrett in seinen Schoß.
Der Wagen hielt tatsächlich bis zur Einsatzleitung durch. Er holperte auf den Feldweg und kam erst dann zum Stehen, als er einen anderen Polizeiwagen rammte.
Beunruhigte Kollegen eilten auf den zerstörten Polizeiwagen zu. Entsetzt erkannten sie im Inneren den Torso des einen Kollegen und ein heulendes, nicht mehr ansprechbares Häufchen Elend hinter dem Steuer, das über und über mit Blut und Erbrochenem bedeckt war.
11.
Die Leiche des erschossenen Bürgermeisters wurde abtransportiert. Nachdem die Personalien und Aussagen aufgenommen worden waren, verzogen sich auch die Polizisten. Anna machte sich sofort daran, die Blutlache auf dem Boden aufzuwischen. Dr. Kovacs behandelte zwischenzeitlich auch Klaus. Dieser hatte sich zwar etwas gefangen, aber ein Beruhigungsmittel bekam er doch noch verabreicht. Gleichzeitig machten erneut die Duz-Angebote die Runde und wenig später hieß Dr. Kovacs für alle nur noch Jens.
Bianca hinkte indessen in ihr Zimmer und zog sich dort eine Jogginghose über. Es dauerte höchstens eine Stunde, ehe die Spuren des Zwischenfalls beseitigt waren und alle vier wieder an einem der Tische saßen.
Dr. Jens Kovacs gab Bianca noch einige Tabletten.
„Das ist ein Schmerzmittel“, erklärte er. „Das wirst du sicherlich noch brauchen. Das wird später noch brennen wie die Hölle.“
„Wie beruhigend“, entgegnete Bianca grinsend. „Aber wer deine Herumschlachterei übersteht, der kann dann auch noch den Rest ab.“
„Freut mich, dass dir meine Arbeit gefällt“, feixte Jens zurück. „Auch mir ist es immer wieder ein Vergnügen, so ruhige und geduldige Patienten zu behandeln.“
„Ich merke schon“, fuhr Anna grinsend dazwischen. „Ihr beiden habt euch richtig lieben gelernt.“
„Der hat an meinem Arsch rumgefummelt“, beschwerte sich Bianca, während sie mit dem Finger auf Jens zeigte.
„Ja, aber sie hat es mir erlaubt“, verteidigte sich Jens grinsend.
So ging es noch eine Zeitlang weiter. Mit diesem kindischen Herumgealbere ließen sie Dampf ab und entschärften so den Stress der letzten zwei Stunden.
Nur Klaus saß still und dumpf vor sich hinbrütend da. Das merkten auch bald die anderen und hörten zunächst einmal mit diesen Späßchen auf.
Nach kurzem betretenem Schweigen machte Bianca den Anfang.
„Klaus“, sagte sie mit ruhiger, sanfter Stimme. „Du hast mir vorhin mit großer Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet. Dafür möchte ich dir aufrichtig und von Herzen danken.“
Klaus sah mit tränenverschleierten Augen auf, sagte aber nichts. Bianca sah ihn fest an.
„Du warst nicht derjenige, der ihn getötet hat. Er hat wohl selbst den Abzug durchgezogen“, erklärte Bianca eindringlich. „Vielleicht hatte er gar nicht gewusst, dass die Waffe auf ihn selbst gerichtet war. Vielleicht wollte er ja eigentlich dich über den Haufen schießen.“
Klaus sagte immer noch nichts.
„Du bist kein Mörder“, mischte sich jetzt auch Anna ein. „Durch dich ist aber ein Mörder unschädlich gemacht worden. Dafür sind wir dir alle dankbar.“ Nach kurzer Pause setzte sie noch grinsend hinzu: „Außerdem war er ein notgeiles Arschloch, das dauernd
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