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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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abwärts.“
    „Der wird doch nicht etwa ...“, begann Bianca entsetzt, während sie beobachtete, dass der Tote sich immer weiter dieser Mauer näherte.
    „Was?“, fragte der Priester verständnislos.
    „Ich glaube, der will sich dort hinunterstürzen“, sagte Bianca entsetzt.
    „Um Himmels willen!“, sagte Pfarrer Schuster entsetzt. „Das wäre eine Katastrophe!“
    „Allerdings.“ Bianca erkannte, dass der Tote nur noch allerhöchstens drei Meter von der Mauer entfernt war, und stürmte los.
    Mit Hechtsprüngen sprang sie quer über die Gräber und rannte so schnell sie konnte auf den Toten zu.
    Er war nur noch einen Meter von der Mauer entfernt, als sie ihn erreichte. Sie hatte keine Zeit, nachzudenken, was sie tat. So blieb auch keine Zeit, Ekel vor dem Toten zu entwickeln. Kurz entschlossen ergriff sie die Schulter des Toten.
    „Halt!“, rief sie.
    Bianca ahnte nicht, wie behände der Tote sein konnte. Sofort riss er sich mit einer ruckartigen Bewegung los. Bianca war im ersten Augenblick überrascht. Außerdem machte sie einen Generalfehler, den Biancas Karatetrainer ihr nachhaltig übelgenommen hätte. Sie unterschätzte ihren Gegner.
    Der Tote machte eine Abwehrbewegung mit dem Arm und traf sie mit brutaler Kraft im Brustkorb. Bianca keuchte auf, als eine Rippe mit einem stechenden Schmerz brach. Sie fiel ächzend zu Boden.
    Aus tränenden Augen beobachtete sie fassungslos, wie der Tote die Mauer erreichte und sich einfach drüber kippen ließ.
    Sie hörte noch das entfernte schmetternde Geräusch, als der Leichnam dreißig Meter tiefer aufschlug. Dann verlor sie das Bewusstsein.
    12.
Sie erwachte im Pfarrhaus. Ihr Brustkorb tat furchtbar weh. Stöhnend richtete sie sich auf.
    „Willkommen in der Wirklichkeit“, sagte Anna.
    Bianca sah sie an. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte Pfarrer Schuster ihr bereits erzählt, was passiert war.
    „Es tut mir so leid“, sagte Bianca aufrichtig.
    „Danke, dass du es wenigstens versucht hast“, sagte Anna und lächelte matt.
    „Wo ist Klaus?“, fragte Bianca.
    „Der ist mit Werner am Fuß des Gipfels und räumt die Sauerei weg“, erklärte Anna müde.
    „Klaus?“ Bianca war aufrichtig überrascht. „Der war doch völlig runter mit den Nerven.“
    „Aber er ist ein Mann“, entgegnete Anna grinsend. „Glaubst du im Ernst, er wartet klappernd hier im Pfarrhaus darauf, dass du draußen Lara Croft spielst? Das widerspricht doch seiner Macho-Ehre. Der hat sofort ‚HIER!‘ gebrüllt, als es darum ging, die Sache zu vertuschen.“
    „Na, wenn das da unten so aussieht, wie ich es vermute, dann hat er sich schon zum dritten Mal die Seele aus dem Leib gekotzt“, bemerkte Bianca.
    Anna wurde sofort wieder ernst.
    „Da mag ich gar nicht daran denken“, sagte sie.
    „Oh ... tut mir leid ...“
    „Braucht es nicht. Ich habe meinen Weinkrampf schon hinter mir.“
    „Ja, aber ...“
    „Nix aber. Wie geht es dir?“
    „Mir tut der Brustkorb weh.“
    „Kein Wunder. Du hast einen hübschen Bluterguss dort. Du hast dir zumindest eine Rippe angeknackst. Wahrscheinlich nix Schlimmes, aber es tut wahrscheinlich furchtbar weh.“
    „Wer hat mich untersucht?“, fragte Bianca.
    „Ich“, erklärte Anna grinsend. „Pfarrer Schuster wollte deine Titten nicht sehen und er hat auch Klaus hinausgescheucht, damit er keine unzüchtige Blicke riskiert.“
    „Der Ärmste!“ Bianca lachte auf, verzog aber gleich schmerzverzerrt das Gesicht. „Der erste Anblick, auf den er scharf war, und dann darf er noch nicht einmal.“
    „Du kannst ihm ja später noch eine Striptease-Einlage anbieten“, schlug Anna feixend vor.
    „Gute Idee. Werde ich mir merken.“
    „Wieso hat er das nur getan?“ Anna wurde schlagartig wieder ernst. „Es war, als wollte er sich selbst umbringen.“
    „Vielleicht wollte er es auch“, antwortete Bianca.
    „Pardon?“, entgegnete Anna gereizt.
    „Versetz dich mal in seine Lage. Seit dreißig Jahren tot, allerdings aus irgendwelchen Gründen immer noch lebendig. Eingesperrt in einer Kiste und zwei Meter tief unter der Erde begraben. Dreißig Jahre lang. Dann endlich frei, aber immer noch gefangen in irgendeiner übersinnlichen Schweinerei.“
    „Eine Leiche, die Selbstmord begeht.“ Anna lachte bitter auf. „Glaubst du, damit ist er tot?“
    „Worauf willst du hinaus?“
    „Er kann sich nicht umbringen.“
    „Und was sollte das dann alles?“
    „Er wollte sich selbst unschädlich machen.“
    13.
„Himmel, Arsch

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