Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
Vom Netzwerk:
Cappuccino brachte.
    „Der Kerl, der die Hosen runter gelassen hatte“, begann Anna schließlich zögernd.
    „Was ist mit dem?“, hakte Bianca nach.
    „Er kommt aus Berghausen“, berichtete Anna. „Nur wird er sich dort nicht mehr blicken lassen. Gerüchten zufolge hat er dort schon drei Mädchen vergewaltigt. Die Berghausener haben damals auf eine Anzeige verzichtet und stattdessen die Sache im Ort geklärt. Was die Leute genau mit ihm angestellt haben, weiß niemand, aber es muss ziemlich übel gewesen sein. Den Rockern wurde nahe gelegt, dass sie nie wieder nach Berghausen kommen sollten. Also haben sie sich in der Umgebung niedergelassen und machen seither Jagd auf alle Leute, die sie aus Berghausen kennen. Dass die auf dich losgegangen sind, war nur ein Vorwand, weil du den einen Kerl hast abblitzen lassen. Aber ich kenne den großen Schläger und er kennt mich. Die anderen drei sollten sich bestimmt mit dir vergnügen, während der Kerl in der Zwischenzeit mich durchgevögelt hätte. Mann, was bin ich froh, dass du so zuschlagen kannst ...“
    „Was denn?“, unkte Bianca. „So ein attraktiver Mann und du willst nicht?“
    „Attraktiv“, rief Anna verächtlich aus. „Attraktiv und anziehend – genau! Wenn du es als Biologin mal schaffst, Sackratten mit Glühwürmchen zu kreuzen, dann blinkt dem sein Gehänge in der Dunkelheit wie Las Vegas.“
    Bianca lachte so abrupt und laut auf, dass sich einige Gäste irritiert zu ihr umdrehten.
    „An dem sein Gehänge blinkt vorläufig nichts mehr“, gluckste Bianca und gab sich Mühe, wieder leiser zu sein. „Der wird morgen sehr vorsichtig laufen und bei jedem Schritt überlegen, ob dieser Schritt überhaupt notwendig ist.“
    Anna grinste und wollte noch eine Bemerkung draufsetzen, wurde aber von mehreren vorbeifahrenden Polizei- und Krankenwagen unterbrochen, die mit Martinshorn an der Eisdiele vorbei fuhren.
    „Ich glaube, die fahren in die Disco“, murmelte Anna. „Ob jemand unsere Freunde gefunden und die Polizei gerufen hat?“
    „Keine Ahnung“, entgegnete Bianca. „Das wäre aber auch etwas übertrieben. Die brauchen zwar alle einen Arzt, aber sicherlich keinen Notarztwagen.“
    „Ich gehe mal nachschauen“, sagte Anna spontan, stand auf und verließ das Eiscafé, bevor Bianca etwas sagen konnte.
    Bianca sah ihr nach. Im Prinzip war es ihr egal, weswegen die Polizei aufkreuzte. Was sie getan hatte, war reine Notwehr gewesen. Bianca machte sich nichts vor. Diese Typen waren brutale Schläger. Wenn die nicht allesamt so angetrunken und dazu noch notgeil gewesen wären, dann hätte sie sich eine ganze Menge einfallen lassen müssen, um mit heiler Haut aus der Geschichte herauszukommen.
    So wusste sie, dass sie einem das Nasenbein gebrochen hatte und dass der Boss ein paar seiner Zähne vermissen würde. Aber das geschah denen recht. Vielleicht würden die nun das nächste Mal fremde Frauen etwas respektvoller behandeln.
    Es dauerte lange, ehe Anna zurückkehrte. Ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. Sie setzte sich zu Bianca und blickte sie ernst an.
    „Und?“, fragte Bianca ungeduldig. „Was ist?“
    „Es ging tatsächlich um die vier Rocker, die du zusammengeschlagen hast. Sie sind tot. Alle vier.“
    6.
„Verfluchte Scheiße!“, schimpfte Kommissar Kellermann aus vollem Herzen.
    Er hatte sehr schnell erkannt, dass er in einer Situation war, die man getrost als prekär bezeichnen konnte.
    Er ließ den Lichtkegel seiner Taschenlampe über die grob behauenen Sandsteine der Wände dieses Ganges streichen und leuchtete schließlich in den Gang, der sich einige Meter geradeaus erstreckte und danach nach rechts abknickte.
    Als er die Treppe hinauf leuchtete, sah er, dass er hier auch nicht mehr so ohne Weiteres herauskommen würde. Nach seinem Sturz hatte nachrutschendes Geröll die Öffnung wieder aufgefüllt.
    Er tastete nach seinem Handy. Das hatte den Sturz auch weitgehend unbeschadet überstanden, aber in diesem Gewölbe hatte er keinen Empfang.
    Fluchend kämpfte er sich die Treppe hoch, bis er zu dem Geröllhaufen stieß, der ihm den Weg nach draußen versperrte. Im Licht der Displaybeleuchtung erkannte er, dass auch hier nicht viel zu holen war. Lediglich, wenn er sein Handy möglichst hoch in die Richtung empor streckte, in der er die Öffnung vermutete, rang sich ein einzelner Balken dazu durch, aufzublinken, und das Logo des Mobilfunkbetreibers erschien.
    Das war nicht viel, aber zumindest eine Chance. Kellermann hatte

Weitere Kostenlose Bücher