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Der Sommer der Toten

Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael T. Hinkemeyer
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gehen.«
    Das war ein plötzlicher Entschluß von Seiten Davids. Katie, für die es unerwartet kam, war sehr erleichtert. So würde sie nicht allein sein müssen.
    Barney wich zurück. Er schien erschrocken, so als stünde seine Reputation als Vertreter des Gesetzes auf dem Spiel.
    »Dafür gibt es keinen Grund«, wandte er ein. Fast beschwörend brachte er das heraus. »Außerdem ist hier niemand, der den Bernhardiner getötet haben könnte.«
    »Ich möchte übrigens den Hund sehen.«
    »Geht nicht.«
    »Warum nicht? Haben Sie ihn begraben?«
    »Soll das ein Scherz sein? Sie glauben wohl, ich wüßte nicht, wo es langgeht? Der Hund ist ein Beweisstück.«
    »Na, dann möchte ich ihn sehen.«
    »Kann ich nicht zulassen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er ein Beweisstück ist.«
    »Ich vertrete Mr. Ronsky und habe damit das Recht, die Beweisstücke in diesem Fall zu begutachten. Sämtliche.«
    Barney wunderte sich über das »Mr. Ronsky«, bis ihm einfiel, daß damit Butch gemeint war.
    »Nun ja …«, sagte er gedehnt, »wissen Sie, ich wollte Sie bloß ein wenig auf die Probe stellen, junger Mann. Sie haben eine Menge auf der Uni gelernt, das muß man Ihnen lassen.«
    Butch verfiel in lautstarkes Geheule, das seiner Einsamkeit Ausdruck verleihen sollte, als sie sich zum Gehen wandten und ihn in dem großen dunklen Lagerraum allein lassen wollten.
    »Du solltest jemanden hier unten lassen, damit er nicht allein ist. Es könnte etwas passieren und …«, schlug Katie vor.
    Barney lachte bloß. »Was soll schon passieren? Ihm geht’s tadellos. Er kann nicht viel anstellen. Nicht mal sich selbst kann er was antun. Er kann auch nicht ausbrechen. Auf die Idee kommt er von allein gar nicht. Nach einer Weile heult er sich in den Schlaf.«

 
III
     
     
    Der Hundekadaver lag in eine Plastikhülle gewickelt im Kühlraum, der durch die hintere Tür des Ladens zu betreten war. Ganze Rind- und Schweineseiten hingen an Haken von der Decke, dazu dunkle, dickhäutige Schinken und die bleichen Leiber gerupfter Hühner.
    »Da ist er«, sagte Barney und deutete mit seinem Stumpf.
    David bückte sich und wickelte die Plastikhülle auf. Der Hundeleib war schon steif. Große leblose Augen starrten sie an. Der Schnitt verlief gezackt um den ganzen Hals herum.
    Katie verspürte ein Würgen im Hals und mußte wegsehen.
    Barney jedoch beugte sich höchst interessiert über Davids Schulter.
    »Sehen Sie, was ich meine?« plusterte er sich auf.
    »Was?«
    »Na, wegen Butch. Er ist der einzige in der Gegend, der stark genug ist und so etwas fertigbringt.«
    »Hatte er etwa Blut um den Mund? Zusätzlich zu dem angeblichen Alkohol? Von dem alle behaupten, daß er ihn getrunken hätte?«
    »Was soll das heißen – Blut?«
    »Ich will damit sagen, daß dies hier von Zähnen verursacht wurde«, sagte David im Aufstehen und warf das Ende der Plastikhülle über das Tier. »Tierzähne. Sehen Sie die Bißspuren an Kopf und Brust?«

 
IV
     
     
    Judy Boomer geborene Krause schob einen Einkaufswagen den Gang zwischen den Regalreihen des Wagonwheel-Ladens entlang. Das Kleine saß im Wagen, der kleinere Junge hängte sich an den Wagen und der andere lief im Laden hin und her und blieb nur kurz stehen, um erfolglos und durchdringend um Süßigkeiten oder Eis zu flennen. Judy wirkte abgehetzt – dazu hatte sie immerhin drei gute Gründe –, doch ihre Laune hob sich sichtlich, als sie David und Katie, gefolgt von dem schwankenden Polizisten, durch die Hintertür hereinkommen sah.
    »David!« rief sie aus. Sie hatte ihn seit der Hochzeit nicht gesehen und begrüßte ihn mit einer flüchtigen, halbförmlichen Umarmung. »Katie sagte schon, du wolltest heute kommen.«
    Barney verkrümelte sich zur Sodapopmaschine und blieb in bequemer Hörweite. Ein paar alte Frauen machten Einkäufe, und Hercules stand wie immer hinter der Kasse neben der Tür.
    »Letzte Nacht hat es Aufregung gegeben«, sagte David ernst. Der Hund wollte ihm nicht aus dem Kopf, wie vieles andere. »Wirst du da draußen bleiben? Im Sommerhaus?«
    Die Kleine wurde unruhig, und Judy nahm sie hoch.
    »Ich weiß nicht recht. Die Kinder möchten natürlich gern bleiben. Sie haben ja keine Ahnung, was vorgefallen ist. Ich könnte sie zu Opa in die Stadt bringen – glaubt ihr denn, daß noch etwas passieren wird?« fragte sie ängstlich. »Butch hat man doch gefaßt, nicht?«
    »Er ist unten im Keller eingesperrt«, sagte Katie und mußte erst einmal erklären, wie die »Gesetzesmaschinerie«

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