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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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Hallimasch. „Die Erstklässler,
die jetzt kommen, sind gerade elf Jahre alt. Da hast du nichts zu suchen. Und
deine Freunde kommen jetzt ins zweite Jahr. Und große Vorkenntnisse scheinst du
nicht mitzubringen.“ Er betrachtete Rolo nachdenklich mit seinen kühlen blauen
Augen. „Aber versuchen kannst du es ja. Ist ja alles dran an dir.“
    „Jawohl“,
rief Krah. „Auf Rolo!“ Er hob seinen Becher, und die anderen taten es ihm
gleich. Hallimasch streckte seine Beine unter den Tisch und schwieg. Nur ein
tiefgründiges Lächeln umspielte sein bärtiges Gesicht. Hwarf tänzelte vorbei.
    „Hwarf“,
rief Onno und winkte ihm zu. Hwarf machte kehrt und näherte sich schwankend dem
Tisch.
    „Ah, ischt
das schön. Der junge Herr Blutgut in erlesener Runde. So soll das sein.“ Er
plumpste schwerfällig neben Krah auf die Bank. „Ischt aber auch besonders
köschtlich dieses Jahr, oder was?“ Er knallte seinen Becher mit so viel Schwung
auf den Tisch, dass der Wein nur so spritze. „Isch dachte mir gerade, Hwarf,
dachte isch, es wäre die rischtige Zeit für einen Plausch mit Meister Adalar.
Möschtest du nicht einfach gerade mit mir mit? Sagste mal guten Tag oder guten
Abend und vielleicht ...“ Der Rest des Satzes verlor sich in unverständlichem
Genuschel.
    „Ja, geh
direkt hin“, meinte Krah.
    „Darf ich,
Paps?“, fragte Rolo hastig. Sein Vater unterbrach sein Gespräch und schaute ihn
aus glasigen Augen überrascht an. „Sei aber zum Abendessen zurück“, lallte er
mit schwerer Zunge.
    Das ließ
Rolo sich nicht zweimal sagen. Er klatschte Krah ab und sprang auf. „Na dann
los“, sagte er entschlossen.
    „Na dann
losch“, wiederholte Hwarf und drückte sich mühevoll von der Bank hoch.
     
    „Na dann
los“, sagte Driftwood.
    Hätten die
Nachtalben von ihrem Aussichtspunkt auf dem Hügel den Hafen erblicken können, sie
hätten die Fackeln des Festes bemerkt. So jedoch hielten sie es für einen
gewöhnlichen, ruhigen Abend in Neunseen. Driftwood nahm Kotze auf und setzte ihn
sich auf den Kopf. Dann streckte er die Arme in die Luft. Socke streifte ihm
das schmutzige Cape über. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete das
Ergebnis.
    „Es ist
immer noch etwas zu lang, Drift. Du musst aufpassen, dass du nicht drüber
stolperst.“
    Kotze, der
den Kopf der verhüllten Gestalt darstellte, war unter der Kapuze kaum zu sehen.
    „Wird schon
gehen. Ich hoffe nur, dass unser kleiner Freund Kotze vorher Gassi war. Sonst
kann ich für nichts garantieren.“
    „Siehst du
was?“, fragte Socke.
    „Ich kann
gut zwischen den Knopflöchern durchschauen. Also, sobald ich in der Stadt bin,
untersuche ich die Bäume. Wenn alles gut läuft, gibt es dort unten auch noch Baumfernphone.
Dann sprechen wir und du kannst mir helfen, mich zu orientieren. Wenn ich
keinen Neunseener allein erwische, werde ich versuchen, mich unters Volk zu
mischen. In irgendeiner Taverne gibt es bestimmt eine lockere Zunge, die gerne
ein paar Gerüchte mit mir austauscht. Mit etwas Glück finde ich was raus über
das Buch. Sollte doch gelacht sein, wenn da unten keiner was weiß. So gerne,
wie die tratschen.“ Socke schaute betreten drein. „Bitte, Driftwood, pass gut
auf dich auf. Und auf Kotze.“
    „Ach, Socke,
ich würde dich nie allein zurücklassen.“
    Die beiden
umarmten sich vorsichtig, denn Driftwoods Cape war wirklich sehr schmutzig.
    „Wir sprechen
gleich.“ So stakste er zum Rand des Plateaus. Er musste sich erst daran
gewöhnen, Kotze auf seinem Kopf zu balancieren. Seine Körperhaltung wirkte ein
wenig steif, fand Socke. Wenn man genau hinsah, bemerkte man, dass die
Proportionen dieser vermummten Gestalt irgendwie durcheinandergeraten waren.
Zuviel Kopf, kaum Schultern. Aber Socke tröstete sich damit, dass er im Dunkeln
sehen konnte, die Wachen von Neunseen nicht.
    „Wird schon
schiefgehen“, sprach er sich selbst Mut zu. Driftwood begann den Abstieg. Er
schaute sich nicht um, und schon bald verlor Socke ihn zwischen den Bäumen aus
den Augen.
    Kotze hielt
still und Driftwood lief kerzengerade zwischen den Bäumen und Sträuchern den
Hang hinab. Mehrmals strauchelte er, als er auf den Saum des Capes trat. Aber
er fiel nicht hin, war doch stets ein Ast greifbar.
    „So, Freund Kotze,
jetzt kommt es drauf an, was wir draus machen.“
    „Brrr“, erwiderte
Kotze entschlossen.
    „Ich glaube,
mein einäugiger Gefährte, du verstehst viel mehr, als man meint.“
    Der Abstieg
war nicht besonders steil, und sie kamen

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