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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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über alle Länder
zerstreuen. Bei Tagesanbruch ruhte der müde Autor. Es war kein angemessener
Schlafplatz. Dunkel zwar, aber schmutzig und feucht. Die Überreste von Schafen
und Ziegen ließen auf eine Trollhöhle schließen. Der nahe Wasserfall rauschte,
als würde er dafür bezahlt. Der findige Autor vermutete, dass sowohl alte
Höhlen als auch fließendes Wasser dazu beitragen würden, Menschen fernzuhalten.
Mit der Dämmerung verließ er seine unwürdige Behausung. Hier bemerkte er seinen
Irrtum. Menschen scheinen dem fließenden Wasser sehr zugetan. Nah beim See, am
Fuß des Wasserfalls, waren sie in Scharen zusammengekommen. Offensichtlich
hatten sie was zu feiern. Sie lieben das Getränk, das die Zwerge ihnen liefern.
Sie nennen es Bier und trinken es, bis sie nicht mehr wissen, wie sie heißen.
So konnte der neugierige Autor das ekelhafte Treiben eine Weile unentdeckt
beobachten. Was er hier sah, darüber will er zum Wohle aller für immer den
Mantel des Schweigens hüllen.Bah! Der Autor verspürte Appetit und wollte
die Geschichte hier schnell zum Ende bringen: Laufen, laufen, laufen. Schlafen.
Hilfe, Überfall! Töten, töten, töten. Laufen, laufen. Pause machen, Pfeile
schnitzen. Menschen, Umweg, Menschen, Umweg, Menschen, Umweg. Oh, Diener des
Nachtbringers. Madenvolk. Eh’ bald hinüber, links liegen lassen. Hunger. Wald.
Essen. Pause. Laufen, Laufen, laufen. Ruine hier, Wald da. Noch mehr Stadt.
Halt!
    Hier musste
sich der ungeduldige Autor doch noch einen Moment Zeit nehmen. Gavelot, lange
die größte und prächtigste Stadt ihres Zeitalters, wird bald übertrumpft sein.
Ich sah es mit meinen eigenen Augen. Die Menschen bauen eine Stadt, die an
Protz und Prunk alles in den Schatten stellt. Das heißt, eigentlich lassen sie
bauen. Ich sah Halblinge in Ketten, die bis auf die Knochen abgemagert
schufteten. Ich sah gewaltige Trolle, die unter den Peitschenhieben ihrer
menschlichen Peiniger zusammenbrachen.Ach, glücklich die Elben, die
einfach vergehen dürfen. Die Menschen pressen diese Stadt aus den
ausgemergelten Körpern ihrer Sklaven. Die Steine werden von Blut
zusammengehalten. Ihr Name sollte Tod lauten. Diese Stadt, wenn fertig, wird
mehr Menschen Unterschlupf bieten, als der Himmel Sterne hat. Viele Nachttöpfe,
die da aus dem Fenster entleert werden. Ich setz’ da keinen Fuß rein. Ekelhaft.
Ich schweife ab. Es ist mir ein Rätsel, wie so viele Mäuler gestopft werden
sollen. Kein schlauer Bauer würde so viele Schweine in so einen kleinen Pferch
sperren.Die würden nämlich anfangen, sich gegenseitig Ohren und
Schwänze anzuknabbern. Aber was interessieren mich die Ohren und Schwänze der
Menschen. Sollen sie sich doch abkauen, was sie wollen!Schlecht
gelaufen ist es wirklich für die Zwerge. Wühlen seit Jahr und Tag im Boden, und
das nur einen guten Steinwurf entfernt von der Stadt, die ich Tod nenne. An
gute Nachbarschaft glaubt da nur jemand, der Enten als Hut trägt. Noch läuft es
ganz gut zwischen Zwerg und Mensch. Weil die Zwerge bereitwillig mit den
Menschen Handel treiben. Kohle, Erze und nicht zuletzt Bier. Aber ich
prophezeie, das ist nur eine Frage der Zeit. Die Zwerge kommen auch noch dran,
und dann ist der Bart ab! An jenem Tag aber sollte der Bart erstmal nur
gestutzt werden, und das durch die geschickten Pfoten des geschmackvollen
Autors. Wäre die Erde wirklich eine Scheibe – was für eine lächerliche
Vorstellung aber auch – die Zwerge wären längst unten aus ihr herausgeplumpst.So tief haben sie hier gegraben. Der Aufenthalt bei den Zwergen war ein
Vergnügen. Und so kommt der gerührte Autor bald zum Schluss seiner
Aufzeichnungen. Eines möchte er jedoch dem geneigten Leser noch mit auf den Weg
geben: Wenn alle Stricke reißen, und du nicht mehr weißt, wohin - ich würde
mich bei den Zwergen umsehen. Und so schließen wir mit einem kleinen Vers:
     
    Wo Hammer
hallt
    Im
Erdenreich
    Die Zeit
steht still.
    Und weil’s
jetzt ist
    Und man
vergisst
    Noch Rat ich
geben will.
    Steig doch
die tausend Stufen runter
    Denn unter
Tage weiß Bescheid.
    Und Zwerge,
die sind sehr verschwiegen
    Bis heute
ist das so geblieben.
    Drauf würd’
ich wetten
    Jederzeit
    Und damit
gute Nacht.
     
    Das ist
es!“, verkündete Driftwood.
    „Das macht
Sinn. Die Zwerge hatten mit Magusch nichts am Hut. Es ist vorstellbar, dass
ihnen die Veränderungen nichts getan haben“, schlussfolgerte Socke.
    „Und deine
Wanderung“, ergänzte Rolo. „Du erwähnst so viele Orte und Städte. Mit

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