Der Sommer des glücklichen Narren
tät.«
»Da hat Ihre Freundin ganz recht. Ich denke, unter diesen Umständen sollte der Toni nach Hause fahren.«
»Das ham wir uns denkt.«
Eine Frau ist eben eine Frau, auch wenn sie so ein verdrehtes Schwabinger Hosenmädchen ist. Sie hatte das Richtige empfunden und ihren jungen Mann losgeschickt, den Toni zu holen.
»Wissen Sie was«, sagte ich. »Ich fahre mit Ihnen rüber zum Gstattner-Hof. Da kann ich Ihnen gleich den Weg zeigen.«
»Kann ich auch mitfahren?« fragte Lix eifrig.
»So viel Leut' gehn net 'nein in mein' Wagen«, belehrte sie der Jüngling.
»Du kannst ja mit dem Rad hinüberkommen«, schlug ich ihr vor. »Bis wir den Umweg über Ober-Bolching gemacht haben, bist du auch da.«
Wir trafen den Toni bei einem Bier in der Küche.
»Ja, wo kommst du denn her, du Hosenscheißer?« begrüßte er seinen jungen Freund. »Hat dich die Deine 'nausgeschmissen?«
Aber als er dann erfahren hatte, was los war, geriet der wurschtige Toni ganz aus der Fassung. Er wurde ganz blaß und war so außer sich, als habe man ihm den Tod seiner verlassenen Braut gemeldet.
»Mei, o mei«, jammerte er, »so was aa. Einmal wenn man den Rücken dreht. Gleich passiert was. Ja, wie ist denn das bloß gekommen? Was muß denn so umeinander rennen? Weil s' auch nie langsam gehen kann. Kruzifix, was mach' ich da bloß? Die arme Nanni. Jetzt so was aa.« Und so ging es weiter. Die Mali hatte ganz entsetzte Augen bekommen und machte besorgt »pscht! pscht!«, als der Andres vergnügt in die Küche gerumpelt kam.
»Da wirst du wohl hineinfahren müssen«, sagte ich, als der Toni endlich eine Verschnaufpause einlegte.
»Freilich, freilich. Da muß ich nach dem Rechten sehen. Die arme Nanni. Mei, das tut mir leid.«
Lix und Mali halfen ihm beim Packen. Mir brachte er große Stapel von Notizen. »Hier. Mußt halt selber sehen, wie du damit zurechtkommst. Wannst net weiterweißt, mußt halt hineinkommen zu mir.«
»Kommen S' denn net wieder, Herr Toni?« fragte die Mali ganz betrübt.
Er schaute sie mit düsterer Miene an. »Verehrte Gnädigste, ich fürchte, nein. Ich werde jetzt gebraucht. Wenn einer in Not ist, muß man ihm beistehen.«
»Freili, freili. Ich hab' nur denkt, wenn die Dame wieder gesund ist, nachher vielleicht.«
Toni schlug die Augen zur Decke und seufzte tief. Dann sprach er mit Grabesstimme: »Wann wird das sein, Verehrteste, wann?«
»Nun mach's nur nicht so dramatisch«, sagte ich. »Ein Armbruch ist keine so große Sache, wenn alles gut verheilt.«
» Wenn!« rief er beschwörend. » Wenn alles gut verheilt.«
»Vielleicht«, schlug ich vor, »kommst du anschließend mit deiner Nanni heraus. Zur Erholung. Und vielleicht«, fügte ich scheinheilig hinzu, »bist du dann schon verheiratet. Man muß ja die Hochzeitsreise nicht immer nach Venedig machen. Hier wär's auch ganz schön für die Flitterwochen.«
Die Mali sperrte sprachlos den Mund auf, doch der Toni, anstatt mir kräftig herauszugeben, nickte zu meinen Erstaunen zustimmend mit dem Kopf. »Das ist keine schlechte Idee, lieber Freund. Wär' gar net übel.«
Der Bärtige und ich tauschten einen Blick und grienten. Die Mali fragte aufgeregt: »Ja, ist denn die Dame … ich meine …«
»Meine Braut«, sprach der Toni würdevoll. »Wir hatten vor, in nächster Zeit zu heiraten.«
»Ja, so was aa«, erklang es nun von der Mali. »Davon ham S' mir gar nix erzählt.«
»Er ist ein bißchen schüchtern«, sagte ich. »Wie sich das für einen jungen Bräutigam gehört.«
»Des freut mi aber«, sagte die Mali herzlich. »I sag' immer, ein Mann muß heiraten. So alloa, des is nix. Mei, a Mo alloa, des is was Trauriges. Gell, Andres, des sag' i immer.«
»Hm«, machte der Andres und besah sich den Hochzeiter mit skeptischen Blicken.
Kurz darauf fuhren der Toni und der Bärtige ab. Ich, nachdem ich der Mali noch einige Auskünfte hatte geben müssen, was ich im Hinblick auf die Braut sehr schonend tat, wanderte zu Fuß zum Waldhaus zurück. Wozu so ein Armbruch alles gut war! Er verhalf der Nanni Obermeier nun doch zu einem späten Glück. Wenn es für sie ein Glück sein würde, den Toni zu heiraten. Woran man zweifeln konnte.
Die böse Saat des Mißtrauens
Sehr still war es auf einmal. Wenn Lix nicht dagewesen wäre, hätte ich meinen können, die turbulenten Wochen, die hinter mir lagen, seien nur ein Traum gewesen. Steffi war nun schon sechs Tage fort. Sie hätte wenigstens mal eine Karte schreiben können. Aber vielleicht kam sie
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