Der Sommer des glücklichen Narren
schon pfiff, sagte ich auf einmal: »Übrigens, Steffi, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich mit Eberhard nicht wieder versöhnen würden.«
Sie gab keine Antwort, sah mich nur an, sehr ernst, und nur ganz allmählich, da fuhr der Zug schon an, stahl sich ein Lächeln in ihre Augen. Wurde darin angezündet wie ein kleines Licht. Ein kleines Hoffnungslicht.
Und so ging ich nach Hause. Vor meinen Augen das Mädchengesicht, mit dem kleinen zaghaften Lächeln in den Augen.
Rendezvous mit einer wohlfrisierten Dame
Den Montag brachte ich einigermaßen mit Anstand hinter mich. Ich hatte ja über das Erlebte nachzudenken, und dann arbeitete ich sogar etwas.
Am Dienstagmorgen dachte ich: Heute ist noch zu früh. Aber im Laufe des Tages wurde ich immer kribbeliger. Vielleicht war diese Steffi mit den blauen Augen ganz froh, wenn jemand kam, der sich nach ihrem Ergehen erkundigte. Gleichzeitig dachte ich aber auch: Du bist ein Esel, mein Lieber. Höchstwahrscheinlich hat sie sich wieder mit ihrem Eberhard versöhnt, gute Partie, großes Auto und dann die Schadenfreude der Kolleginnen, wenn nichts daraus wurde, und sie ist gar nicht begeistert, dich zu sehen, und will möglichst nicht an das vergangene Wochenende erinnert werden. Denn hinterher ist es ja immer peinlich, wenn man jemand zu seinem Vertrauten gemacht hat, einen ganz Fremden noch dazu. Mit diesem Einerseits und Andrerseits beschäftigte ich mich den ganzen Dienstag über. Und dann, in allerletzter Minute, entschloß ich mich, in die Stadt hineinzufahren. Muni würde sich auf jeden Fall freuen, wenn ich kam. Und Lix konnte ich auch anrufen und für das nächste Wochenende einladen. Also nahm ich mein Rad, entschuldigte mich bei Dorian, und wir gondelten zum Andres hinauf, wo ich den enttäuschten Dorian zurückließ, und kam gerade in Tanning noch zurecht, um den letzten Zug zu erwischen.
Muni war höchst überrascht, als ich auftauchte.
»Ist was passiert?« fragte sie erschrocken.
»Nö«, sagte ich, »warum soll etwas passiert sein? Ich muß auf die Redaktion, und ins Funkhaus wollte ich auch mal, und ich dachte, ich könnte das diese Woche erledigen.«
»So«, meinte Muni und betrachtete mich mißtrauisch.
Diesen Abend, hatte ich mir vorgenommen, würde ich nichts unternehmen, sondern am nächsten Tag bei Steffi im Büro anrufen. Da würde ich ja gleich an ihrer Stimme und an der Art, wie sie auf meinen Anruf reagierte, merken, was los war.
Für diesen Abend lud ich Muni ins Kino ein, wogegen sie nichts einzuwenden hatte, denn ins Kino ging sie für ihr Leben gern. Am nächsten Vormittag wandelte ich auch treu und brav zu der Redaktion der Tageszeitung, die schon manchmal kleine Beiträge von mir gebracht hatte. Sie taten so, als ob sie sich schrecklich freuten, mich zu sehen, und meinten, sie würden gern wieder einmal etwas von mir bringen. Ich ließ ihnen eine Kurzgeschichte und ein Feuilleton da, die ich kürzlich mal geschrieben hatte. Dann ging ich zum Weißwurstessen in den Franziskaner, trieb mich anschließend ein bißchen in der Stadt herum, und dann zog ich mich in eine Telefonzelle zurück:
Zuerst Lix. Sie war schließlich meine Tochter. Eine helle, resolut klingende Frauenstimme meldete sich: »Hier bei Generaldirektor Killinger.«
Generaldirektor! – Hörte sich doll an.
»Schmitt«, sagte ich kurz, »ich wollte gern Lix sprechen, ich meine Angelika.« Und damit die Unbekannte am anderen Ende des Drahtes – sicher war es diese Hausdame, Frau Boll – auch genau wußte, mit wem sie es zu tun hatte, fügte ich hinzu: »Meine Tochter.«
»Ach, Herr Schmitt«, kam es darauf sehr liebenswürdig an mein Ohr gesäuselt. »Einen kleinen Moment, bitte. Lix ist im Garten.« Die nächste Stimme, die an mein Ohr drang, gehörte nicht Lix, sondern Rosalind.
»Dodo, Liebling«, rief sie lebhaft, »bist du in der Stadt?«
»Ja. Tag, Rosalind.«
»Tag, mein Schatz, wie geht es dir denn?«
»Danke, bestens«, sagte ich und versuchte meiner Stimme einen fröhlichen Klang zu geben. »Und dir? Du bist schon aus Paris zurück?«
»Ja. Mehr Zeit hatte Conny leider nicht. Du weißt ja, wie das ist mit den Herren Managern. Zeit haben sie nie.«
»Hm. War's hübsch in Paris?«
»Wunderbar. Ziemlich heiß allerdings. Ich hab' mir ein paar süße Sachen gekauft. Aber teuer ist dort alles. Entsetzlich.«
»Hm.«
»Kommst du raus zu uns, zum Kaffeetrinken?«
»Nein, danke. Ich habe keine Zeit.«
»Wieso?« Das klang aggressiv. »Wieso hast
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