Der Sommer des glücklichen Narren
widerstehen, und gegen ihn ist Eberhard ein Klecks.«
»Eberhard sieht sehr gut aus«, sagte sie verträumt.
Ich schwieg beleidigt. Na schön, sollte sie wieder zu dem Kerl hinkriechen, der kleine Hunde mit einem Fußtritt durch die Luft beförderte. Sie würde schon sehen, was sie sich da einhandelte.
Nach längerer Pause sagte sie: »Also wenn es Ihnen recht ist, würde ich dann mit dem Abendzug fahren. Für den anderen ist es ja sowieso zu spät.«
»Fein«, freute ich mich.
»Und daß Sie mir das Fahrgeld pumpen müssen, das wissen Sie ja.«
»Das werde ich gerade noch zusammenkratzen können. Also das wäre geklärt. Jetzt bleibt noch die Frage des Mittagessens zu erörtern.«
»Soll ich was kochen?« fragte sie eifrig.
»Ist leider nichts da. Aber wir können nach Ober-Bolching ins Wirtshaus gehen. Da ißt man ganz ordentlich.«
»Hätten Sie das auch gemacht, wenn Sie allein wären?«
»Nö. Dann würde ich mir ein paar Rühreier machen. Oder eine Dose aufmachen.«
»Das mache ich. Gleich mal sehen, was da ist.«
Sie sauste ins Haus hinein, und nach einer Weile hörte ich sie drinnen herumklappern. Eine halbe Stunde später gab es Mittagessen. Rühreier mit Schinken, Bratkartoffeln und gemischtes Gemüse. Sehr schön. Nichts daran auszusetzen. Nur Dorian schaute etwas enttäuscht drein. Aber für ihn hatte ich glücklicherweise noch ein paar Kalbsknochen aufbewahrt.
Der Nachmittag verging ähnlich wie der Vormittag. Ich erzählte ein bißchen von Rosalind und von Lix und wie wir hier so gelebt hatten in den vergangenen Jahren. Und wie dann alles gekommen war.
»Sie sehen«, sagte ich als Abschluß, »Rosalind macht genau das, was Sie jetzt nicht mehr machen wollen: eine gute Partie.«
»Ich wollte ja eigentlich auch«, meinte sie nachdenklich, »ich habe mir das sehr angenehm vorgestellt. Aber es geht eben nicht. Das Dumme ist bloß, daß ich nun auch noch eine andere Stellung suchen muß.«
Ich nickte. Das sah ich ein. Wenn sie wirklich entschlossen war, mit diesem Eberhard Schluß zu machen, dann würde ihr wohl nichts anderes übrigbleiben. Das ist der Nachteil, wenn eine Frau ein Verhältnis mit ihrem Chef hat. Sollte sie sich immer gut überlegen.
Nach dem Kaffeetrinken brachen wir auf, um rechtzeitig nach Tanning zu kommen.
Ehe wir die Lichtung verließen, drehte sie sich noch einmal um. Ich sah etwas wie Bedauern in ihren Augen.
»Eine Oase des Friedens«, meinte sie, »so würden Sie vielleicht schreiben, nicht? Es hat mir gut gefallen bei Ihnen. Und ich danke Ihnen.«
»Sie haben mir nichts zu danken«, sagte ich. »Aber wenn es Ihnen gefallen hat, kommen Sie doch einmal wieder.«
Wir schlenderten langsam durch den Wald, sie hatte den Kopf gesenkt.
Nach einer Weile sagte sie: »Soll ich wirklich?«
»Ja. Und ich muß doch auch wissen, wie das alles weitergeht.«
»Neugierig sind Sie auch. Na ja, ich bin selber gespannt. Ach, ich wünschte, ich wäre eine Woche älter.«
»Ich bin noch in anderer Beziehung neugierig«, sagte ich.
»In welcher?«
»Ich wüßte gern, wie Sie heißen. Wenigstens den Vornamen.«
»Ach so«, sie schien ehrlich erstaunt zu sein, »habe ich Ihnen das noch nicht gesagt? Ich heiße Steffi. Also eigentlich richtig Stefanie. Stefanie Bergmann.«
»Stefanie«, wiederholte ich. »Steffi. – Danke.«
Wir lächelten uns ein wenig verlegen an und marschierten weiter. Als wir auf der Bahnstation von Tanning standen, mitten zwischen allerhand Ausflüglern, und der Zug schon zu sehen war, sagte ich plötzlich: »Hören Sie, Steffi, ich könnte mich ja eigentlich im Laufe der Woche mal danach erkundigen, wie das alles ausgegangen ist. Ich muß sowieso nach München hinein, Dienstag oder Mittwoch.«
»Sie müssen nach München hinein?«
»Ja, dringend. Kann ich Sie erreichen?«
»Doch«, sagte sie, und ihre blauen Augen strahlten mich an, »natürlich. Und ich würde mich freuen, wenn Sie sich mal melden.« Und dann sagte sie mir die Telefonnummer von ihrem Büro. Und dann auch gleich noch, weil sie vielleicht bis dahin schon hinausgeflogen sein könnte, die Adresse, wo sie wohnte.
Ich schrieb mir das alles in mein kleines Notizbuch, während der Zug an der Station Tanning vorfuhr und hielt. Dann gaben wir uns die Hand.
»Auf Wiedersehen, Steffi. Und Kopf hoch. Es wird schon nicht so schlimm werden.«
»Hoffentlich nicht. Und – vielen, vielen Dank für alles.«
Und dann, als sie im Zug war und am Fenster stand und der Stationsvorsteher von Tanning
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