Der Sommer des glücklichen Narren
versichern, aber es klang wohl etwas gezwungen, denn Rosalind lächelte ironisch.
»Es ist hübsch hier draußen«, wandte sich Rosalind jetzt an Steffi, »so … so erholsam, nicht?«
»Ja«, sagte Steffi, »ich bin immer sehr gern hier.«
»Ach? Sie waren schon öfter da?«
»Doch«, sagte Steffi in aller Ruhe, »ich bin jedes Wochenende hier.«
Das verschlug Rosalind für einen Augenblick die Sprache. Sie blickte mich an, und ich sah, daß ihre Nasenflügel bebten.
»So«, sagte sie dann und es klang ein wenig schwach. »Ja, gewiß. Schön ruhig. Und wenn das Wetter schön ist, auch recht nett.«
»Ach«, sagte Steffi lächelnd, »ich bin auch gern hier bei Regen. Heute morgen, als es regnete, war es wirklich wunderschön. Man ist dann so ganz für sich, wie auf einer kleinen Insel.« Sie sah mich an, sehr liebevoll, wie es mir vorkam, und fuhr fort: »Und letzten Sonntag, als das Gewitter war, weißt du noch? War doch auch ganz phantastisch.«
»Ja, gewiß«, sagte ich, »ganz phantastisch.«
Steffi hatte mich geduzt. Es war das erstemal. Und sie tat es zweifellos, um Rosalind zu ärgern. Vielleicht aber auch ein bißchen mir zuliebe. Justament und gerade.
»Da werde ich mal Kaffee kochen«, sagte ich.
»Laß nur, das mache ich schon«, sagte Steffi, erhob sich langsam, lächelte Rosalind noch mal an und wandelte mit ihren schönen langen Beinen ins Haus.
Rosalind sah ihr perplex nach. Ihre Nasenspitze kam mir ein wenig weiß vor. Es zeigte immer an, daß sie sich ärgerte.
»Na, weißt du«, sagte sie dann zu mir.
»Ja?« fragte ich unschuldig.
»Wirklich, Dodo, ich muß mich über dich wundern.«
»Aber warum denn, mein Schatz?«
»Wie lange geht das schon?«
»Was?«
»Na, das … das Verhältnis zu dieser Person.«
»Steffi ist keine Person«, erwiderte ich ruhig. »Nimm zur Kenntnis, daß ich sie sehr gern habe.«
»Tss!« Rosalind stieß einen Laut aus, der dem gereizten Zischen einer Schlange glich. Oder jedenfalls, wie ich mir das vorstellte. Ich hatte noch keinen näheren Umgang mit Schlangen gepflogen.
»Das ist ja die Höhe! Du hast sie gern. Du betrügst mich also.«
»Falls du es vergessen haben solltest«, sagte ich ruhig, »wir sind geschieden.«
»Ja«, fuhr Rosalind mich an, »seit zwei Wochen. Wenn diese … diese Person aber jedes Wochenende hier ist, mußt du sie ja schon länger kennen. Noch aus der Zeit, ehe wir geschieden waren.«
»Schon möglich«, sagte ich diplomatisch. »Aber du hattest da ja auch schon Beziehungen zu einem anderen Mann, nicht wahr?«
»Was hat das damit zu tun?« Logik war noch nie Rosalinds starke Seite gewesen.
»Lassen wir das«, sagte ich friedlich. »Schließlich bist du nicht gekommen, dich mit mir zu streiten. Und wie gesagt, dieses Thema ist ja nun zwischen uns nicht mehr akut.«
Rosalind schob die Brauen zusammen und betrachtete mich unter halbgesenkten Lidern. »Mir scheint, ich habe dich immer falsch eingeschätzt.«
»Das glaube ich nicht. Du bist eine so kluge Frau, du hast eigentlich immer sehr genau gewußt, wie du mit mir dran bist. Und darum konntest du auch nicht erwarten, daß ich den Rest meines Lebens in tiefer Einsamkeit verbringe. Vergiß bitte nicht, du hast mich verlassen, nicht ich dich. Aber wie auch immer, du konntest nicht erwarten, daß es außer dir keine Frau mehr auf der Welt für mich gäbe.«
Rosalind blickte an mir vorbei, hinauf in die Baumwipfel. Irritiert sah sie aus und fast traurig. Möglicherweise hatte sie das wirklich gedacht. Na ja, um ehrlich zu sein, ich hatte es ja selber viele Jahre lang geglaubt. Noch bis vor wenigen Tagen.
Lix und Dolly kamen wieder herangesaust.
»Mensch, Paps!« rief Lix, »du hast aber Petersilie hinter dem Haus. So viel kannst du ja gar nicht verbrauchen. Können wir da nicht was mitnehmen?«
»Sicher«, sagte ich. Es würde mir eine Ehre sein, den Haushalt des Herrn Generaldirektors zu versorgen.
Lix warf ihrer Mutter einen Blick zu, sah deren verdunkelte Miene, und als Rosalinds kluge Tochter wußte sie auch sofort den Grund. »Wer ist denn die Frau?« fragte sie neugierig.
»Die Dame heißt Fräulein Bergmann«, erwiderte ich zurechtweisend.
»Ist das deine neue Freundin?«
»Lix!« rief Rosalind wütend.
Und ich scharf: »Lix, laß diese frechen Redensarten.«
»Na, wieso denn?« maulte Lix. »Man wird doch mal fragen dürfen. Interessiert mich doch.«
Dolly, Generaldirektors einzige, hatte gespannt von einem zum anderen geblickt und sagte nun
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