Der Sommer des glücklichen Narren
Brücke auf sie. Da konnte man nichts machen. Ich ritt allein, und ich gestehe ehrlich, mir fehlte etwas.
Nun ja, alles konnte der Mensch nicht haben. Jetzt hatte ich Steffi, und das bedeutete mir mehr.
Im Laufe des Tages trübte es sich ein, und am nächsten Morgen regnete es. Steffi machte den Vorschlag, wir sollten in die Stadt fahren, und ich sollte die neue Wohnung ansehen. Das taten wir. Ich hatte Gelegenheit, festzustellen, daß Steffi eine sehr gute Autofahrerin war. Es schien, ich hatte da eine vielseitig begabte patente junge Frau erwischt. Was man manchmal doch für Glück im Leben hatte!
Ich sagte es, und Steffi lachte. »Wenn du es nur einsiehst.«
»Es ist mir direkt peinlich, aber ich kann überhaupt nicht Auto fahren. Ich nehme an, das ist für einen Mann eine Schande. Ich werde es lernen.«
»Bloß nicht. Du bist ein Dichter und brauchst solche Dinge nicht zu tun. Das mache ich. Du reitest auf deiner Isabel durch den Wald, das paßt viel besser zu dir.«
Die Wohnung von Tante Josefa war wirklich hübsch. Zwei Zimmer, davon das Wohnzimmer mit teilweise sehr wertvollen alten Möbeln eingerichtet. Sehr gemütlich war es hier. Und im Schlafzimmer stand ein breites französisches Bett.
»Tante Josefa war wirklich erstaunlich«, meinte ich. »Sie hat an alles gedacht.«
»Mit einem schönen großen Bett fängt die Kultur überhaupt erst an, sagte sie immer. Und ich glaube, sie hat dabei nicht nur ans Schlafen gedacht.«
»Zu schade, daß ich sie nicht mehr kennengelernt habe. Sie wird mir immer sympathischer.«
»Ja. Wirklich schade.«
Am nächsten Tag besuchten wir Muni. Steffi war ein wenig befangen, aber sehr liebenswürdig. Muni außerordentlich mißtrauisch und zurückhaltend. Sie mußte sich halt erst an den Gedanken gewöhnen, daß es wieder eine Frau in meinem Leben gab. Das brauchte Zeit, und glücklicherweise schien Steffi das einzusehen.
Abends bummelten wir ein wenig in Schwabing herum. Ich dachte, wir würden vielleicht Toni treffen, aber er war nirgends zu sehen. Ich hätte ihm gern gestanden, daß ich den Schwur gebrochen hatte.
Wir gingen in den ›Käfig‹ zum Tanzen, und ich konnte feststellen, daß Steffi zu allen übrigen Talenten eine ausgezeichnete Tänzerin war.
»Vielleicht würde es ein Spießer komisch finden, daß ich tanze«, sagte sie, »nachdem Tante Josefa erst so kurz tot ist. Aber ich weiß, daß sie selbst es richtig finden würde. Ich hasse dumme und ich hasse sentimentale Menschen, sagte sie einmal. Sei niemals verlogen, Stephanie. Und lebe das Leben in jeder Stunde richtig. Lache, wenn du glücklich bist. Und weine, wenn du traurig bist. Aber nur, wenn dein Gefühl es von dir verlangt und nicht eine dumme Konvention. Wie findest du das?«
»Durchaus richtig.«
»Sie sagte immer Stephanie zu mir.«
»Mir gefällt Steffi. Aber Stephanie ist auch hübsch.«
Wir tanzten, Wange an Wange, einen zärtlichen Slowfox.
»Was hast du noch für Vornamen?« fragte mich Steffi.
»Nichts Besonderes. Josef nach meinem einen Großvater, Florian nach meinem anderen und Adolf, das weißt du ja, nach meinem Taufpaten.«
»Adolf, Josef, Florian«, wiederholte Steffi.
Die Musik schwieg, dudelte einen kleinen Dreiklang zum Zeichen, daß der Tanz zu Ende war.
Als wir wieder am Tisch saßen, sagte Steffi: »Ich werde dich Florian nennen. Gefällt mir gut. Und paßt auch gut zu dir. Viel besser als Adolf. Ist es dir recht?«
»Nenne mich du, wie du willst, daß ich heiße. Den Namen nehm' ich von dir.«
»Walküre, erster Akt. Gehen wir auch mal in die Oper, Florian?«
»Von Herzen gern. Ich bin früher oft gegangen. Aber Rosalind machte sich nicht viel daraus. Und allein – na ja, da hat man meist nicht den Auftrieb.«
»Ich gehe gern in die Oper. Überhaupt gern ins Theater. Und auch gern zum Tanzen. Und noch eine Menge tue ich gern. Du wirst schon sehen.«
Ich nahm ihre Hand und küßte sie. »Ich sehe. Und ich freue mich. Du weißt gar nicht, Steffi, wie sehr ich mich über dich freue.«
Wir sahen uns eine Weile schweigend in die Augen und waren uns sehr nah und vertraut. Ich war vierzig Jahre alt. Nächsten Monat hatte ich Geburtstag. Aber es war alles ganz neu und ganz wunderbar, und ich geriet immer tiefer in das Neue und Wunderbare hinein. Eine neue Frau, eine neue Liebe, ein neues Leben.
»Gehen wir?« fragte ich und blickte auf Steffis Mund, der weich und sehnsüchtig war. Sie nickte.
Als wir im Auto saßen, küßte ich sie. Ich konnte nicht warten,
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