Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
Vom Netzwerk:
das?«
    Als wir hielten, kletterten zwei Männer aus dem Wagen. Den einen kannte ich nicht. Den anderen indessen doch. Es war Toni. Mir blieb die Sprache weg. Der Toni hatte Schwabing verlassen und sich aufs Land begeben. So etwas war überhaupt noch nie dagewesen.
    »Grüß di nachher«, sagte der Toni. »Ich dachte schon, du kommst überhaupt nicht mehr.«
    Dann musterte er Steffi, die auch ausgestiegen war, ohne sonderliche Begeisterung.
    »Du hast Besuch?« fragte er gedehnt.
    »Wie du siehst. Und wo kommst du mitten in der Nacht her?« Denn es war mittlerweile sieben Uhr geworden.
    »Ich denk', du hast keine Frau mehr.«
    »Jetzt habe ich wieder eine.«
    »Kein Verlaß auf euch junge Burschen«, knurrte er. »Erst schwören und dann a Madl da naus verziehen.«
    »Alsdann kann ich fahren«, mischte sich der junge Mann ein, den ich nicht kannte. Er war lang und furchtbar mager und trug einen dunklen Künstlerbart, der von einem Ohr zum anderen reichte. »Servus beieinand'.«
    »Wieso?« rief ich und blickte überrascht von einem zum anderen. »Heißt das, du willst hierbleiben?«
    Der Toni nickte. »Das will ich. Du hast gesagt, du bist allein heraußen. Da dacht' ich, ich könnt' bei dir bleiben.«
    »Bei mir?«
    Jetzt bequemte er sich, vor Steffi eine kleine Verbeugung zu machen.
    »Wir kennen uns ja eh, meine Gnädigste. Tut mir leid, wenn ich stör'. Er hat gesagt, er is allein.«
    Der junge Mann hatte inzwischen einen alten Pappkoffer und mehrere umfangreiche Kartons aus seinem Vehikel gezerrt und auf den feuchten Boden gestellt.
    »Also, ich fahr'. Grüß dich, Toni.«
    »Grüß di nachher«, sagte Toni. »Und daß d' mir ja die Schnauzen hältst. Hast mi?«
    »Klar. Ich weiß doch Bescheid.«
    Der Jüngling kletterte in seine Mühle, startete mit viel Lärm und verschwand in einer blaugrauen Benzinwolke.
    Es war kaum zu glauben: ich hatte einen Hausgast.
    Ich schloß die Tür auf und sagte: »Da, geh rein. Und dann erzähl, was los ist. Ham's dich rausgeschmissen? Hast deine Miete wieder nicht bezahlt?«
    Toni knurrte etwas vor sich hin, belud sich mit dem Koffer, trug ihn hinein, kehrte wieder um, holte einen Karton nach dem anderen und pflanzte sie ebenfalls mitten ins Zimmer. Dann placierte er sich in meinen schönsten Sessel, seufzte tief und fragte: »Hast an Schnaps?«
    Ich hatte. Dank Rosalind war ich bestens ausgestattet.
    Ich füllte drei Gläser, Toni nahm das seine zierlich zwischen zwei Finger, erhob sich etwas von seinem Stuhl, verbeugte sich vor Steffi und sagte: »Auf Ihr Wohl, meine Gnädigste«, kippte den Schnaps hinunter und hielt mir das Glas wieder hin. Ich goß nach.
    »Ich hoff, es stört Sie nicht, daß ich hier bin.«
    Steffi hob die Schultern. »Keineswegs.«
    »Na, ich weiß schon. Es stört Sie doch. Aber er hat gesagt, er wär' allein.«
    »Ja, das hab' ich schon gehört.« Steffi lächelte amüsiert. »Aber jetzt ist er eben nicht mehr allein. Ich hoffe, es stört Sie nicht, daß ich da bin.«
    Toni trank den zweiten Schnaps und musterte darauf Steffi eine Weile ziemlich unverblümt. »Naa, ich glaub' net. Obwohl ich derzeit auf die Weiber schlecht zu sprechen bin.« Dann stand er auf. »Verzeihung. Auf die Damen wollte ich sagen.«
    Steffi lachte. »Ich werde mir Mühe geben, Ihren Unwillen nicht zu erregen. Und wenn ich gar zu unerträglich für Sie werde, kann ich ja wegfahren.«
    »Derbleckt's mi?« fragte mich der Toni mißtrauisch.
    »Du bist nicht gerade sehr höflich«, sagte ich ein wenig ärgerlich. »Vielleicht rückst du mal damit heraus, was eigentlich los ist.«
    »Gib mir erst noch einen Schnaps.«
    Und dann erzählte er. Es war sehr komisch. Und Tonis Darstellung war so geartet, daß Steffi und ich Tränen lachten, was ihn sichtlich erboste.
    »Ihr lacht's«, grollte er. »Kein Mensch versteht mich. Ich bin nun mal a freier Mensch und will's bleiben. Ist denn des so schwer zu verstehen?«
    Um es kurz zu machen, der Toni besaß seit geraumer Zeit eine Freundin. Es sei eine mittelalterliche Witwe, wie er sich ausdrückte, bei der er ein Zimmer gemietet hatte. »Soweit ist's noch ganz guat beieinand. Nix gegen zu sagen. Ganz a appetitliche Frau. Sonst hätt' ich das gar net erst angefangen.«
    An sich hatten ihn die Frauen schon seit langem nicht mehr sonderlich interessiert. Aber die Witwe hatte ihn nach und nach mit Beschlag belegt. Miete brauchte er auch nicht mehr zu bezahlen. Sie wollte einen Mann, den sie besorgen und betun konnte, für den sie kochen, nähen

Weitere Kostenlose Bücher