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Der Sommer des Kometen

Der Sommer des Kometen

Titel: Der Sommer des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Schlaf zärtlich den leeren Krug umfasst hielten.
    «Nehmt es ihm nicht übel. Das Bier hat ihn zwar lustig gemacht, aber tatsächlich hat er dicken Kummer. Wegen Elsbeth.»
    «Elsbeth? Herrmanns’ Köchin? Ist sie tot?»
    Jakobsen schüttelte den Kopf.
    «Ganz im Gegenteil. Vandenfelde, ihr erinnert euch gewiss an den schwatzhaften Knochenhauer vom Schlachthaus an der Heiliggeistbrücke, hat erzählt, dass sie eine Liebschaft mit einem Zuckerbäcker hat. Ob’s stimmt oder nicht, nun hat ihn der Jammer gepackt. Dabei hätte er sich sicher auch in diesem Jahr höchstens getraut, ihre guten Suppen zu loben, der alte Feigling.»
    Rosina seufzte. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass Titus in der energischen Elsbeth mehr sah als eine prächtige Köchin. Aber sie verstand seinen Kummer gut. Ein fahrender Komödiant, dazu noch ein Hanswurst, und die Köchin von einem der ersten Häuser der Stadt. Es gab kaum eine vergeblichere Liebe.
    «Und wie sollen wir ihn nun nach Altona bekommen?», fragte Sebastian.
    «Gar nicht», Jakobsen grinste immer noch, «die Wachen am Tor stecken ihn, bierselig wie er ist, nur gleich ins Loch. Macht euch keine Sorgen, er bleibt am besten hier. Hilf mir, ihn in die Kammer zu schleppen. Morgen früh ist er wieder der Alte, dann kann er zu euch nach Altona laufen. Du kannst auch mit anfassen, Servatius, danach kriegst du das Bier, das unser schlafender Freund dir vorhin spendiert hat. Wofür eigentlich?»
    Das wusste der Knopfmacher auch nicht, und weil er die Verballhornung des Namens von Klappmeyer, einem seiner vornehmsten Kunden, immer noch übelnahm, rutschten ihm auf der engen Treppe hinter dem Schankraum Titus’ Füße immer wieder aus den Händen und knallten auf die ausgetretenen Eichenstufen.
    Nachdem Rosina und Sebastian sich an einer ordentlichen Portion Ochsenzunge, in rotem Wein zart gedünstet mit Sardellen, Kapern und Nelken, satt gegessen hatten, machten sie sich auf den Heimweg. Nach Helena mussten sie nicht lange suchen, sie kam ihnen entgegen, als sie in den Alten Steinweg einbogen, um zum Großneumarkt zurückzukehren. Der Kometenbeschwörer hatte zwar immer noch nicht seine neueste Vision preisgegeben, aber sie wusste eine andere Neuigkeit. Sie hatte Claes Herrmanns gesehen, er habe ein grämliches Gesicht gemacht, aber ganz gewiss wegen der Hitze, er sei eilig über den Markt gegangen und habe nicht links und nicht rechts und auch nicht nach dem Mann auf dem Podest gesehen. Gerade als sie zu ihm laufen und ihn begrüßen wollte, war er stehen geblieben, um mit einem Mann zu sprechen, der am Rande des Platzes in einem leichten Einspänner saß und wie alle den Kometenbeschwörer beobachtete.
    Der Mann, da sei sie ganz sicher, sie habe ihn schon vorher erkannt, war der grämliche Mensch mit den dicken Silberknöpfen auf der Weste, der sie in dem Haus des Dichters in der Gröninger Straße empfangen und gleich wieder hinauskomplimentiert habe.
    «Gut», sagte Rosina, «sehr gut. Morgen besuchen wir Monsieur Herrmanns. Und Madame Augusta.»
    «Und», ergänzte Sebastian, «Madame Anne.»
    Freitag, den 13. Junius,
zur späten Mittagszeit
    Die Herrmanns’sche Kutsche rumpelte in einer gelben Staubwolke, die das glänzende Fell der vier Füchse in mattes Braun verwandelt hatte, über die weite, Hamburger Berg genannte Ebene auf die Wälle zu. Eigentlich wurde Claes im Kontor erwartet, aber er hatte Brooks aufgetragen, ihn direkt nach Harvestehude zu kutschieren. Er sah zum Heiligengeistfeld hinüber, die Flügel der holländischen Mühle am Rande der Ebene standen seit Tagen unbeweglich. Claes blickte über das trockene Weidefeld und wünschte sich einen heftigen Wind herbei, kalt und frisch, wie er sonst im Juni oft von Norden her über das Meer und den Fluss heraufkam und mit den Ausdünstungen der übervölkerten Stadt auch die trüben Gedanken fortwehte. Er spürte, wie sich die Unruhe seiner Gedanken auf seinen Körper übertrug. Seine Finger trommelten auf die Sitzbank, er sehnte sich voller Ungeduld danach, diesen engen schwarzen Kasten zu verlassen und mit langen Schritten unter den Bäumen seines Gartens zur Alster hinunterzulaufen. Er brauchte Bewegung. Und Anne würde ihm helfen, Klarheit in seine Verwirrung zu bringen.
    Aber dann merkte er, dass ihm bei der Vorstellung, ausgerechnet mit Anne von dieser alten, tragischen Liebe zu sprechen, immer unbehaglicher wurde. Ganz sicher wollte er ihr von Gunda erzählen. Ganz sicher und bald. Aber nicht jetzt.
    Als die

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