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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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habe gesagt, ich könnte Hilfe holen. Dann wäre das hier nicht passiert.«
    Bill McQuire versuchte sich im Bett aufzurichten, musste aber aufgeben.
    »Hol dich der Teufel, Farrelli. Verschwinde und mach die Tür hinter dir zu.«
    Frank wollte gehen. Er hatte hier nichts weiter auszurichten.
    »Eigentlich wollte ich Steve besuchen«, sagte er.
    »Dann kannst du mir wenigstens einen Gefallen tun, nach all dem Mist, den du in Gang gebracht hast. Kannst du sie bitten, diese Platte nicht mehr zu spielen. Es ist nicht auszuhalten.«
    »Gönnst du Martin nicht die Freude, für seinen Sohn ein bisschen Musik zu spielen?«
    »Ein bisschen? Es ist nicht auszuhalten. Kann er die Platte nicht ab und zu mal umdrehen?«
    »Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen, Bill.«
    Frank ging weiter zu Steves Zimmer und schob die Tür vorsichtig auf. Martin saß auf seinem Stuhl und schlief. Blue Skies schnurrte auf der letzten Strophe. Der Song wirkte hier fehl am Platz. In diesem Zimmer stand alles still. Alles hatte aufgehört. Der Song sehnte sich nach anderen Orten, anderen Räumen. Und Steve war für das Evangelium des Schlagers nicht länger empfänglich. Vorsichtig hob Frank den Pickup hoch und drehte sich zum Bett um. Da liegt mein Kumpel, dachte er, der einzige Freund, den ich je gehabt habe. Frank war plötzlich ganz gerührt und dankbar. Was nützen Erinnerungen, wenn es niemanden gibt, mit dem man sie teilen kann? Dann verschwinden sie, sie verblassen und sind fort, wie Rauch. Martin wachte auf.

»Stehst du schon lange hier?«
    »Bin gerade gekommen, Martin. Ich wollte dich nicht wecken.«
    »Das nächste Mal weckst du mich.«
    »In Ordnung. Das nächste Mal werde ich dich wecken.«
    »Weinst du, Frank?«
    »Ich weine nicht.«
    Martin zeigte auf Steve.
    »Er sieht besser aus, nicht wahr?«
    »Nein. Er sieht nicht besser aus.«
    »Was sagst du?«
    »Ich sage, dass er schlimmer aussieht, Martin.«
    »Das weiß ich ja wohl besser! Schließlich bin ich es, der hier jeden Tag sitzt! Steve sieht besser aus!«
    »Du glaubst, er sähe besser aus, weil du jeden Tag hier sitzt!«
    »Ich weiß, was ich sehe, Frank. Steves Zustand hat sich seit gestern gebessert. Sein Blick. Siehst du nicht? Er weiß, dass wir hier sind.«
    »Du siehst genau das, was du sehen willst. Du träumst. Steve sieht schlimm aus.«
    »Hol dich der Teufel, Frank Farrelli.«
    »Guck ihn dir doch an, Martin! Er ist doppelt so dick geworden, seine Augen sind weg und sein Mund ist nur eine einzige trockene Blase.«
    »Ich sehe ihn ganz deutlich! Und er sieht besser aus.«
    »Wenn er so verdammt munter ist, dann kannst du ihn ja fragen, wie es ist, hier so zu liegen und angestarrt zu werden.«
    »Mach, dass du rauskommst, Frank.«
    »Oder den ganzen Tag B12 zu hören.«
    »Du hast gehört, was ich gesagt habe. Verschwinde und komm nicht wieder.«
    »Leg den Schalter um, Martin. Schalte Steve ab. Er hat genug gekriegt.«
    Martin ergriff seinen Stock und versuchte nach Frank zu schlagen.
    »Lass mich in Ruhe! Ich will dich hier nie wieder sehen!«
    »Möchtest du einen Rat hören, Martin? Versuch mal ausnahmsweise die B-Seite zu spielen. Vielleicht hilft das.«
    Frank warf die Tür hinter sich zu und war zu aufgebracht, um den Fahrstuhl zu nehmen, deshalb lief er stattdessen die Treppen hinunter, während er innerlich fluchte. Draußen am Auto stieß er auf den Sheriff. Das passte eigentlich ganz gut. Er schaffte es nicht mehr, es für sich zu behalten.
    »Das war kein Unfall«, sagte Frank.
    »Was meinst du damit?«
    »Die Mädchen wussten, wann der Zug kommt. Du kannst den ganzen Tag auf den Schienen herumspazieren, nur nicht um 02.45 Uhr.«
    »Oh Scheiße.«
    »Es war Selbstmord. Kein Unfall.«
    Der Sheriff schaute sich um und trat dann einen Schritt näher an Frank heran.
    »Darüber halten wir den Mund, Farrelli. Sonst kriegen wir hier noch eine ganze Bande von Idioten, die glauben, es ist toll, sich das Leben zu nehmen.«
    »Was ist mit dem Lokführer?«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Er möchte das sicher gern erfahren. Dass es nicht seine Schuld war. Dass die Mädchen …«
    »Denk nicht weiter darüber nach, Farrelli. Verstanden? Niemand ist schuld daran.«
    »Na gut. Wenn du es sagst. Niemand ist schuld.«
    Der Sheriff legte Frank eine Hand auf die Schulter.
    »Weißt du was, Farrelli? Manchmal wünschte ich mir, du würdest überhaupt nicht denken.«
    Als Frank nach Hause kam, lagen vier frisch gebügelte Hemden für ihn parat, drei blaue und ein

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