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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Garten und spielt Krocket mit sich selbst.«
    Putte wandte sich wieder Heidi zu, zeigte aber auf mich.
    »Willst du es wirklich riskieren, dich an diesem Faultier festzukletten?«
    »Vielleicht kommen wir ja nach.«
    »Vielleicht kommen wir ja nach. Scheiße, ich habe keine Lust, den Rest des Sommers hier herumzustehen und Streichhölzer zu zerbrechen.«
    Putte sprang wieder an Bord, und sie tuckerten endlich davon, Gott sei gepriesen, doch der Tag war so oder so im Eimer, zumindest fast. Ich war von Putte zurechtgestoßen worden. Viel tiefer konnte man kaum sinken. Warum sagte ich Dinge, die ich gar nicht sagen musste? Es gab doch niemanden, der mich dazu zwang. Ich sagte Dinge, um den Leuten zu gefallen, ich sagte Dinge, von denen ich glaubte, die Leute wollten sie hören, und dann erreichte ich genau das Gegenteil. Ich tat niemandem einen Gefallen. Würde es mit dem Schreiben auch so sein, dass ich das schrieb, von dem ich glaubte, die Leute wollten es lesen? Wenn ich das nächste Mal hierherkäme, würde ich dafür sorgen, dass es regnete. Dann konnten wir im Badeschuppen sitzen, unbeobachtet, ungeniert, in dem Maße, in dem ich zusammen mit Heidi in einem Badeschuppen ungeniert sitzen konnte, wenn es regnete. Andererseits war es wohl auch fraglich, ob Heidi sich hier unten auf dem Anleger aufhalten würde, wenn es in Strömen regnete, und dann war ich wieder genauso weit. Ich sagte es mir im Stillen: Ich bin wieder genauso weit. Ich trete auf der Stelle. Ich bin nicht in Gang gekommen. Wir gingen hoch zu Lisbeth, mit mehreren Metern Abstand voneinander gingen wir hinauf.
    »Kommen wir nach?«, fragte ich.
    »Das habe ich nur gesagt, um sie loszuwerden.«
    Das war ein Grund, etwas näher an sie heranzugehen.
    »Ist Lisbeth nicht frei?«
    »Du meinst leichtsinnig?«
    »Nein. Nur frei.«
    »Sie hat keinen festen Freund. Oder eine Beziehung. Wenn es das ist, was du meinst. Neugierig?«
    »Überhaupt nicht.«
    Heidi lachte.
    »Doch, das bist du.«
    Es dauerte eine Weile, bis ich wieder etwas sagte.
    »Woher kennst du Lisbeth?«
    Heidi hob einen Tannenzapfen auf und warf ihn auf mich. Es gefiel mir, dass sie mich mit Tannenzapfen bewarf. Sie hätte mich gern mit einer ganzen Kiefer treffen können.
    »Hast du nur noch Lisbeth im Kopf?«
    »Nein. Im Kopf? Überhaupt nicht. Ich frage doch nur.«
    »Wir sind Kindheitsfreundinnen.«
    »Übrigens war ich mal auf einem Geburtstag bei ihr. Vor langer Zeit. Vielleicht warst du ja auch dort?«
    »Vielleicht. Heute hat keiner mehr Lust, zu ihrer Geburtstagsfeier zu kommen.«
    »Wieso nicht?«
    »Würdest du kommen?«
    Lisbeth saß in der Hollywoodschaukel und schaukelte. Sie winkte uns zu sich. Die Katze war nirgends zu sehen. Wir gingen zu Lisbeth.
    »Erzähl mal von Iver«, sagte sie.
    »Was denn?«
    »Was denn? Das ist es doch gerade, was du erzählen sollst. Sonst hätte ich doch nicht gefragt, oder?«
    »Er läuft barfuß herum.«
    »Das können alle sehen. Denk dir was Besseres aus.«
    »Seine Mutter backt leckeres Brot.«
    »Jetzt wirst du aber verflucht langweilig, Christian. Erzähl von dem Saufkopf.«
    »Dem Vater?«
    »Gibt es da noch mehr Saufköpfe?«
    »Er bastelt die Blinker, mit denen Iver angelt.«
    »Haben die kein Geld, um sich fertige Blinker zu kaufen?«
    »Vielleicht sind ja die, die sein Vater bastelt, besser.«
    »Bestimmt. Das ist mir übrigens scheißegal. Erzähl von seinem Bruder.«
    »Soweit ich weiß, hat er keinen Bruder.«
    »Soweit du weißt? Dann eben der Halbbruder. Das Deutschenbalg. Der Idiot. Erzähl von ihm.«
    »Er hat auch keinen Halbbruder. Soweit ich es in Erfahrung bringen konnte.«
    »Aber wer rennt dann da unten rum und ballert wild in die Gegend?«
    »Soweit ich es habe erfahren können, töten sie ihre Hühner mit Genickschuss.«
    »Gut, Schnucki. Du machst dich. Und was ist mit dem Hund, der nicht bellen kann?«
    »Von dem habe ich nie etwas gehört.«
    »Na klar, weil er ja auch nicht bellen kann. Was hast du mit unserem Bübchen gemacht, Heidi? Ihn in die Sonne gelegt oder nur am Ohr geknabbert?«
    »Wie witzig. Hör auf, Lisbeth.«
    Es war an der Zeit, sich zurückzuziehen. Das tat ich. Ich zog mich still und leise zurück. Übrigens glaube ich nicht, dass sie überhaupt bemerkten, dass ich mich zurückzog. Ich fand mein Fahrrad hinter den Büschen. Am liebsten hätte ich die Augen zugemacht, den Lenker losgelassen und wäre geradewegs hinunter zum Anleger gerollt, ohne ein einziges Mal zu bremsen, dann hätte mich Iver Malt

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