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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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der Haut.
    »Jimmy und ich sind immer zu den Mühlen hochgegangen. Genau dort kann man gut Meeresbarsche fangen. Wenn man Glück hat.«
    »Ja. Glück. Glück muss man haben.«
    »Manchmal bleiben wir die ganze Nacht dort. Unterhalten uns. Wie Vater und Sohn sich unterhalten sollten. Verstehen Sie?«
    Erst jetzt bemerkte Frank, dass Mr Stout in der falschen Zeit sprach. Alles war in der falschen Zeit. Die Blumen wuchsen in den Boden und das Haar verwelkte in den Ecken. Lag das am Tod, dass die Uhren ihre Zeiger und alle ihre Zahlen verloren und zu einem weißen Brunnen wurden, in den man Trauer und Wahnsinn kippen konnte? Glücklicherweise sagte Mr Stout nichts mehr, bis er Frank zur Tür brachte, die hinausführte in die Welt, die immer noch geöffnet hatte. Er hatte ein neues Pflaster auf den Schnitt geklebt, es war hautfarben und kaum zu sehen.
    »Ich hoffe, Jimmy trägt seine Uniform«, sagte Mr Stout.
    Frank steckte den Zettel des Sheriffs, auf dem stand, dass alle Kosten, die in Verbindung mit der Lackierung des Autos des Übermittlers entstanden, von den Behörden gedeckt würden, in die Tasche, setzte sich in den Wagen und fuhr geradewegs zu Millers Auto. Steve kam ihm entgegen. Wie immer hatte er diesen schmierigen Putzwollendocht zur Hand, an dem er sich die Finger abwischte und so tat, als wäre er schwer beschäftigt. Frank gab ihm das Papier. Steve las es und schaute Frank an.
    »Herzlichen Glückwunsch, Herr Übermittler. Nicht schlecht.«
    »Danke.«
    »Und jetzt willst du einen schwarzen Chevrolet haben?«
    »Und dass alles überholt wird.«
    »Du denkst dir das nicht aus, Frank?«
    »Siehst du nicht die Unterschrift? Die ist vom Sheriff. Das Rathaus bezahlt.«
    »Haben die dort nichts anderes zu tun?«
    »Anderes als was?«
    »Autos zu lackieren.«
    »Wenn du wüsstest, Steve.«
    »Wenn ich was wüsste?«
    »Ich stehe unter Schweigepflicht.«
    »Nun gib mal nicht so an.«
    »Jimmy Stout, der Sohn vom Friseur, ist tot. Wenn du es denn absolut wissen willst. Ist geradewegs in den Fluss gefahren. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
    »Wie kommst du drauf, dass ich mehr hören wollte?«
    Frank war verärgert und bereute es, dass er überhaupt den Mund aufgemacht hatte.
    »Vielleicht willst du mal anfangen, ein bisschen zu arbeiten?«
    »Hast du jemals einen schwarzen Chevrolet gesehen, Frank?«
    »Nein. Aber morgen früh um acht Uhr will ich einen schwarzen Chevrolet sehen, Steve.«
    »Morgen früh? Unmöglich. Ich habe die Hände voll zu tun.«
    »Womit hast du die Hände voll? Mit deiner Putzwolle?«
    »Es gibt verdammt viel zu tun, auch wenn es nichts zu tun gibt.«
    »Was du nicht sagst. Du bist ja auch schon vollkommen erschöpft.«
    Steve lachte.
    »Hast du schon den von dem Mann gehört, der verdammtes Glück gehabt hat?«
    »Es ist lange her, dass ich von jemandem gehört habe, der verdammtes Glück gehabt hat.«
    »Er ist von einem Krankenwagen überfahren worden.«
    »Der war neu, Steve. Aber ich weiß nicht so recht, ob ich ihn auch verstehe.«
    »Du hast einfach keinen Humor, Frank.«
    Sie schoben den Chevrolet in die Werkstatt. Frank hätte Steve gern von Mr Stout erzählt, was es für ihn bedeutet hatte, auf dem Friseurstuhl zu sitzen. Aber er konnte nicht. Da war diese Schweigepflicht. Die war der einzige Haken. All das brannte in ihm.
    Am nächsten Morgen konnte Frank Farrelli mit einem glänzend schwarzen Chevrolet zum Rathaus fahren. Auf Steve Miller war Verlass, ein treuer Kumpel, der einsprang, wenn es wichtig war. Er verdiente eine Anerkennung. Andererseits, Frank war derjenige, der Steve einen Job besorgt hatte, und die wuchsen in diesen Zeiten nicht gerade auf den Bäumen. War es nicht eher Frank, der eine Anerkennung verdient hatte? Der Himmel stand klar und fest über Karmack. Es war noch kühl, aber im Laufe des Tages würde die Sonne wahrscheinlich die Straßen aufwärmen und Schatten auf weiten Flächen verbreiten, und Karmack, dieser gottverlassene Ort, würde zum Verwechseln einer Stadt ähneln, von der man sich vorstellen konnte, in ihr zu übernachten.
    Als Frank am Rathaus ankam, wurde er von Blenda Johnson empfangen, die ihn zu seinem Platz unten im Keller führte, ein enges Büro mit Schreibtisch, Leselampe, Regalen voller Protokolle, einem stummen Diener, einer Karte von Karmack und einem länglichen Fenster ganz oben an der Wand, durch das etwas Licht schräg auf den Boden fiel und sich dort wie eine Pfütze zurechtlegte. Blenda hatte frische Blumen in eine Vase gestellt

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