Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
und an einem Blütenstiel eine Karte befestigt: Herzlich willkommen, Frank! Wenn du etwas wissen willst, brauchst du mich nur zu fragen. Liebe Grüße Blenda. Frank wusste nicht so recht, was er machen sollte. Er musste es so nehmen, wie es kam. Was hätte er sonst tun können? Dagegen hatte Frank nichts einzuwenden. Er musste sich an den Gedanken gewöhnen, dass er jetzt eine Arbeit hatte, ein eigenes Büro, nicht sehr prunkvoll, aber es gehörte zumindest ihm. Hier konnte Frank die Tür schließen, und wenn jemand etwas von ihm wollte, dann musste er bitte schön zuerst anklopfen. Nach zehn Minuten klopfte es. Es war wieder Blenda. Sie hatte den schwarzen Anzug dabei. Frank probierte ihn augenblicklich an, während sie draußen wartete. Er fand, dass er gut saß, und war gespannt, was Blenda dazu sagen würde. Sie fand auch, dass er gut saß, auf jeden Fall. Und Franks Haare gefielen ihr auch. Sie gab ihm ein Schächtelchen mit Visitenkarten, frisch aus der Druckerei, mit Franks Namen darauf und der Telefonnummer im Rathaus. Unter seinem Namen stand ganz einfach Übermittler . Frank war einfach nur überwältigt.
    »Du wirst oben gewünscht«, sagte Blenda.
    Frank ging hinauf zur Kommission, sehr beunruhigt. Die gute Stimmung war wie weggeblasen. Hatten sie etwas an ihm auszusetzen? Eigentlich konnte er sich das nicht vorstellen. Eher das Gegenteil, fand Frank. Die drei Männer erwarteten ihn. Sie sahen finster und besorgt aus.
    »Mr Stout ist tot«, sagte der Sheriff.
    Frank war fast erleichtert.
    »Tot? Wieso das?«
    »Er hat sich das Leben genommen, Farrelli. Kurz nachdem du gegangen bist.«
    Frank war nicht länger erleichtert. Machten sie ihn dafür verantwortlich? Meinten sie, er hätte irgendetwas tun können, um zu verhindern, was nun eingetreten war? Seine Empörung wuchs.
    »Sie meinen ja wohl nicht …«
    Frank verstummte.
    »Was meinen wir ja wohl nicht?«
    »Dass ich etwas hätte tun können? Dass ich …«
    Der Arzt unterbrach ihn.
    »Selbstmörder sind verdammte Sturköpfe, Farrelli. Wenn die einmal den Entschluss gefasst haben, dann kann sie niemand daran hindern. Unter uns gesagt gibt es niemanden, der mich mehr irritiert als ein Selbstmörder.«
    Frank wurde dankbar, fast gerührt.
    »Wie hat er es gemacht? Mit dem Rasiermesser?«
    »Er hat sich aufgehängt. Am Lederriemen.«
    »Am Lederriemen? Ist das möglich?«
    »Das ist möglich. Glaub mir. Aber es muss ein hartes Stück Arbeit gewesen sein. Wie gesagt: Selbstmörder sind verdammte Sturköpfe.«
    »Wie hat Mrs Stout es aufgenommen?«
    »Sie weiß es noch nicht.«
    Der Sheriff stand auf und kam auf Frank zu.
    »Bist du bereit, ihr diese Nachricht zu überbringen?«
    Frank schaute aus dem Fenster. Der Nebel lag wie ein blauer Rand zwischen Stadt und Himmel. Einen besseren Anfang konnte er nicht erwarten.
    »Ja«, sagte er. »Ich bin bereit.«
    Als Frank die Treppen hinunterging, kam der Pfarrer ihm nach.
    Frank dachte, er wollte ihm vielleicht ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg geben, aber nein.
    »Denkst du an das Taschentuch?«, fragte er.
    Frank blieb stehen, irritiert über dieses unpassende Generve. Der Pfarrer zog diese goldene Stunde in den Dreck.
    »Tut mir leid. Gestern war so viel los, dass ich …«
    »Ja, ja. Das eilt ja nicht. Ich wollte es nur erwähnen. Na, dann viel Glück.«
    Frank beeilte sich hinaus zum Wagen und fuhr davon. Mrs Stout wohnte zwischen Fluss und Zentrum, in einem gepflegten quadratischen Haus in der River Right Lane. Er parkte vor der Pforte, ging durch den ebenso gepflegten Garten, klopfte an, und Mrs Stout öffnete sozusagen in der gleichen Sekunde, als hätte sie hinter der Tür gestanden und auf ihn gewartet. Sie sah ihn mit einem Blick an, wie Frank ihn noch nie gesehen hatte, anklagend und zerstört zugleich.
    »Ich dachte, das wäre mein Mann«, sagte sie.
    Frank streckte die Hand vor ohne sich um ihre Äußerung zu kümmern.
    »Mein Name ist Frank Farrelli.«
    »Ich erinnere mich, von gestern.«
    »Darf ich einen Moment hereinkommen?«
    »Was wollen Sie?«
    »Ich habe leider schlechte Nachrichten, Mrs Stout. Sehr schlechte Nachrichten.«
    »Ich weiß, dass Jimmy tot ist. Idiot.«
    Sie wollte die Tür wieder schließen. Frank trat einen Schritt weiter vor.
    »Es geht dieses Mal nicht um Ihren Sohn. Es geht um Ihren Mann.«
    »Meinen Mann?«
    »Ja, Mrs Stout. Um Ihren Mann.«
    Mrs Stout ließ ihn endlich herein und führte ihn ins Wohnzimmer, wo sich beide jeweils an eine Seite eines niedrigen

Weitere Kostenlose Bücher