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Der Sommer mit dem Erdbeermaedchen

Der Sommer mit dem Erdbeermaedchen

Titel: Der Sommer mit dem Erdbeermaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwigs
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war.
    Nach dem Frühstück fragte Lina ihn etwas, von dem er nur „Ritergo“ verstand. Er schloss daraus, dass sie Gitarre spielen wollte.
    Nick war einverstanden. Zumal der Wind zugenommen hatte und Regenwolken mitbrachte. Er fragte Marion, ob sie sich ihre Akustik-Gitarre ausleihen durften. Die war zwar ein uraltes Ding aus Massivholz und beinahe so schwer wie Paula, aber doch kleiner und einfacher zu handeln.
    Er trug sie in Linas Zimmer und erklärte ihr, dass es keinen Unterschied machte, ob sie auf einer A-Gitarre oder einer elektrischen übten und dass sie das Instrument erst mal behalten durfte.
    Sie spielten knapp vier Stunden, in denen er versuchte Lina, die keine Noten lesen konnte, einen einfachen Song für Anfänger beizubringen: Rock my soul in the bosom of Abraham.
    Und tatsächlich, ganz allmählich strich sie mit dem Plektron bei jedem Anschlag flüssiger über die Saiten. Nick ließ sie so lange üben, bis sie den Griffwechsel von C auf G7 ohne größere Pausen meisterte.
    „Von C – auf G7. Ja, genau so, Lina. Von C auf G.“
    Eine Haarsträhne fiel ihr weich ins Gesicht. Nick unterdrückte den Impuls, sie zurückzustreifen. Mit ihren grauen Augen und dem hellhäutigen, keltischen Gesicht sah Lina mehr als hübsch aus. Richtig … richtig schön. Nick spürte das vertraute Glühen in seinen Ohren.
    Er räusperte sich. „Und noch mal. Von C auf G7. Sehr gut, Lina.“
    Sie war mit Feuereifer bei der Sache. Dabei musste ihr der Handballen mittlerweile schmerzen, wie er respektvoll dachte. Doch sie beklagte sich nicht, hörte erst zu spielen auf, als Marion von unten rief, dass es Pizza gab.
    Während des Essens hallte es wie ein Echo durch Nicks Hirnsynapsen: von C auf G.
    C auf G.
    Von C.
    Auf G.
    Er spürte plötzlich, dass er einer Sache ganz nahe war, und es hatte etwas mit der Idioglossie, mit dem Linesisch zu tun. Es war wie mit einem Traum, aus dem man erwacht, an den man sich aber nicht mehr deutlich erinnern kann. Nun versuchte er die Sequenzen wieder zusammenzubekommen. Doch jedes Mal, wenn er gerade danach greifen wollte, entschwanden sie in allerletzter Sekunde.
    Nick wusste nur, dass es was mit springen zu tun hatte. Von C auf G.
    Nur noch anders.
    Ein ganz kleines bisschen anders …
    Nach dem Essen holte Marion das Scrabblespiel aus dem Schrank und forderte sie zu einer Runde heraus. Während ein Sommerregen auf die Markise niederging, saßen sie zu viert auf der Terrasse und lieferten sich auf dem Spielbrett regelrechte Wortgefechte. Sie spielten Team gegen Team: Marion und Thomas gegen Lina und Nick.
    Lina holte stillschweigend, aber mit einem gelegentlichen Lächeln, das ihre Züge weichzeichnete, Punkte um Punkte. Sie legte die Buchstabenreihen aneinander, ohne dass sie zu überlegen schien. Dank Lina gewann ihr Team am Ende haushoch. – Nick hingegen war eher der klassische Mitläufer. Es gelang im kaum, ein sinnvolles Wort zustande zu bringen. Auch, weil er abgelenkt war.
    Von C, dachte er immer wieder, auf G.
    Und plötzlich: von A auf …
    Der Regen ließ nach. Schließlich setzte sich die Augustsonne, die hinter den Wolken gelauert hatte, wieder durch. Dampf stieg von der Erde auf und verdunstete. Es wurde drückend.
    Marion stöhnte über die schwüle Luft. Sie und Thomas gingen ins Haus, wo sie sich eine Wissenschafts-Doku im Fernsehen anschauen wollten.
    Nick hörte nicht genau hin, worum es darin ging, dachte nur unentwegt das Gleiche: von C auf G. Von A auf …
    Er räumte mit Lina die Spielsteine zusammen, als ihm ein anderer Gedanke kam.
    Er legte das Spielbrett in die Schachtel zurück, behielt jedoch die Buchstabenklötzchen und legte ihren Namen: LINA. Auffordernd schaute er in ihre Richtung.
    Lina langte nach den Klötzchen und legte direkt darunter NICK.
    Nick atmete schneller.
    Er legte JA.
    Sie, nach einer längeren Pause, wiederum darunter EJ.
    Nick DU.
    Lina AD.
    Nick verschob erneut die Klötzchen:
    ICH, DU, ER, SIE, ES, WIR, IHR.
    CHO, AD, RI, OIS, SI, ORW, HRO lautete Linas Antwort.
    Er schrieb REGENWETTER.
    Sie TIRWITGINRI.
    Nick ZWILLINGSBRUDER.
    Lina DIRBRALONGSZWOL.
    Ja. – Es war die gleiche Anzahl an Buchstaben, das erkannte er nun deutlich und es unterstrich seine Überlegungen. Er hatte also richtig gelegen. Es waren sogar die gleichen Buchstaben, nur irgendwie … verdreht.
    Oder nein, korrigierte er sich, es sind nur beinahe die gleichen Buchstaben.
    Und wie bei einem Wackelbild, das sich veränderte, wenn man es bewegte, zeigte es sich nun

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