Der Sommerfaenger
sich abgeschwächt hatte, dann nahm er Kurs auf die Felder, auf denen, so weit der Blick reichte, Zuckerrüben wuchsen.
Das organisierte Verbrechen? Konnte das sein?
Der gleichmäßige Rhythmus des Laufens reichte nicht aus, um Bert den Druck zu nehmen, den er in der Brust spürte. Er setzte zu einem Sprint an. Erst als er seinen beschleunigten Herzschlag bis in den Hals spüren konnte, fiel er in das gewohnte Tempo zurück.
Schutzgelderpressung, Drogengeschäfte, Prostitution, Schmuggel, Waffenhandel, Geldwäsche, Kreditbetrug, Internetkriminalität , skandierte er im Takt seiner Schritte .
Das organisierte Verbrechen war überall. Es hatte sich längst bis in die kleinsten Dörfer ausgebreitet, und es machte vor keinem Berufszweig, keinem Menschentyp, vor nichts und niemandem halt.
Welche Rolle spielte Lukas Tadikken darin?
Die körperliche Anstrengung war eine Erlösung. Nach den ersten beiden Kilometern auf freiem Feld merkte Bert, wie er losließ, dann war er nur noch Bewegung, Rhythmus und Schweiß.
Eine gute Stunde später saß er, mit vom Duschen noch feuchten Haaren, auf der Terrasse und versuchte, ein paar Leute aus den entsprechenden Kommissariaten anzurufen, was nahezu ein Ding der Unmöglichkeit war. Jeder schien unterwegs zu sein und das Wochenende zu feiern.
Jeder außer ihm selbst.
Frustriert klappte er den verstellbaren Gartenstuhl nach hinten, verschränkte die Hände hinterm Kopf und schloss die Augen.
Obwohl das Gewitter nur kurz gewesen war, hatte es die Luft erfrischt und die Atmosphäre gereinigt. Bert war kurz davor einzunicken, als sein Handy klingelte.
Es war Isa, die von ihrem Freund versetzt worden war und ihn fragte, ob er Lust habe, mit ihr zu essen und dann ins Kino zu gehen. Bert erkundigte sich nicht einmal nach dem Film, den sie sehen wollte. Er kämmte sich die Haare, warf sich ein Sakko über und war schon unterwegs zu ihr.
*
Ich hatte mich vorsichtig umgeschaut, bevor ich aus dem Haus getreten war, und auch auf dem Weg zum Parkplatz hatte ich immer wieder Blicke über die Schulter geworfen. Das Gewitter war rasch vorbeigezogen, aber die Bäume und Sträucher hatten noch vor Nässe getrieft. Alles hatte sich mit Feuchtigkeit vollgesogen, sogar die Luft, in der wie feiner Dunst unsichtbare Regenschleier zu hängen schienen.
Am Straßenrand hatte nur der Lieferwagen geparkt, der das Abendessen brachte, und die Fahrzeuge auf dem Parkplatz hatte ich alle gekannt. Yasars verbeulten Uraltkombi, den quietschgrünen Polo von Schwester Marguerite, das Mofa einer der Küchenhilfen und den weißen Kastenwagen unseres Hauselektrikers, der nach der Ursache eines Stromausfalls am Morgen suchte.
Und Beckies roten Punto, der mich zu Luke bringen würde.
Der Regen hatte den grauen Schotter, mit dem der Parkplatz belegt war, schwarz verfärbt und mit einem feinen Glanz überzogen. Am Himmel hatte es noch leise gegrummelt. Die ersten zaghaften Vogelstimmen waren wieder zu hören gewesen.
Ich hatte die Autotür geöffnet und mich noch einmal gründlich umgesehen, bevor ich eingestiegen war und mich kurz mit dem Innenleben von Beckies Wagen vertraut gemacht hatte.
Dann hatte ich Gas gegeben.
Bis zur Autobahn war ich zügig gefahren und hatte die unsinnigsten Umwege eingebaut, um einen möglichen Verfolger im Gewirr der Straßen und Gassen abzuhängen. Auf der Autobahn hatte ich meine Fahrweise geändert und war eine Zeitlang wie eine Schnecke auf der rechten Spur vorangekrochen.
Mit zusammengekniffenen Augen hatte ich den Rückspiegel im Blick behalten und zufrieden beobachtet, dass mein Plan aufging und alle mich überholten. So hatte ich nach einer Weile relativ sicher sein können, dass mir niemand auf den Fersen war.
Aber ich konnte mich nicht entspannen.
Allmählich wurde der Verkehr nämlich dichter und geriet immer häufiger ins Stocken. Obwohl ich genug Zeit hatte, wurde ich nervös.
Meine Gedanken verselbstständigten sich, führten mich hierhin und dorthin und schließlich in einen anderen Sommer.
Damals hatte ich keinen Argwohn geschöpft, obwohl die Zeichen so deutlich gewesen waren.
Gorg.
Ich wäre ihm überallhin gefolgt.
Noch heute fiel es mir schwer zu glauben, dass er es gewesen war, der Caro getötet hatte. Und all die andern Mädchen. Noch immer wollte etwas in mir nicht wahrhaben, dass er damals im Wald vorgehabt hatte, auch mich umzubringen.
Die Dinge wiederholen sich nicht, sagte ich mir.
Es ist unmöglich.
Aber war ich nicht wieder auf dem Weg in
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