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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Duft eines aufdringlichen Aftershaves, das, wie Bert fand, nicht zu dem Mann passte, nicht zu diesem Ort und nicht zu dem toten Mädchen auf dem Boden.
    Während der Arzt die Leiche untersuchte, schaute Bert sich im Büro um.
    Man merkte, dass Wochenende war. Er hatte diesen Schreibtisch schon unter Stapeln von Papier verschwinden sehen, und nun war er leer bis auf ein beschriebenes Blatt, ein paar Stifte und das gerahmte Foto eines blühenden Lavendelfelds.
    Bert streifte die dünnen Einweghandschuhe über, die er immer in der Tasche hatte, und hob das Blatt auf.
    Es war ein ausgedruckter Arbeitsplan für diesen Samstag mit handschriftlichen Ergänzungen, Streichungen und einer kurzen Notiz darunter.
    Hi, Beckie, tausend Dank!!! Du hast was bei mir gut. Große Bitte: Sieh nach Frau Sternberg (dreimal unterstrichen) . Sie steht kurz vor dem Absturz. Du bist ein Schatz. Jette.
    Die Ahnung, die Bert beschlich, ließ eine Gänsehaut auf seinen Armen zurück.
    Er trat auf den Flur, winkte den Pfleger heran, der gerade zwei alten Damen erklärte, dass sie hier nichts zu suchen hatten, und hielt ihm den Arbeitsplan unter die Nase.
    »Können Sie mir erklären, was die Nachricht zu bedeuten hat?«
    Der Pfleger überflog die Notiz und nickte.
    »Normalerweise hätte Jette Weingärtner Dienst gehabt. Anscheinend musste sie plötzlich weg und hat Beckie gebeten, sie zu vertreten.«
    Er schaute sich um, als befürchtete er, belauscht zu werden.
    »Eigenmächtigkeit wird hier im Haus nicht gern gesehen, aber wenn Frau Stein nicht da ist, regeln wir solche Fälle schon mal unter uns.«
    Bert begriff sofort.
    »Eigentlich hätte demnach Jette an dem Schreibtisch da drinnen gesessen?«
    Er sah, wie es dem jungen Mann allmählich dämmerte. Wie sein Mund aufklappte und seine Augen sich weiteten. Wie sein Gesicht unter der Sommerbräune blass wurde.
    »Ja.«
    »Wann hat Jette das Haus verlassen?«
    »Keine Ahnung.«
    Der Pfleger sprach langsam und stockend.
    »Sie hat sich nicht bei mir abgemeldet. Beckie hat es mir mitgeteilt. Das war so zwischen vier und halb fünf.«
    Seitdem waren knappe drei Stunden vergangen.
    Jette konnte mittlerweile sonst wo sein.
    Bert dankte dem Pfleger und ging ins Büro zurück.
    Der Arzt war noch mit der Untersuchung der Toten beschäftigt. Klaus Röllner stand schweigend dabei.
    Bert wünschte, Tessa wäre hier. Sie betrachtete einen Tatort mit einer ganz eigenen Kreativität.
    Isa nannte das weibliche Intuition. Bert hatte noch nie von männlicher Intuition gehört, was seinen Gerechtigkeitssinn verletzte, aber er kannte tatsächlich nur wenige Männer, die von sich selbst behauptet hätten, Intuition zu besitzen, geschweige denn, sich darauf zu verlassen.
    Er hätte sich gern mit Tessa hier umgesehen und später seine eigenen Beobachtungen mit ihren verglichen. Doch sie hatte ihr Handy nicht eingeschaltet und war auch zu Hause nicht erreichbar.
    Bert war sich sicher, dass die Spurensicherung keinen Fingerabdruck finden würde, der nicht hierher gehörte. In diesem Raum, der von so vielen Menschen betreten wurde, wimmelte es von Spuren. Auch von Lukas Tadikken würden welche dabei sein. Seine Freundin arbeitete im St . Marien und bestimmt hatte er sie nach dem Dienst hin und wieder abgeholt.
    Der Notarzt richtete sich auf und ließ die Handschuhe von den Fingern schnappen.
    »Die Tote wurde erdrosselt, was ja eindeutig erkennbar ist. Der Tod dürfte vor zwei bis vier Stunden eingetreten sein.«
    Worte. Zahlen.
    Sie stellten das Ende eines Lebens fest, ohne danach zu fragen, wie dieses Leben gewesen war. Bert hätte den Arzt gern gefragt, wie er damit zurechtkam.
    Unter anderen Umständen. Bei einer Tasse Tee oder einem Glas Wein vielleicht.
    Doch die Umstände waren nicht anders. Sie waren es nie.
    »Sie hat sich heftig gewehrt. Doch sie hatte keine Chance.«
    Der Arzt griff nach seiner Tasche und blickte nachdenklich auf die Tote hinab.
    »Nicht die geringste.«
    Er war zu jung für diesen desillusionierten Ausdruck auf dem Gesicht. Das schien auch Röllner zu finden. Er betrachtete den Arzt, der im Alter seiner eigenen Kinder sein musste, mit väterlicher, fast besorgter Miene.
    »Alles andere wird die Obduktion beantworten.«
    »Danke«, sagte Röllner und hielt dem Arzt die Tür auf.
    Sie beschlossen, dass Bert, der sich im Haus auskannte, mit den Befragungen beginnen sollte, während Röllner die Tatortarbeit fortsetzte.
    Als die Spurensicherung anrückte, verließ Bert das Büro und machte sich

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