Der Sommerfaenger
dass sich sein Fall jetzt höchstwahrscheinlich ausgeweitet hatte und mit Niedersachsen ein zweites Bundesland betraf, er hatte nun auch die beiden Mädchen und ihren dubiosen Spontantrip am Hals.
Er war immer noch verärgert über den Artikel im Kölner Anzeiger und fragte sich, wo die undichte Stelle im Präsidium sein mochte. Was sie überhaupt nicht gebrauchen konnten, war eine Massenhysterie, ausgelöst durch Halbwahrheiten und übereifrige Journalisten, die kräftig das Feuer schürten.
Natürlich hatte er versucht, Imke Thalheim nicht zu beunruhigen, aber er wusste ziemlich gut, dass es allen Grund zur Sorge gab. Hier war offenbar ein psychopathischer Serientäter am Werk, da konnte er keine Hobbydetektivinnen gebrauchen, die ihm in die Ermittlungen funkten, erst recht keine mit akutem Liebeskummer.
Bert schlug sein Notizbuch auf. Seltsam, wie die Suche nach Menschen, die Lukas Tadikken nahestanden, bisher im Sande verlaufen war.
Der junge Mann war tatsächlich ein unbeschriebenes Blatt. Ganz anders als Albert Kluth, der offenbar über ein weitverzweigtes System an Kontakten verfügt hatte, wie es bei einem Menschen seines Alters sein sollte.
Aber niemand in Alberts Umfeld schien auch nur im Geringsten verdächtig.
Niemand außer Lukas Tadikken.
Bert spürte die Müdigkeit in seinen Schläfen pochen, doch sie reichte noch nicht aus, um ihn Schlaf finden zu lassen. Er fluchte leise.
Es fiel ihm schwer zu begreifen, wie es möglich war, in diesem Land mit einer Tarnkappe durchs Leben zu gehen. Jeder hatte eine Familie, Freunde, Bekannte, Nachbarn. Über jeden wusste irgendwer irgendwas, und sei es ein winziges Detail, das diesen Menschen von anderen unterschied.
Nicht so bei Lukas Tadikken.
Gespannt wartete Bert auf die Ergebnisse der Spurensicherung im Hildesheimer Mordfall. Tessa hatte die Fingerabdrücke, die in der Wohnung von Albert Kluth und Lukas Tadikken sichergestellt worden waren, an die Kollegen weitergeleitet. Wenn es Übereinstimmungen geben und die Beschreibung des Apartmentgastes auf Lukas Tadikken zutreffen sollte, würden sie nach ihm fahnden lassen.
Foto , notierte er.
Eigentlich hatte er Jette um ein Foto ihres Freundes bitten wollen, doch vielleicht besaß ja auch Imke Thalheim eines. Möglicherweise hatte Lukas Tadikken sich mit Passbild um den Bürojob beworben.
Imke Thalheim , schrieb er.
Die am Tatort sichergestellte DNA war nicht aussagekräftig. In Studentenwohnungen gingen zu viele Leute ein und aus, da wimmelte es nur so von Spuren. Sie hatten die unterschiedlichsten Haare gefunden, darunter auch welche von Hunden und Katzen. Wahrscheinlich waren sie von Gästen hereingetragen worden, denn Albert Kluth und Lukas Tadikken hatten kein Haustier gehalten.
Der Obduktionsbericht bestätigte die ersten Vermutungen der Gerichtsmedizinerin: Albert Kluth war verblutet. Man hatte ihm die Kehle durchgeschnitten und ihn so lange festgehalten, bis es vorbei gewesen war. Der Tod war zwischen siebzehn Uhr dreißig und achtzehn Uhr dreißig eingetreten.
Bei der Tatwaffe handelte es sich um ein sehr scharfes Küchenmesser mit Wellenschliff, das der Täter im blutigen Wasser zurückgelassen hatte, offenbar ein Messer aus dem Hausrat des Opfers.
Bert betrachtete noch einmal seine Notizen zum Bericht der Spurensicherung. Der einzige verwertbare Fußabdruck im Badezimmer gehörte zu einem Schuh der Größe vierundvierzig. Dieselbe Größe wie die der Schuhe in Lukas Tadikkens Kleiderschrank. Allerdings hatten sie unter ihnen kein Paar mit Blutpartikeln im Profil entdeckt.
Der Täter musste intensiv mit dem Blut seines Opfers in Berührung gekommen sein. Dennoch hatte niemand etwas beobachtet, und das Treppenhaus war frei von verdächtigen Fußabdrücken oder Flecken. Entweder er hatte sich nach der Tat in der Wohnung gesäubert und umgezogen oder er hatte während der Tat Schutzkleidung getragen.
Bis auf Albert Kluths Zimmer waren sämtliche Räume blitzblank. Offenbar hatte der Täter seine Spuren beseitigt. Lediglich im Badezimmer hatte er nichts angerührt. Dort waren die Spuren auf dem nassen Boden jedoch auch im wahrsten Sinne des Wortes verwischt.
Bert trank das Glas leer und notierte seine Aufgaben für den folgenden Tag:
Karsten Spengler anrufen.
Foto von Lukas Tadikken.
Fahndung?
Dann erhob er sich ächzend, ging zur Toilette und legte sich wieder neben die leise schnarchende Margot ins Bett. Er hatte sich kaum zugedeckt, als er auch schon eingeschlafen war.
15
Erst am
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