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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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Bauprojekt in der Bracing Bay zurückkehrte, erblickte ein ungewöhnlich hübsches Mädchen, das in den Sible Pelden Bus stieg. Das war nichts Ungewöhnliches: es gab Tausende von hübschen Mädchen in England – und einige davon lebten in Chesterbourne. Aber dieses Mädchen war irgendwie anders … diese Wendung war ein Gefahrensignal, über das Victor oft gelacht hatte, wenn er sie aus dem Munde eines Bekannten vernahm, den es erwischt hatte. Aber dieses Mädel, sie war wirklich anders, größer als die meisten. Sie trug keinen Hut, sondern schwenkte ihn in einer Hand. In der anderen hielt sie mehrere Pakete an Schnüren. Ihre Haut war ungewöhnlich weiß, und sie hatte ein hübsches rosa Mündchen. Sie wirkte schläfrig und verwirrt, als wäre ihr der Betrieb in der Chesterbourne High Street ein wenig zu viel.
    Was sie anhatte, nahm er kaum wahr: irgendwas Schwarzes. Gut gekleidet, zweifellos. Was ihm jedoch am meisten auffiel und weshalb er vom Gas ging und sich nach ihr umdrehte, während er am Bus vorbeifuhr, das war ihr Haar. Es war aschblond und sehr kurz geschnitten, mit weichen, dicken Locken, die sich über ihren ganzen wohlgeformten Kopf ringelten. Die Locken rollten und flatterten im Wind, und das bildhübsche Mädchen warf den Kopf zurück, als gefiele ihr das.
    Oha, was für eine hübsche Puppe, dachte Victor und trat wieder aufs Gas. Ein echter Hingucker. Ob es sich um ein lokales Pflänzchen handelt?
    Das tat es.

11. KAPITEL
    Es gab eine Tradition, was den Hospiz-Ball betraf. Er war immer ein voller Erfolg, nicht nur im Hinblick auf die Spendeneinnahmen (das Krankenhaus stand immer kurz vor dem finanziellen Kollaps und flehte alle Welt hysterisch um Geldspritzen an), sondern auch auf die Anzahl der Gäste, die Dekoration, die Band und das Buffet. Der Ball stand unter der Schirmherrschaft von Lord und Lady Dovewood. Es war Lord Dovewoods Urgroßmutter gewesen, die das Hospiz 1846 in einem baufälligen alten Haus ins Leben gerufen hatte, zusammen mit einigen gleichgesinnten Damen, tapfer wie Büffel, denen es ebenfalls egal war, was die gute Gesellschaft von ihnen hielt. Und seitdem war die Familie Schirmherr über das noch immer bestehende Hospiz. Lord Dovewood kümmerte sich um Getränke und Buffet (das immer ausgezeichnet war, einiges davon aus alten Hausrezepten) und Lady Dovewood um die Dekoration, die natürlich jedes Mal die vom Vorjahr übertreffen musste. Die jungen Dovewoods passten auf, dass die Alten nicht etwa eine Band einluden, die noch ins letzte Jahrhundert gehörte.
    Es gab Neider, die behaupteten, dass der Ball unter zu viel Dovewood leide, aber das waren nur wenige. Die meisten Leute, auch die einfachen, waren herzensgute Snobs, die sich in dem Gefühl sonnten (das die Dovewoods geschickt zu vermitteln verstanden), sie seien bei hohen Herrschaften zu Gast (auch wenn sie dafür hatten Eintritt bezahlen müssen). Sie waren stolz darauf, sich unter den Landadel mischen zu dürfen und sehen zu können, wie der sich so benahm und was er anhatte; und da das gewöhnliche Herdentier unweigerlich in Grüppchen auftrat, blieb kaum jemand allein oder fühlte sich ausgeschlossen.
    Heuer hatte man eine Band namens RAY AND HIS FIVE DEMONS verpflichtet, aber zwei Tage vor dem Ball geschah das Undenkbare. Ray und seine fünf Teufel übten Verrat an dem Hospiz und den Dovewoods, indem sie kaltherzig ein anderes Engagement annahmen, das weit besser bezahlt wurde. Dies war umso schlimmer, da Ray in Wahrheit Stanley Burbett hieß und aus Chesterbourne stammte, bevor er es in der weiten Welt zu etwas gebracht hatte. Er wusste also, wie wichtig der Hospiz-Ball war und dass er immer ein voller, ungetrübter Erfolg zu sein hatte. Es fielen harsche Bemerkungen, und man hielt den Unzufriedenen unter der männlichen Jugend vor, dass Geld den Charakter verdirbt.
    »Ach, Mr Spring«, sagte Lady Dovewood am Telefon, »ich störe Sie doch hoffentlich nicht …«
    »Keineswegs, Lady Dovewood. Was kann ich für Sie tun?«
    »… aber ich wollte Sie fragen, ob Sie vielleicht eine wirklich gute, zuverlässige Band kennen? Sie haben wahrscheinlich von unserem Fiasko gehört … diese fürchterlichen Five Demons haben uns einfach sitzen gelassen …«
    »Ja, wirklich unerhört … sich so zu benehmen …«
    »… und das in allerletzter Minute. Es muss schnell gehen, aber es muss unbedingt eine zuverlässige Band sein. Die Kinder wünschen sich eine Swing Band, so nennt man das wohl heutzutage. Verstehen Sie etwas

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