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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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habe, einfach so passiert sind? Glaubst du nicht, dass es für das alles einen Grund gibt?«
    »Ich glaube, du denkst, dass ich schuld bin.«
    Ich lachte ihm ins Gesicht.
    »O Gott, Mann. Ich weiß, dass du schuld bist.«
    »Einen Scheiß weißt du«, sagte er und warf seinen Löffel in die Spüle.

BILLINGS | 19. SEPTEMBER 2007
    Wieder senkte sich Schweigen auf uns herab. Dad duschte und zog sich an, dann ging er wortlos weg, kletterte in seinen Pick-up und fuhr davon.
    Ich konzentrierte mich auf die anstehenden Telefongespräche.
    Das erste war schnell erledigt und teuer. Ich stornierte den Rückflug und würde einen neuen zum vollen Preis buchen müssen, wenn ich für die Abreise bereit wäre. (Bereit für die Abreise? Das war ich schon, als ich hier ankam, schäumte ich innerlich.)
    Das zweite Gespräch mit John Wallen erwies sich als anstrengender.
    »Wenn du morgen nicht zurückkommst, wann dann?«, fragte er.
    »Keine Ahnung.«
    »Ha.«
    Ich wartete.
    »Ich kann diese Abschlüsse nicht ohne dich machen.«
    »Ich weiß.«
    »Aber du kommst nicht.«
    »Nein. Morgen nicht.«
    »Wie auch immer. Tu, was du nicht lassen kannst.«
    Er legte auf.
    Zuletzt rief ich Cindy an.
    »Keine Ahnung, wo wir stehen«, antwortete ich auf ihre erste und unvermeidliche Frage. »Worüber denn sollten wir auch reden? Ich komm hierher, und alles, woran ich denken kann, ist, was zu Hause los ist und was vor dreißig Jahren mit ihm passiert ist. Aber ich weiß, es geht darum, was jetzt mit Dad los ist. Wie soll man da bloß nachhaken?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Aber ich weiß, dass die Vergangenheit euch an diesen Punkt gebracht hat. Ich glaube nicht, dass ihr über die jetzige Situation reden könnt, ohne über damals zu sprechen.«
    »Wir können nicht über damals reden, ohne ihn zu verärgern«, sagte ich.
    Ich erzählte ihr von unserem Streit am Morgen. Wir hatten den Blick von den eigentlich wichtigen Themen abgewandt, wie auf einen Felsen weit hinter einem Teich. Und selbst das hatte einen noch höheren Grenzzaun zwischen uns gezogen. Als ich dies Cindy erzählte, wurde mir bewusst, dass alles vertraut klang. Genau das hatten sie und ich seit Monaten getan, wir waren von einem Fettnäpfchen ins nächste getreten, ohne etwas zu regeln.
    »Wo ist er jetzt?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung. Hat er nicht gesagt. Er ist gerade weggefahren.«
    »Was willst du also tun?«
    »Ich denke mal, ich warte auf ihn. Dann versuche ich wieder, mit ihm zu reden, dieses Mal, ohne ihn zu verärgern.«
    »Der Plan gefällt mir.«
    Mir auch, abgesehen von der Tatsache, dass ich keinen Schimmer hatte, wie ich das schaffen sollte.
    Ich schlief in Dads Fernsehsessel ein, und die vertrauten Bilder stiegen in mir auf. Ich sah Dad als jungen Mann, frisch von der
USS Hornet
und seinem Dienst bei der Navy in Bremerton, Washington, kommend. Ich sah meine Mutter, jung, blond und wunderschön, eine unbekümmerte Neunzehnjährige, die schon wie ein Hippie lebte, knapp zehn Jahre bevor dieser Ausdruck in die Allgemeinsprache einging. Eine zufällige Begegnunghatte den Grundstein zu einer unwahrscheinlichen Verbindung gelegt.
    Mom, damals Studentin an der Universität Washington, war mit ihrer Mitbewohnerin aus Bremerton über das Wochenende in diese Stadt gefahren. Am selben Wochenende lief Dads Schiff ein, und er quittierte den Dienst. Junge und Mädchen begegneten sich in einer Hafenbar.
    Sich die erste, animalische Anziehung vorzustellen, war keine große Kunst. Dad war jung und vital und sah gut aus. Mom war noch jünger und so wunderschön. Was ich daran vielleicht nie verstehen werde, ist, dass ein Mensch wie meine Mutter – lebhaft und aufgeweckt, kurz vor dem College-Abschluss – jemanden wie meinen Vater intellektuell oder emotional anziehend finden konnte. Sie machte sich nie die Mühe, es mir zu erklären, und ich habe nie gefragt, also muss ich wohl einfach hinnehmen, dass sie etwas in ihm sah. Ein paar Wochen trieb sich Dad in der Gegend vom Puget Sound herum und verbrachte so viel Zeit mit Mom, wie ihre Seminare dies zuließen. Sie nahm ihn mit nach Olympia, um ihn ihren Eltern vorzustellen, und allem Anschein nach war das wohl ein Debakel gewesen. Grandpa, ein Bezirksrichter, hatte für Dads mangelnde Bildung ebenso wie für seinen rauen Seemannscharme nichts übrig. Grandma fand einfach, dass ihre Tochter, ihr einziges Kind, es besser treffen könnte.
    Beide Urteile zählten ein paar Tage später nichts, als Dad Mom mitteilte, dass er

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