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Der Sonntagsmann

Der Sonntagsmann

Titel: Der Sonntagsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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gefragt?«
    »Ja. Aber sie hat nicht geantwortet. Und jetzt ist sie tot.«
    »Dann werden wir es wohl nie erfahren«, entgegnete Laursen.
     
    Robert versuchte, über die Worte des alten Polizisten zu sprechen, aber Kari schwieg. Sie waren im Lebensmittelladen. Kari legte Fleischwurst, Brot, Tomaten und eine Flasche Limo in ihren Korb. Sie zahlte und ging schweigend zum Auto zurück. Robert fuhr Richtung Flakstad, hielt aber bevor sie den Ort erreichten, am Straßenrand. Gemeinsam gingen sie über eine Heide und setzten sich auf einen großen Felsen. Zu ihren Füßen breitete sich der Fjord aus, überall war Wasser. Möwen tauchten auf, als Kari das Brot auspackte.
    »Sag schon was«, sagte Robert.
    Sie schaute aufs Meer hinaus. Die Möwen kreischten. »Er hat mich gekidnappt«, sagte sie ruhig. »Reidar hat mich entführt.«
    »Das ist doch undenkbar«, erwiderte Robert ungläubig.
    »Doch«, sagte Kari. »Reidar hat dafür gesorgt, dass niemand meine Eltern gefunden hat, weil er mich nicht zurückgeben wollte.«
    Sie wandte sich an Robert. Ihre Stimme war immer noch ruhig. » Ich war ihm ganz egal. Es spielte keine Rolle, was das Beste für mich war. Er benutzte seine Macht, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Ich war ein hübsches kleines Geschenk für seine Frau. Bitteschön, hier ist die kleine Kari.«
    »Aber deine richtigen Eltern wollten dich doch gar nicht«, wandte Robert ein. »Entschuldige, dass ich das sage, aber so war es. Sonst hätten sie dich wohl kaum auf dieser Treppe ausgesetzt.«
    Kari warf ein paar Brotstücke in die Luft, die Möwen stürzten herab und prügelten sich um die Krümel. »Vielleicht wollten sie mich nur zu dem Zeitpunkt nicht. Vielleicht blieb ihnen keine andere Wahl. Vielleicht hätten sie mich zurückgeholt, wenn man ihnen geholfen hätte. Aber Reidar hat dafür gesorgt, dass sie diese Chance nie erhielten.«

28. KAPITEL
    Das erste Mal, dachte Elina. Jetzt werde ich dein Schloss aufbrechen.
    Sie wünschte, John Rosén wäre nicht weggefahren. Sie hätte ihre Idee gerne mit ihm durchgesprochen. Einen Moment lang überlegte sie ihn anzurufen, sah dann aber ein, dass das zu weit gegangen wäre. Wahrscheinlich war er erst am Spätabend in Göteborg eingetroffen und würde jetzt am Morgen seinen toten Vater sehen.
    Ich sollte stattdessen mit Jönsson reden, dachte sie. Wenn ich ihn an der Ermittlung teilhaben ließe, ginge vielleicht alles besser. Sie verwarf diesen Gedanken rasch. Er war zwar angemessen, aber sie brachte es einfach nicht über sich. Ihr Widerwille war zu groß. Sie würde nie ungezwungen mit Jönsson zusammenarbeiten können. Er war einfach zu weit gegangen. Bestenfalls konnte sie für die Zukunft auf einen Waffenstillstand hoffen, bei dem sich jeder auf seiner eigenen Seite hielt. Das Einzige, was ihre Situation radikal zum Besseren wenden würde, wäre, dass er ihr gegenüber klein beigab. Mit weniger würde sie sich nicht zufrieden geben. Nicht sehr wahrscheinlich, dachte sie.
    Elina hatte das Gefühl, dass es gerade jetzt noch einen weiteren Grund gab, aber sie vermied es sorgsam, diesen in ihrem Kopf in Worte zu fassen. Es ging darum, wem die Ehre zuteil werden würde, falls sich der Fall lösen ließ. Diese Ehre wollte sie auf keinen Fall mit Jönsson teilen.
    Sie öffnete die Datei, die alle Namen enthielt, die in der Akte vorkamen sowie Angaben darüber, welche Rolle die Personen in Ylva Marieanne Malmbergs Leben gespielt hatten. Dann versuchte sie, die potenziellen Väter des Kindes herauszufiltern: natürlich die Liebhaber, die namentlich bekannt waren. Einige Mitschüler aus der Tärna Folkhögskola. Die vier Lehrer, die sie unterrichtet hatten. Ein paar flüchtige Bekannte aus Västerås. Die Reisegefährten aus Indien und die drei Mitglieder des Kollektivs aus Björklinge. Außerdem suchte sie alle Männer, dessen Vor- oder Nachnamen mit N begannen, heraus.
    Auf der Liste standen schließlich vierunddreißig Namen mit jeweiliger Personenkennziffer und der damaligen Adresse. Mit Hilfe der polizeilichen EDV ermittelte Elina, wo sie jetzt wohnten und schrieb die neuen Adressen unter die Namen. Dann druckte sie die Liste aus. Anschließend rief sie beim Landesarchiv in Härnösand an. Sie wurde durchgestellt. Eine Frau war am Apparat. Ein bisschen schmeicheln schadet sicher nicht, dachte Elina.
    »Mein Name ist Elina Wiik, ich bin Inspektorin bei der Kriminalpolizei in Västerås«, sagte sie und fuhr fort: »Vor zwei Jahren haben Sie uns schon

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