Der Spezialist: Thriller
Fahrer war durch die Windschutzscheibe nur schlecht zu erkennen, doch irgendwie kam Mitch seine Silhouette bekannt vor.
***
Harry fuhr an den Bordsteinrand und hielt. Ein Müllwagen versperrte ihm dem Weg. Er warf einen Blick auf die verbleibenden Müllsäcke und seufzte. »Wir bringen hier noch den ganzen Abend zu.«
Harry beobachtete den Müllwerker eine Minute lang. Als der Mann bemerkte, dass er Zuschauer hatte, baute er ein paar recht gute Tanzbewegungen in seine Arbeit ein. Harry lachte; dann streckte er den Kopf aus dem Fenster.
»He, Mann!«, rief er. »Würden Sie zwei Meter zurücksetzen, damit wir vorbeikönnen?«
***
Mitchs Blick war auf Harry gerichtet. Als der Müllwagen zurücksetzte, rief er Halls Nummer an.
»Ja?«, antwortete Hall.
»Bewegung. Ein alter Chevy Suburban. Harry sitzt am Steuer.«
»Harry?«
»Bingo. Geiger, der Junge und Harrys Schwester sind bei ihm. Wo steckst du?«
»Achtundneunzigste Straße. Folge ihnen. Und überprüfe das Nummernschild. Wir müssen wissen, wem der Wagen gehört. Ruf mich zurück, und sag mir, wo du bist, ich komme nach.«
»Okay.«
Als der Müllwagen die Einfahrt geräumt hatte, zog der Suburban auf die Straße und fuhr nach Westen.
»Dieses ganze Gewinsel um Waterboarding«, fuhr der Talkshowmoderator fort, »Mannomann. Wir wollen doch ganz sicher sein, dass Abdul bekommt, was ihm zusteht, oder?«
»Genau richtig, Mann«, sagte Mitch und schaltete das Radio aus. Er zog einen Laptop unter seinem Sitz hervor, legte ihn auf den Beifahrersitz und trat leicht aufs Gas.
***
Eine Autostunde nördlich der Stadt fuhr Hall den Saw Mill River Parkway entlang an einem Wald vorbei, der von steilen grauen Felswänden durchsetzt war. Der Feiertagsverkehr in dieser Richtung war nicht allzu dicht.
Aus der Freisprechanlage drang Mitchs Stimme. »Okay, ich habe den Halter des Wagens. Martin Corley. Ein Doktor med. Wohnt in dem Haus. Geschieden. Keine Kinder.«
»Prüf mal nach, ob ihm ein Haus nördlich der Stadt gehört. Versuch es beim Grundbuchamt, beim E-Werk, bei den Telefongesellschaften. Wo bist du jetzt?«
»Route 9. Ich nähere mich dem Bear Mountain Highway.«
»Ich bin bei Ossining, nicht allzu weit hinter dir.«
Mit einem Blick über den Mittelstreifen des Parkways sah Hall den amerikanischen Traum Stoßstange an Stoßstange nach Süden kriechen: Autos mit Familien auf dem Rückweg von einem Tag auf dem Lande – plärrende Radios, Hunde, die den Kopf aus dem Fenster streckten, Fahrräder auf Dachgepäckträgern, müde Kinder auf Rücksitzen mit sonnenverbrannten Wangen und in den Hosentaschen schmelzenden Karamellbonbons. Was für ein Land: fünfzigtausend Meilen Highways, die den Menschen halfen, irgendwo ein abgeschiedenes Plätzchen zu finden.
Hall stellte das Handy stumm und schaltete das Radio ein. Er brauchte nicht lange zu warten, bis die Nachrichten kamen.
»Hier ist WCBS mit Neuigkeiten zur Explosion des Hauses auf der West 134th Street in Manhattan. Rich Lamm ist für uns vor Ort. Was gibt es Neues, Rich?«
»Leider nicht sehr viel, David, aber mittlerweile steht fest, dass das Gebäude ein Obergeschoss hatte, und man geht davon aus, dass es ein privates Wohnhaus war. Die Feuerwehr, die Polizei, der Gefahrstoffräumdienst und Vertreter der Bundesbehörden sind hier, aber man hält sich ziemlich bedeckt. Ich kann nur eines mitteilen: Es sieht mehr nach einer Implosion aus als nach einer Explosion. Das Gebäude scheint in sich zusammengefallen zu sein, sodass alles ringsum völlig unversehrt geblieben ist.«
»Könnte es sich um einen Terroranschlag handeln, Rich?«
»Die Ermittlungen werden diese Möglichkeit berücksichtigen müssen. Das Haus könnte entweder Ziel eines Anschlags gewesen sein, oder in dem Gebäude wurden Bomben hergestellt, wobei etwas schiefgegangen ist. Natürlich kann die Ursache der Explosion auch viel unspektakulärer gewesen sein, eine undichte Gasleitung zum Beispiel. Commissioner Kelly wird bald eine Stellungnahme abgeben. Bis dahin werden wir …«
Hall stellte das Radio ab und deaktivierte die Stummschaltung des Handys. Es war Zeit, die Rolle weiterzuspielen.
»Mitch?«
»Ja?«
»Ich glaube, Geigers Haus ist explodiert.«
»Was? Mit Ray?«
»Es kam gerade im Radio. Ein Haus auf der West 134th.« Er unterbrach sich kurz um der Wirkung willen. »Eingeebnet. Von dem Haus ist nichts mehr übrig.« Er stieß einen Seufzer aus. »Der arme Ray.«
»Ja«, sagte Mitch. »Die arme
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