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Der Spezialist: Thriller

Der Spezialist: Thriller

Titel: Der Spezialist: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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irgendetwas nachgegeben hatte.
    »Ich bin’s«, sagte Harry, nachdem der Anrufbeantworter gepiept hatte. »Wir müssen reden. Es ist sehr, sehr wichtig. Über Hall und Matheson und den Jungen und die ganze abgefuckte Scheiße. Ich bin in einem Waschsalon auf der Flatbush. Hall war in meiner Wohnung – keine Ahnung, wie er mich gefundenhat. Er hatte noch jemanden dabei. Sie wollten wissen, wo du bist – sie wollen den Jungen zurück. Die Typen sind harte Knochen. Hall hat Batteriesäure in den Adern. Ich rufe von einem Münzapparat an, weil Hall vielleicht mein Handy abhört, also ruf mich auf keinen Fall unter meiner Handynummer an. Ich hab das Handy sowieso abgeschaltet. Ich rufe wieder an. Oder ruf du mich an – bitte!«
    Als er aufgelegt hatte, bemerkte er, dass mehrere Kunden beim Sortieren und Falten ihrer Wäsche innegehalten hatten und den Kerl anstarrten, der ins Telefon brüllte. Harry war gar nicht aufgefallen, dass er gebrüllt hatte. Er führte Lily zu einer Reihe von Stühlen an einer Wand und setzte sich. Sein gestauchtes Knie fühlte sich an wie ein wassergefüllter Luftballon und schmerzte höllisch.
    »Setz dich, Lily«, sagte er und zupfte leicht an ihr, doch sie blieb stehen, verlagerte ihr Gewicht immerfort von einem Fuß auf den anderen, ganz im Banne des motorischen Chaos, das in ihr wütete. Nachdem sie das Haus verlassen hatten, hatte Harry seine Schwester drei Querstraßen weit schleppen müssen, ehe es ihm gelungen war, ein Taxi heranzuwinken. Als der Fahrer gefragt hatte, wohin sie wollten, hatte Harry fast zehn Sekunden lang nicht geantwortet. Ihm hatte die Erkenntnis, dass er in einer Stadt mit unbegrenzt vielen Zielen nirgendwohin konnte, glattweg die Sprache verschlagen. Schließlich hatte er dem Fahrer gesagt, er müsse zu einem Münztelefon, und sie waren schweigend die Flatbush Avenue entlanggefahren, bis dem Fahrer die grellen Leuchtstofflampen des Waschsalons ins Auge sprangen.
    Den Blick auf die wirbelnden Trommeln der Waschmaschinen gerichtet, machte Harry eine Bestandsaufnahme. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Geschichte mit dem de Kooning stimmte, war auf null gesunken. David Matheson besaß oder wusste etwas, was Hall unbedingt in die Hände bekommen oder erfahren wollte. Hall hatte offensichtlich sehr gute Beziehungen und Zugang zu ausgefeilter Technik, um Menschen zu verfolgen.Entführung und Gewalt waren für ihn kein Problem. Der Mann hatte freie Hand in einer Welt, in der sonst alles reglementiert und strukturiert war.
    Harry konnte sich trotzdem nicht erklären, wie sie seine Wohnung gefunden hatten. Er hatte sich unverfolgbar gemacht, unauffindbar. Wie kam es, dass Hall im Wohnzimmer sitzen und darauf warten konnte, dass er, Harry, aus der Dusche kam? Mit der Zunge schrubbte er sich die Mundhöhle. Er hatte zwei Pepcids zerbissen, um den Geschmack nach Erbrochenem zu überdecken, aber vergeblich.
    Lily ließ die Hand ihres Bruders los und zog mit der Spitze des Mittelfingers langsam Linien über ihre rechte Wange, vom Jochbein zum Kiefer, hoch und runter, wie eine rhythmische Begleitung zu dem Gesang, den sie begann:
    »Hello darkness, my old friend. I’ve come to talk with you again   …«
    »Du bist in letzter Zeit schrecklich gesprächig, Lily. Was bringt dich gerade auf dieses Lied? Das helle Licht?«
    Harry ließ sich zurücksinken und schloss die Augen.
    Er sah Lily, wie sie zu einem kleinen Jungen ging, drei oder vier Jahre alt, der mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden saß, zu Füßen seiner Mutter, die Bettlaken zusammenfaltete, auf denen zwischen Wham! s und Kapow! s in riesigen leuchtenden Buchstaben ein Spiderman prangte, der Netze schleuderte.
    Harry schwebte durch die nackten Wände seines Gedächtnisses zu seinem Apartment in University Heights, das er in den Neunzigerjahren bewohnt hatte – die Zahnräder im Kopf seiner Schwester griffen immer schlechter ineinander, und er hatte sie zu sich genommen und ihr das Schlafzimmer überlassen. Wenn er in den einsamsten Stunden der Nacht im Halbschlaf auf dem Wohnzimmersofa lag, hörte er plötzlich, wie Lily hereinschlurfte, sich über ihn beugte und flüsterte: »Harry?« Es war weniger eine Frage als vielmehr die Einladung, teilzunehmen an den fantastischen Abenteuern, die ihr verfallender Verstand hervorbrachte. Später blieben die Besuche aus, aber wennHarry nachts ins Schlafzimmer blickte, saß Lily manchmal auf der Fensterbank und sprach laut zu der Stadt hinter der Glasscheibe. Sie

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