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Der Spezialist: Thriller

Der Spezialist: Thriller

Titel: Der Spezialist: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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Sakko. Dabei fiel Harry irgendetwas in den Schoß: eine knopfförmige, ein paar Millimeter dicke schwarze Scheibe von vielleicht zwei Zentimetern Durchmesser. Er nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger. Die Scheibe bestand aus Kunststoff, war glatt und glänzend auf der einen und klebrig auf der anderen Seite. Harry setzte Lily auf der Rückbank zurecht; dann lehnte er sich zurück und rollte den Peilsender wie einen Glücksbringer zwischen den Fingern.
    »So ein Hurensohn!«, wisperte er.
    Eine Szene blitzte vor ihm auf wie ein Dreisekundenschnitt in einem Filmtrailer: Abend. Ludlow Street. Ray, als Obdachloser verkleidet, wie er sich mit Harry anlegte, ihn beim Revers packte und zu sich zerrte …
    Harry klappte die Aufschläge um und fand auf einer Seite einen klebrigen Rückstand am Stoff. Er nickte bewundernd und erstaunt zugleich. Deshalb also hatten sie ihn so leicht gefunden. Ray hatte ihm einen Sender untergeschoben. Bis hin zu dem kleinen niedlichen Mädchen hatten sie die Sache sorgfältig eingefädelt, nur für den Fall, dass später etwas schiefging.
    Harry klebte den Knopf an die Rückseite des Beifahrersitzes.
    Am Ende der Ausfahrtrampe hielt der Taxifahrer an der Canal Street, als die Ampel auf Gelb schaltete. Er drehte sich um undlächelte Lily an. Er hatte einen struppigen rötlichen Schnurrbart; die Lücke zwischen seinen Vorderzähnen unterstrich den Eindruck des leutseligen Südstaatlers.
    »Alles okay jetzt, Schätzchen?«, fragte er.
    Lily hatte den Kopf zum Seitenfenster gedreht. Neben dem Taxi stand ratternd und schnaufend ein Bus im Leerlauf. Sie gab keine Antwort.
    Harry strich ihr das Haar aus der Stirn und liebkoste ihre Wange mit den Fingerspitzen. Sie nahm nichts davon wahr.
    »Also wirklich, Sie sind ’n guter Kerl«, sagte der Taxifahrer, »so wie Sie sich um sie kümmern. Heutzutage behandeln die Leute ihre Mitmenschen nicht mehr so wie früher.« Er nahm die Mütze ab und fuhr sich durch das dichte mandarinenfarbene Haar. »Alle reden von der Erderwärmung, aber je wärmer es draußen wird, desto kälter sind wir in uns drin. Ich hab auch ’ne Schwester – sie ist geschieden und lebt unten in Baton Rouge. Und ich hab sie vier Jahre nicht mehr gesehen.« Er drehte sich wieder nach vorn. »Ich muss schon sagen, Sie haben mich richtig beschämt. Jawohl, Sir, beschämt. Wenn ich nachher Pause mache, rufe ich meine Schwester an, und das hat sie Ihnen zu verdanken.«
    Harry drehte sich nach hinten und blickte durch das Heckfenster auf die lange Reihe von Fahrzeugen, die hinter ihnen durch den Nieselregen fuhren. In größerer Entfernung verschmolzen die Wagen zu dunklen Schemen, die durch einen bleiernen Nebel krochen. Harry kam es vor, als wäre die Welt plötzlich sehr klein geworden.
    Er drehte sich wieder zum Fahrer um. »Ich hätte eine Frage.«
    »Schießen Sie los.«
    »Könnten Sie für zwanzig Dollar extra aufs Gas steigen und ein paar rote Ampeln überfahren?«
    Der Taxifahrer lachte leise. »Verfolgt Sie jemand?«
    »Ich weiß nicht. Kann sein.«
    »Na, ist ja auch egal. Wenn Sie Bleifuß wollen, bekommen Sie ihn.«
    Die Ampel schaltete auf Grün, und das Taxi machte einen Satz nach vorn und scherte in einem waghalsigen Manöver in die Nachbarspur ein. Hinter ihnen plärrte eine Hupe.
    Harry schloss die Augen. »De Kooning«, sagte er inbrünstig, »leck mich am Arsch.«
    ***
     
    Ezra öffnete die Badezimmertür. Geigers Shorts reichten ihm fast bis zu den Knien und bauschten sich an seinen Oberschenkeln. Seine nackte Brust und die Arme zeigten ein halbes Dutzend dunkle blaue Flecken von der Misshandlung am Vortag, und die Striemen in seinem Gesicht waren noch röter geworden.
    »Mir tut alles weh. Kann ich ein Ibuprofen haben?«
    »Habe ich nicht«, sagte Geiger.
    »Und Aspirin?«
    »Auch nicht. Ich nehme keine Drogen.«
    »Das sind doch bloß Tabletten.«
    Er streifte sich Geigers T-Shirt über und verzog das Gesicht. Der Saum reichte ihm bis auf die Mitte der Oberschenkel. In dieser Kleidung sah er noch kleiner aus, wie ein Kind, das sich mit den Sachen seines Vaters verkleidet hat. Er setzte sich auf den Toilettendeckel und nahm seine Turnschuhe.
    »Und was jetzt?«, fragte er mit gesenktem Kopf, während er die Schuhe anzog. »Wenn Sie keiner von denen sind, was fangen Sie dann mit mir an?«
    »Hast du Verwandte in der Nähe?«
    »Nein.«
    »Großeltern?«
    »Sind tot.«
    »Onkel oder Tanten?«
    »Nein.«
    Geiger beobachtete ihn, wie er die Schnürsenkel zuband.Die

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