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Der Spezialist: Thriller

Der Spezialist: Thriller

Titel: Der Spezialist: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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Insekts in Geigers Ohren. Er drehte den Kopf nach links, aber das Knacken blieb aus. Dabei brauchte er dieses Geräusch und das Gefühl, dass die Teile an ihren angestammten Platz zurückglitten. Doch jetzt verweigerten seine Nackenwirbel den Gehorsam.
    »Ich hasse ihn!« Ezra schlug mit den Handflächen gegen die Wand. »Er hat mich alleingelassen!« Doch der Zorn des Jungen erstarb bereits wieder, wurde erdrückt von Enttäuschung und Traurigkeit. »Wie konnte er das tun?« Die Frage entsprang nicht Unkenntnis oder Unglauben, sondern war ein Ausdruck der Verwunderung. Ezra setzte sich auf die Couch und starrte auf die Muster im Fußboden. »In meinem ganzen Leben hab ich mich noch nie so mies gefühlt.«
    Der Kater kam zu Geiger, stieg auf die Hinterbeine und begann, Geigers Hose als Kratzbaum zu missbrauchen. Geiger packte das Tier im Nacken und setzte es sich auf die Schulter.
    Der Junge grinste gegen seinen Willen. »Er mag es da oben, was?«
    »Möchtest du zur Polizei gehen, Ezra?«
    »Sie würden mich zur Polizei bringen?«
    »Ich kann nicht mit dir aufs Revier gehen, aber ich würde dich dort absetzen. Bis zur nächsten Wache ist es nicht weit.«
    »Und was macht die Polizei dann mit mir?«
    »Man bringt dich weg und kümmert sich um dich, bis deine Mutter dich holt.«
    Bilder von kahlen, winzigen Zellen mit Pritschen, Fenstern mit dunklen Gitterstäben und Männern mit Handschellen an den Gürteln traten dem Jungen vor Augen.
    »Wohin bringt man mich denn?«
    »Zu anderen Kindern. Wo es sicher ist.«
    »Aber hier bin ich doch auch sicher, oder?«
    »Ich glaube schon.«
    »Was meinen Sie? Wissen diese Leute, wo Sie wohnen?«
    »Nein«, sagte Geiger, »das wissen sie nicht. Aber was ich eigentlich sagen will …«, er suchte nach Worten. »Ich weiß nicht, wer diese Leute sind. Ich weiß nicht, welche Möglichkeiten sie haben, mich zu finden.«
    In Ezras Gesicht spiegelte sich Verunsicherung. Er hatte seine Entführer nur einen Augenblick zu Gesicht bekommen, aber das hatte ihm genügt. Als er am Morgen aufgewacht war, hatte sein Vater die Wohnung bereits verlassen und ihm einen Zettel hingelegt: Hab am Vormittag eine Besprechung. Lass die Tür abgeschlossen, und leg von innen die Kette vor. Ich ruf später an. Dad. Ezra aß zum Frühstück eine Waffel, ging in sein Zimmer und übte auf der Violine. Die Kette vorzulegen hatte er vergessen, und als die Männer das Türschloss knackten, war er zu tief in die Musik versunken, um etwas zu hören. Er sah nur ganz kurz einen Schwarzen, der sich auf ihn stürzte; dann lag auch schon das Isolierband über seinen Augen.
    Das ganze Geschehen war Ezra unwirklich vorgekommen,als wäre er plötzlich eine Figur in einer dieser Geschichten, in der jemand aus seinem Leben gerissen und in ein Zauberreich geschleudert wird, wo die Feinde des Guten mit ihren Superkräften das Böse über die Welt bringen. Ezra erinnerte sich, wie er geglaubt hatte, sterben zu müssen – nicht sofort, aber bald –, als die Männer ihn in den Koffer legten. Diese Vorstellung war etwas vollkommen Neues für ihn gewesen, und sie hatte ihn verändert.
    »Ich möchte bei Ihnen bleiben, bis Mom kommt.«
    »Gut.«
    »Können wir ein Schmerzmittel holen?«
    »Ja. Welches?«
    »Keine Ahnung. Irgendeins.«
    »In Ordnung. Aber du bleibst hier. Ich gehe.«
    Geiger nahm den Kater von der Schulter und setzte ihn auf die Couch. Das Tier rollte sich auf Ezras Schoß zusammen und schloss das Auge. Geiger suchte in den Taschen nach Kleingeld und ging zur Tür.
    »Ich werde die Schlösser aktivieren, also berühre auf keinen Fall die Tastenfelder. Du könntest etwas auslösen.«
    »Was denn?«
    »Lass einfach die Finger davon.«
    »Okay.«
    »Versprochen?«
    »Ehrenwort. Ich gehe nirgendwohin. Darf ich fernsehen?«
    »Ich habe keinen Fernseher.«
    »Echt nicht?«
    »Echt nicht.«
    »Wenn Sie die Tabletten holen, bringen Sie dann auch was Richtiges zu essen mit?«
    »Ja, ich bringe auch was Richtiges zu essen mit.«
    ***
     
    Wenn Harry sich mit Geiger zum Frühstück im Diner traf, war es normalerweise nicht so spät am Tag. Diesmal stand die Sonne höher am Himmel, und ihre Strahlen fielen direkt durch die großen Fenster. Harrys Magen fühlte sich an, als fände ein Rugby-Gerangel auf einem schlammigen Spielfeld darin statt. Der Essensgeruch tat ein Übriges. Als er sich mit Lily in eine Nische setzte, knurrte sein Magen so laut, dass die beiden halbwüchsigen Mädchen am Nachbartisch kicherten.
    Das

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