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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Art, die Sarah so vertraut war, als sei es für ihn keineswegs
langweilig, sondern eine selbstverständliche Höflichkeit, auf die Appie ein
natürliches Anrecht hatte und die er ihr gern zuteil werden ließ.
    Sarah, der die Personen, über
die gesprochen wurde, wenigstens bekannt waren, schaffte es, hin und wieder
eine Bemerkung einzuflechten, um nicht unhöflich zu erscheinen. Max sagte so gut
wie gar nichts. Als Appie versuchte, Bradley zu überreden, zu bleiben und mit
ihnen zu Abend zu essen, war Sarah nicht überrascht, daß Max aufstand und sein
leeres Glas so hart auf den Kaminsims stellte, als hätte er es am liebsten ins
Feuer geschleudert.
    »Nett, Sie kennengelernt zu
haben, Rovedock«, sagte er mit einem kurzen Nicken.
    »Sie wollen doch nicht etwa
schon gehen?« rief Appie. »Ich hatte angenommen, daß Sie zum Essen bleiben
würden. Es macht wirklich keine Umstände, ich brauche nur den Auflauf in den
Herd zu schieben.«
    »Tante Appie, das läßt du schön
bleiben.« Sarah hoffte, daß ihre Stimme nicht zu laut geworden war, befürchtete
allerdings das Gegenteil. »Ich habe dir bereits gesagt, daß du hier lediglich
als Gast bist.«
    »Sarah, Liebes, ich wollte doch
nur -«
    »Versuchen, dich nützlich zu
machen, ich weiß. Wenn ich deine Hilfe brauchen sollte, werde ich keinen Moment
zögern, dich darum zu bitten. Bis dahin halte dich bitte zurück. Gib ihr etwas
zu trinken, Bradley, und sag ihr, sie soll sich benehmen. Max, soll ich dir
etwas warm stellen, oder möchtest du einen kleinen Imbiß auf deinem Zimmer?«
    »Mach dir wegen mir keine
Umstände. Ich besorge mir schon was. Laßt euch das Abendessen gut schmecken.«
    Weg war er. Tante Appies
Redeschwall wurde dadurch allerdings nicht eingedämmt. Sarah ging in die Küche
und knallte den Thunfischauflauf in den Backofen.
    Vielleicht spürte auch Bradley,
daß die Atmosphäre gespannt war. Als Appie aus persönlichen Gründen, wie sie es
mädchenhaft verschämt ausdrückte, nach oben verschwand, griff er jedenfalls die
Gelegenheit beim Schopf und sagte zu Sarah: »Hoffentlich hat mein Besuch nicht
alle deine Pläne über den Haufen geworfen.«
    »Ich hatte noch gar keine Zeit,
welche zu machen«, erwiderte Sarah. »Max und ich sind erst heute nachmittag
hier angekommen. Ich habe Tante Appie für nächste Woche erwartet, aber Miffy
hatte die glorreiche Idee, sie anzurufen und zu überreden, jetzt schon
herzukommen. Ich hatte nicht einmal Zeit, meine Zahnbürste auszupacken. Aber
sag bitte Tante Appie kein Wort davon, in welche Verlegenheit sie mich gebracht
hat, indem sie so früh gekommen ist. Sie würde entweder in Tränen aufgelöst
nach Cambridge zurückeilen oder alles noch viel schlimmer machen, als es jetzt
schon ist, indem sie versuchen würde, mitanzupacken und zu helfen. Im Moment
kann ich beides nicht brauchen.«
    »Arme, kleine Sarah. Ich finde
es schrecklich, daß du Probleme hast. Es tut mir so furchtbar leid, daß ich
nicht bei dir sein konnte, wo ich dir vielleicht hätte helfen können.«
    Sarah hatte keine Lust, bei den
Möglichkeiten der Vergangenheit zu verweilen. »Wo bist du denn diesmal
gewesen?« fragte sie ihn. »Auf den Galapagos-Inseln?«
    »Ich hab’ mich hauptsächlich
unten zwischen den Bahamas und den Antillen herumgetrieben, um dem Winter zu entkommen.
Ein alter Mann wie ich spürt seine Knochen, weißt du.«
    Sein Lächeln erinnerte an das
von Alexander, dachte Sarah. Bradley Rovedock lächelte allerdings häufiger,
aber schließlich hatte er auch viel mehr Gründe dazu. Er hatte genug Geld
geerbt, um bequem davon leben zu können, und keinerlei Verpflichtungen. Die
Mitglieder des Yachtclubs waren nicht gerade mit gutem Aussehen und Charme
gesegnet, aber Bradley hatte mehr davon aufzuweisen als alle anderen, jetzt, wo
Alexander nicht mehr lebte. Er hatte die wettergegerbte Haut eines
Sportseglers, das gebleichte Haar, die Fältchen um die Augen, die man bekam,
wenn man Tag für Tag, Jahr für Jahr stundenlang mit zusammengekniffenen Augen
auf das Wasser schaute. Außerdem besaß er die schlanke Figur und die geschmeidige
Haltung eines Mannes, der sich hauptsächlich im Freien aufhielt. Sarah, die
bereits ihren zweiten Scotch trank, was bestimmt nicht gut für sie war,
verspürte das Bedürfnis zu kichern.
    »Was ist denn so lustig, kleine
Sarah?«
    »Ach, gar nichts«, antwortete
sie. »Ich fürchte, ich bin ein kleines bißchen beschwipst. Ich dachte nur
gerade an deine alten Knochen. Du wirst immer derselbe

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