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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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unangemeldet hereinschneie. Bei Miffy hatte ich keine Gelegenheit, mit
dir zu reden, und als Appie mich eben eingeladen hat, konnte ich einfach nicht
widerstehen.«
    »Bradley, wie nett. Wir haben
uns ja ewig nicht gesehen.«
    Sarahs Begrüßung fiel weniger
herzlich aus, als es wohl der Fall gewesen wäre, wenn sie nicht so ärgerlich
darüber gewesen wäre, daß Bradley ausgerechnet in diesem Moment aufgetaucht
war, und wenn Max nicht so wütend dreingeblickt hätte. Jedenfalls würde sie
jetzt den Plausch mit Bradley Rovedock nachholen, den sie sich bei Milly hatte
entgehen lassen müssen, ob es ihr nun paßte oder nicht.
    Bradley war ungefähr in
Alexanders Alter. Die beiden hatten als Jungen zusammen geangelt, gesegelt und
Krabben gefangen und waren auch als Erwachsene noch locker miteinander
befreundet gewesen. Bradley hatte zu den wenigen Personen gehört, die sich bei
den langweiligen Treffen, bei denen Sarah sich immer so fehl am Platze gefühlt
hatte, die Mühe gemacht hatten, mit der kleinen Sarah zu sprechen. Die seltenen
Segeltörns mit seiner Yacht Perdita waren unvergessene Höhepunkte ihrer
Sommeraufenthalte in Ireson’s Landing gewesen.
    »Ich wollte unbedingt mit dir
sprechen, Sarah. Ich hatte keine Ahnung von der Sache mit Alex und Caro. Ich
bin gerade erst wiedergekommen.«
    Er sagte nichts weiter, sondern
drückte einfach mitfühlend Sarahs Hand. »Es geht dir doch gut, oder? Du siehst
jedenfalls großartig aus, wenn ich das sagen darf.«
    »Danke, Bradley. Du siehst auch
gut aus.« Bradley sah natürlich immer gut aus. »Hast du übrigens schon meinen
Mieter Max Bittersohn kennengelernt? Er wohnt diesen Sommer im Kutscherhaus.«
    Warum hatte sie das bloß
gesagt? Hätte sie Max nicht einfach als das vorstellen können, was er wirklich war?
Er stand zwar auf, um Bradleys Hand zu schütteln, doch Sarah merkte genau, daß
es ihm sehr schwerfiel, höflich zu bleiben. Aber warum sollte es ihm
bessergehen als ihr? Für sie war es auch nicht gerade ein Honiglecken, oder?
    Wie hätte sie auch wissen können,
daß Max durch ihre Schuld bei Miffy in Schwierigkeiten geraten würde? Alice B.
war bestimmt nicht darauf aus gewesen, ihn persönlich vor der ganzen
Gesellschaft bloßzustellen, Alice B. scherte sich einen feuchten Kehricht um
den Bittersohn-Jungen. Sie wollte damit Sarah treffen, das hätte er sofort
durchschauen müssen. Nicht, daß es Sarah etwas ausmachte, daß Max schon einmal
mit einer Frau zusammengelebt hatte, bevor sie sich kennengelernt hatten. Warum
sollte sie das stören? Schließlich hatte sie ja auch mit einem anderen Mann
zusammengelebt.
    Aber das war etwas völlig
anderes gewesen. Nun gut, sie war eifersüchtig. Eifersüchtig auf die weibliche
Freibeuterin, die damals mit dem jungen Max Bittersohn in der kleinen Wohnung über
der Kunstgalerie geschlafen hatte, während die brave, kleine Sarah Kelling
sittsam auf Miffy Tergoynes schrecklichen Parties ihre Zeit absaß und von allen
übersehen wurde. Eifersüchtig auf jene Barbara, die tun und lassen konnte, was
sie wollte, gleichgültig, ob sie nun das Leben des Mannes, nach dem sie
angeblich so verrückt war, ruinierte oder nicht. Und Sarah Kelling Jahre später
damit in Schwierigkeiten brachte, mit denen sie irgendwie klarkommen mußte. Der
Teufel sollte diese verdammte Barbara holen!
    Und auf Max war sie auch
wütend, weil er ihr nicht vorher erzählt hatte, daß ihn eine geldgierige Frau
hereingelegt hatte. Er wußte doch, daß Alexander jahrelang schweigend gelitten
hatte, weil ihm etwas ähnliches passiert war. Und wie unglücklich Sarah dabei
gewesen war, weil Alexander es für seine Pflicht gehalten hatte, die
schreckliche Wahrheit von ihr fernzuhalten. Und auf Tante Appie war sie auch
wütend, weil sie — nein, das war nicht fair, Appie Kelling konnte wirklich
nichts dafür, daß sie eben Appie war. Und auf sich selbst ebenfalls, weil sie
so verdammt feige und phantasielos war und ihr nichts Höfliches einfallen
wollte, um diese beiden netten Menschen loszuwerden, so daß sie Max Bittersohn
den Kopf zurechtrücken konnte, was er so verdammt dringend brauchte.
    Gott sei Dank war Appie noch so
sehr mit dem Besuch bei ihren Freunden beschäftigt, daß es Sarah erspart blieb,
das Gespräch in Gang zu halten. Appie wandte sich immer wieder an Bradley, wenn
sie sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte, was die meiste Zeit der
Fall war. Er ergänzte jedesmal ihre Ausführungen, so gut es ging, auf seine
angenehm lässige

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