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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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bleiben, Bradley.«
    »Ist das jetzt als Kompliment
oder als Kritik gemeint?«
    »Momentan würde ich sagen, es
ist ein Trost für mich.«
    »Das freut mich.«
    Er streckte die Hand aus und
berührte mit den Fingerspitzen leicht ihren Handrücken. Dann kam Tante Appie
nach unten, und es war Zeit für den Thunfisch. Nachdem sie gegessen hatten,
verabschiedete sich Bradley, entweder aus Rücksicht oder weil er Angst vor
einer zweiten Portion von Appies Auflauf hatte.
    Das war das einzige, was
wirklich für die Aufläufe ihrer Tante sprach, dachte Sarah, als sie nach dem
Essen abwusch. Wenn sich erst einmal herumgesprochen hatte, daß Appie das Kochen
besorgte, würde kein Mensch mehr eine Einladung zum Essen bei den Kellings
annehmen. Alice B. würde Bradley bestimmt morgen über das, was er gegessen
hatte, ausquetschen und aus dem, was er ihr nicht erzählte, die richtigen
Schlußfolgerungen ziehen.
    Sogar Appie selbst hatte sich
um einen Nachschlag gedrückt, indem sie Alice B.s Pasteten als Vorwand
angeführt hatte. Sarah stellte die noch fast volle Auflaufform nach draußen,
damit irgendein anspruchsloses Nachttier sie leer fressen konnte, und blickte
den Hügel hinunter, um zu sehen, ob im Kutscherhaus schon Licht brannte. Nein,
Max war noch nicht zurück. Wahrscheinlich führte er gerade irgendwo ein
Vorstellungsgespräch mit einer neuen Assistentin. Warum hatte er ihr bloß
nichts von der Sache erzählt?
    Weil er immer noch nicht
verwunden hatte, daß Barbara ihn verlassen hatte, nahm sie an. So waren die
Männer eben. Sie verdrängten alles, bis man nichts mehr davon merkte, und taten
so, als ob es ihnen nicht das geringste ausmachte. Frauen konnten wenigstens
weinen und sich beschweren oder eine richtige Szene machen. Genau danach war
Sarah im Moment auch zumute.
    Aber das würde ihr bestimmt
nicht viel nutzen. Tante Appie würde auf der Stelle mit heißer Milch und
Senfpflastern herumschwirren oder mit irgendwelchen anderen Scheußlichkeiten,
und Max würde nicht einmal davon wissen, weil er irgendwo mit Gott weiß wem
herumsaß.
    Vielleicht verband er
tatsächlich nie Sex und Geschäft miteinander, wie er behauptet hatte, aber
Sarah glaubte nicht eine Sekunde lang, daß er seit Barbaras Verschwinden ganz
allein geblieben war. Vielleicht hatte er gar nicht so sehr gelitten, wie er in
den letzten Monaten vorgegeben hatte, als er sich angeblich so sehr danach
sehnte, daß die junge Witwe Kelling endlich aufhören würde, Dingen
nachzutrauern, die sie sowieso nie gehabt hatte.
    Sarah war schließlich nicht
dumm. Inzwischen war ihr ziemlich klar geworden, daß sie immer noch verzweifelt
an etwas festhielt, das es nie gegeben hatte, an einer Ehe, die zwar sieben
Jahre gedauert hatte, aber doch nie eine richtige Ehe gewesen war. Alexander
hatte einfach zu sehr unter den tragischen Ereignissen gelitten, über die er
nie gesprochen hatte, um sich den Dingen zuzuwenden, die bei anderen Menschen
normalerweise eine Ehe ausmachten. Sarah hätte selbst eine Affäre haben können,
dachte sie. Alexander hätte es sicher niemals gemerkt, und wenn doch, hätte er
es ihr sicher nicht übelgenommen.
    Aber sie hatte keine Affäre
gehabt, und mit Max Bittersohn hatte sie ebenfalls nichts derartiges im Sinn.
Von flüchtigen Beziehungen hielt sie nicht viel, und das war es auch nicht, was
Max wollte. Jetzt verstand sie, warum er so darauf drängte, den sogenannten
Bund fürs Leben zu schließen. Oder wenigstens bisher getan hatte, genauer gesagt
bis heute nacht. Gab es überhaupt einen Mann, dessen Leidenschaft einen
derartigen Sommer überstehen konnte, wie er sich abzuzeichnen begann?
    Sarah konnte es Max nicht
verübeln, daß er vor Tante Appie und Bradley Rovedock geflüchtet war. Wenn sie
klug gewesen wäre, wäre ihr sicher eine gute Entschuldigung eingefallen, um mit
ihm zu gehen. Wenn er das überhaupt gewollt hätte. Vielleicht brauchte Max nur
ein wenig Zeit, um allein zu sein und alles zu überdenken. Allerdings stellte
sie sich besser nicht vor, wie seine Gedanken wohl aussahen, sonst tat sie
sicher die ganze Nacht kein Auge zu. Sarah ging zurück ins Haus, räumte die
Küche auf und setzte sich zu Tante Appie und dem Familienalbum.
     
     

Kapitel 5
     
     
     
     
     
     
    L ange, nachdem Tante Appie sich
ins Bett gegähnt hatte, saß Sarah immer noch unten und erledigte die Arbeiten,
die sie vorher nicht hatte machen können, wobei ihr Blick weitaus häufiger zum
Kutscherhaus wanderte, als ihr lieb war. Das Licht

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