Der Spiegel aus Bilbao
Abwaschen in die Spüle. Doch dann besann
sie sich anders, öffnete die Tür und schleuderte die Tasse, so weit sie konnte,
in das hohe Gras.
»So«, sagte sie und hakte die
Tür wieder ein, »wo waren wir stehengeblieben?«
»Wir waren gerade dabei, die
merkwürdigen sozialen Gepflogenheiten der hiesigen Fauna zu analysieren«,
erwiderte Max. »Herr des Himmels, da kommt ja schon der nächste.«
»Miz Alex«, brüllte Pete Lomax
durch die Fliegentür. »Die Tür klemmt.«
»Keinesfalls«, informierte ihn
Sarah. »Die Tür ist verschlossen, denn ich habe gestrichen die Nase voll von
Leuten, die ohne zu klopfen hereinstürmen. Außerdem heiße ich Mrs. Kelling, da
Sie offenbar vergessen haben, wie Sie mich anzureden haben. Wo ist denn Ihr
Onkel?«
»Er mußte rüber nach Ipswich.
Hat gesagt, ich soll herkommen und allein anfangen. Er kommt bald nach.«
Pete sprach unkonzentriert; er
starrte Max an. Sarah hielt es für das Beste, die Situation zu klären.
»Das ist Mr. Bittersohn. Er hat
das Kutscherhaus gemietet und nimmt hier im Haus seine Mahlzeiten ein. Ich
hoffe sehr, daß man uns irgendwann einmal endlich in Ruhe und Frieden essen
läßt. Weshalb sind Sie überhaupt gekommen, Pete?«
Pete hörte ihr nicht einmal zu,
er war viel zu interessiert an Max. »He, ich kenne dich doch! Du hast mal als
Fänger für Saugus High gespielt!«
»Sehr richtig. Und ich habe
immer noch die Narben an meinem linken Bein, wo du mich absichtlich mit deinen
Spikes verletzt hast, als ich dich dabei erwischt habe, wie du versucht hast,
dich auf die Heimbase zu mogeln«, erwiderte Max ohne große Feindseligkeit. »Das
war in dem Jahr, als wir euch neun zu null geputzt haben. Was gibt’s Neues,
Pete?«
»Du hast wahrscheinlich schon
gehört, daß Miss Tergoynes Freundin vor’ge Nacht kaltgemacht worden ist?«
Pete lümmelte sich gegen den
Türpfosten und warf einen flüchtigen Blick auf die Kaffeekanne. Jed Lomax würde
sicher auf der Stelle tot umfallen, wenn er seinen Neffen bei einem gemütlichen
Plausch mit seiner Arbeitgeberin erwischte. Wie verhielt sie sich also am
besten? Sarah entschied sich für die Flucht nach vorn.
»Ihr beide könnt euch von mir
aus gern über die guten alten Zeiten unterhalten, aber ich muß jetzt zurück an
meine Arbeit. Pete, da Sie schon einmal hier sind, könnten Sie das Gras hinter
dem Haus mähen. Ich habe Sie bereits vorige Woche darum gebeten, und die Woche
davor auch schon.«
»Finden Sie nicht, daß es so
eigentlich ganz hübsch aussieht, Miz Kelling?«
Die Art und Weise, wie Pete das
»Miz Kelling« betonte, war. mehr, als Sarah ertragen konnte. »Es ist keineswegs
hübsch, wenn man die Beine voller Zecken hat, sobald man das Haus verläßt.
Sehen Sie zu, daß Sie bis heute mittag fertig sind.«
Wenigstens hatte sie als
Pensionswirtin gelernt, wie man Leute herumkommandierte. Sarah stolzierte aus
der Küche und begab sich nach oben, um die Betten zu machen, und fragte sich,
ob Pete wohl noch etwas anderes als Brutalität beim Baseballspiel auf dem
Kerbholz hatte.
Vielleicht fragte sich Max
gerade genau dasselbe. Wenn dies der Fall sein sollte, standen seine Chancen,
etwas aus Pete Lomax herauszubekommen, bedeutend besser, wenn Sarah nicht in
der Nähe war.
Mit der Vorstellung, daß ein
Lomax etwas tun könnte, das auch nur ansatzweise tadelnswert war, konnte sie
sich allerdings nur schwer anfreunden. Die meisten Familienmitglieder waren
Polizisten, Feuerwehrmänner oder ehrliche Fischer. Es gab einen
Methodistenpfarrer in der Familie und zwei Wachmänner an einem College irgendwo
in der Nähe von Ashby. Ein Enkel hatte ein Stipendium an der Tabor Academy, und
nicht wenige waren Schiffsoffiziere und Chefingenieure in der Handelsmarine.
Aber in jeder großen Familie gab es auch schwarze Schafe, und Pete sah Sarah
ganz wie ein möglicher Kandidat aus.
Vielleicht war es auch völlig
falsch, ihn dafür zu tadeln, daß er seinem Onkel half, statt Häuser
anzustreichen. Es gab hier bestimmt mehr als genug Männer, denen es zweifellos
mehr als recht gewesen wäre, höchstpersönlich die Kunden von Jed zu übernehmen,
wenn er seine alte Schwertfischerkappe zum letzten Mal an den Haken hängte,
falls er das überhaupt jemals tun würde. Obwohl es zwischen Boston und Maine
recht wohlhabende Landstriche gab, waren die Menschen an diesem Teil der
Nordküste im großen und ganzen nicht besonders reich. Außerdem waren einige
angeblich reiche Leute in Wirklichkeit alles andere als betucht,
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