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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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Anstelle von Wandteppichen gab es hier nur nackte Ziegelwände und Gewölbe – und statt Musik hörte sie barsche Rufe. Be i nahe musste sie lächeln, als sie erkannte, wohin der A d lige sie geschickt hatte: zu den K ü chen. Der vertraute Geruch nach Fisch und verbranntem Fett tröstete sie. Sie lehnte sich an eine Tür, lauschte den Geräuschen, dem Klappern und Lachen, den schnellen Schritten und dem Plätschern von Wasser und fühlte sich einen Augenblick lang geborgen. Fast war es so, als würde sie gleich Em i lias Stimme hören, die sie mahnte, an die Arbeit zu g e hen, bevor Greta zurückkam. Elin lächelte. Wenn Kön i gin Kristina ihr keine Arbeit gab, konnte sie bis zum A u dienztag genauso gut selbst nach einer Beschäftigung suchen.
    Aber auch hier unten war sie nicht willkommen. Ihre Gegenwart irritierte die Diener, die Mägde knicksten ve r stört und wichen ihr aus. Elin schlich zur nächsten Tür und spähte vorsichtig in einen Raum. Ein Haufen von Schwanenfedern türmte sich auf dem Tisch. Eine Frau war emsig damit beschäftigt, die Federn auf einem G e flecht aus Eisendraht zu befestigen. Die Frau hatte gra u blondes, feines Haar und trug ein einfaches braunes Kleid. Leise sang sie ein Lied vor sich hin. Elin erkannte es sofort: »Herr Olof och Älvorna« – Herr Olof und die Feen – wie oft hatte Emilia es ihr vorgesungen! Die Frau griff zu einer weiteren Feder. Ihr Lied verstummte.
    »Komm herein oder bleib draußen«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. In ihrer Stimme lag ein Lächeln. Elin machte einen vorsichtigen Schritt ins Zimmer. Auf dem gefliesten Boden schlugen die Absätze ihrer Schuhe laut auf. Zögernd umrundete sie den Tisch und setzte sich auf einen Stuhl. Die Frau tauchte den Kiel einer Schwane n feder in eine Schale mit Harz und fixierte sie anschli e ßend mit einem Bindfaden am Drahtgestell. Ab und zu hob sie den M e tallflügel an und prüfte die andere Seite. Zwischendurch schickte sie einen kurzen Blick aus freundlichen, gra u blauen Augen zu Elin.
    »So«, sagte sie schließlich. »Und nun den anderen Flügel! Möchtest du mir helfen ? «
    »Gerne! Aber so etwas habe ich noch nie gemacht.«
    »Federn nach der Größe sortieren kannst du sicher. Die fingerlangen hierher und die Schwungfedern auf die linke Seite. Nimm den kleinen Korb dort hinten.«
    »Wofür wird dieser Schwan denn gebaut?«
    »Für das Julfest in zwei Wochen. Der Schwan muss anmutig und so echt aussehen, als würde er noch lebe n dig auf dem Silbertablett sitzen. Zwischen die Flügel wird der Schwanenbraten gelegt. Hast du schon mal Schwan gegessen?«
    Elin schüttelte den Kopf.
    »Bis vor kurzem habe ich noch von Rüben und geg o renem Hering gelebt. Und mein Kleid ist auch nicht mein richtiges Kleid. Ich war Scheuermagd.«
    »Was du nicht sagst«, sagte die Frau ungerührt. »Nun, ein Rübengericht wird es zum Wild auch geben. Ich bin Helga Lundell.« Ihr Lächeln wurde ein wenig breiter. »Und ich nehme an, du bist das Mädchen aus Uppsala. Willkommen im Schloss!« Elin hätte am liebsten g e flucht, weil ihr die Schürze fehlte, um sich die Tränen abzuwischen, die ihr plötzlich über die Wangen rannen. In ihrer Verzweiflung zupfte sie das Taschentuch, das Lovisa ihr gegeben hatte, hervor. Zu spät fiel ihr ein, dass das kostbare, mit Fransen versehene Tuch nur zur Zierde in der Hand getragen werden und niemals zum Nasepu t zen gebraucht werden durfte. Helga hielt bestürzt in ihrer Arbeit inne und legte Elin die Hand auf den Arm.
    »Was ist denn los, Mädchen? Geht es dir nicht gut?« Die freundliche Berührung war endgültig zu viel. Elin drückte das Taschentuch gegen die Augen und schluch z te. Ohne es zu wollen, sprudelte alles aus ihr heraus, was ihr auf der Seele lag: Lovisas ständige Schelte, der Spott der Kammerfrauen, das Gefühl, nirgendwo dazuzugeh ö ren, die Sehnsucht nach Emilia und die Demütigung durch diesen alten Adligen. Helga nickte und arbeitete ruhig weiter, bis Elin endlich die Worte und die Tränen ausgingen. Das Taschentuch war hinüber.
    »Du bist Axel Oxenstierna in einem ungünstigen M o ment über den Weg gelaufen«, sagte Helga schließlich. »Aber gräme dich nicht, sei lieber stolz darauf, wie klug du ihm geantwortet hast.« Sie zwinkerte Elin zu. »A n scheinend sind Frau Lovisas Lektionen, über die du dich so beklagst, doch nicht so unnütz gewesen.«
    »Axel Oxenstierna? Der Reichskanzler?«
    »Oh, erschrick nicht. Er ist kein Ungeheuer – er ist nur streng und

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