Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
Vom Netzwerk:
sie.
    »Der Attentäter!«, flüsterte sie ihm zu. »Sucht den Mörder! Er hat an der rechten Hand nur vier Finger!«
     
    Als Elin das nächste Mal die Augen aufschlug, war es nicht mehr Henris Hand, die sie umklammert hielt, so n dern Kristinas. Es musste viel Zeit vergangen sein, denn die Königin sah wieder gesund und kräftig aus.
    »Wir haben ihn, Elin«, sagte sie leise. »Meine Gardi s ten haben ihn noch am selben Tag gefunden. Und seinen Auftraggeber auch. Wie wir vermutet haben, war es ein Adliger aus dem Schloss, der mit meiner Politik nicht einverstanden ist – zumindest gehörte er weder zum Rat, noch saß er im Reichstag.«
    Elin versuchte zu nicken, aber es wollte ihr nicht g e lingen. Die verbundene Wunde an ihrem Rücken pochte dumpf.
    »Er lag am Rand des Reitwegs auf der Lauer. Du hast Glück gehabt, dass Enhörning dich abgeworfen hat. Sonst hätte dich der Pfeil direkt ins Herz getroffen.« Die Königin musste sich über Elin beugen, um ihr Flüstern zu verstehen.
    »Warum … hat er auf mich geschossen ? Hat er mich wieder erkannt?«
    »Nicht dich – mich!«, sagte Kristina. »Er wusste, dass die Königin am Ausritt teilnehmen wollte. Dann sah er eine Dame, die im Männersitz auf einem Streitross reitet – mit Federhut. Er dachte, du wärest ich. Nun, du siehst, dass Soldaten - und Königskinder oft das gleiche Schic k sal teilen.«
    Sie lachte verschmitzt und beugte sich noch weiter zu Elin. »Ab heute sind wir Schwestern! Und wer seine k ö nigliche Schwester mit dem eigenen Leib schützt, hat natürlich einen Wunsch frei.«
    »Den Wunsch hebe ich mir auf, Majestät«, flüsterte Elin.
    »Nicht Majestät«, sagte die Königin. »Wenn wir allein sind, bin ich Kristina.« Mit einem Lächeln setzte sie hi n zu: »Trotzdem wirst du der Strafe für deinen Ungeho r sam nicht entgehen.«
    Suchend sah Elin sich um. Seltsam, die Tür nahm sie nur verschwommen wahr.
    »Monsieur Henri?«, fragte sie. »Kann ich … ihn s e hen? «
    » Später vielleicht. Er lässt dir Grüße bestellen und wünscht dir gute Genesung.«
    Die Wunde entzündete sich. Die Tage wurden zu einer endlosen Abfolge von wirren, schmerzdurchleuchteten Träumen. Die Gesichter an ihrem Bett wechselten wie Tänzer bei einem Menuett: Lovisa, Ebba, Doktor van Wullen und Kristina. Einmal bildete sie sich sogar ein, Madame Joulain und die Gräfin zu sehen. Manchmal, wenn Elin die Augen aufschlug, war es Tag, einen Wi m pernschlag später Nacht und die Frau mit dem weißblo n den Haar beugte sich über ihr Bett. Die leeren Augen eines Totenkopfs sahen Elin an – doch sie war zu schwach, um zu schreien. Sorgsame Hände wischten ihr mit nach Lavendel duftenden Tüchern den Fieberschweiß ab. Immer wieder sah sie Henri – den anderen Henri. In ihren Träumen war er nicht hochmütig, sondern strich ihr sanft über die Wange. »Keine Angst, Mademoiselle«, flüsterte er.
    »Mademoiselle Schneefee!« Die Stimme gehörte nicht Emilia. Aber Emilia war es, die neben ihr lag, nach Luft schnappend und die Hand auf ihr Herz gelegt. Doch als Elin nach ihrem Arm tastete, um sie zu trösten, fühlte sich ihre Haut kalt und rau wie ein klammes Laken an. Mühsam kämpfte sich Elin ins Bewusstsein zurück und blinzelte benommen ins Tageslicht. Die Gleichgültigkeit, die wie eine Decke aus Ziegelsteinen auf ihr gelastet ha t te, war von ihr gewichen. Sie schlug die Augen auf, doch statt Henri, den sie erwartet hatte, saß Hampus an ihrem Bett. Der Student schenkte ihr ein strahlendes Lächeln.
    »Guten Morgen! Du bist es ja doch. Ohne einen Eimer in der Hand hätte ich dich beinahe nicht erkannt. Muss ich jetzt › Sie ‹ zu dir sagen ? «
    »Hampus«, flüsterte sie. »Was machst du im Schla f gemach einer Frau?«
    »Studieren. Bei Doktor van Wullen. Aber auch wenn er mich nicht an dein Bett gelassen hätte, wäre ich hier – meine Tante, Helga, hat mir alles Mögliche angedroht, wenn wir dich nicht wieder gesund machen. Spürst du deinen Arm? Versuche ihn zu heben, geht es ? «
    Es tat weh, den Arm zu bewegen und der Ellenbogen war steif, aber Elin nickte matt.
    »Ich muss aufstehen«, flüsterte sie. »Emilia … Sie stirbt! Ich muss …«
    »Langsam, Elin. Du musst gar nichts.«
    »Hampus – du musst mi r helfen! Wenn du wieder in Upp sala bist, geh bitte zu Emilia!«
    »Ach, du meinst diese finnische Magd mit den roten Haaren? Als ich vor zehn Tagen aus Uppsala abgereist bin, habe ich Sie am Hof brunnen gesehen. Sie sah nicht so aus, als würde

Weitere Kostenlose Bücher