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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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mehr?« Kristina sah ihn lange an. Sie war so viel kleiner als der massige Mann, dass sie zu ihm hochschauen musste. Einen Augenblick wünschte sich Elin, sie würde Karl Gustav zulächeln und ihm die Hand reichen. Doch die Königin trat einen Schritt zurück.
    »Ich achte dich sehr, Karl«, sagte sie mit belegter Stimme. »Du bist mir ebenso teuer wie Belle oder Ma g nus …«
    »Es ist also Magnus!«, brauste er auf. »Es stimmt also, was man sich hinter vorgehaltener Hand erzählt! Er ist dein Günstling! Seit Monaten muss ich mit ansehen, wie du ihn mit Ehren überschüttest.«
    »In erster Linie ist er verheiratet«, antwortete sie ihm. »Aber bevor du andere der Untreue beschuldigst, solltest du d ir überlegen, was eine Liebe schneller abzukühlen vermag: ein Günstling oder ein im Feld gezeugter Ba s tard.«
    Bei diesem Wort zuckte Elin zusammen.
    »Also das verzeihst du mir nicht«, sagte Karl Gustav gekränkt. »Urteile nicht leichtfertig über mich und meine Treue, Kristina. Dieses Wort bedeutet im Frieden das eine, im Krieg dagegen etwas ganz anderes. Du hast nie ein Schlachtfeld mit eigenen Augen gesehen. Für dich finden die Kämpfe nur auf dem Papier statt. Abstrakte Flecken auf Landkarten, ein paar diktierte Anweisungen für die Unterhändler zwischen Ausritten und Balletten.« Unversehens war er laut geworden. Kristina senkte den Kopf und seufzte.
    »Ich kann dir nicht einmal widersprechen, Karl. Ve r zeih mir, wenn ich dich beleidigt habe. Der wahre Grund liegt nicht bei dir – ich habe einfach eine Abneigung g e gen die Ehe, die so stark ist, dass ich nicht weiß, ob ich sie je überwinden werde.« Sie richtete sich auf, was sie nicht viel größer aussehen ließ, und reckte das Kinn nach oben. »Jedenfalls wird mein endgültiger Entschluss bis zu meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag und meiner offiziellen Krönung feststehen. Bis dahin bitte ich dich, Schweigen über unsere Unterredung zu wahren. Aber auch jetzt weiß ich: Ich werde nur heiraten, wenn es aus politischen Gründen keine andere Möglichkeit gibt. Ich bitte dich als Freundin, die ich immer noch für dich bin und immer sein werde, Karl: Nimm die Stelle des Gen e ralissimus an.«
    Die Pause, die darauf folgte, verursachte Elin Übe l keit, so viel Angst hatte sie. Doch Karl Gustav war kein unbesonnener Kämpfer, er machte nicht den Fehler, se i nen Zorn zu zeigen.
    »Freundin«, sagte er nur bitter. »Wenn du mich nicht zum Mann nehmen willst, will ich weder dein Nachfo l ger sein noch dein Generalissimus. Vergiss nicht, Cous i ne – ich bin ein Wittelsbacher. Wir lassen uns eine so l che Behandlung nicht bieten.« Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und schritt aus dem Raum. Hi n ter ihm fiel die Tür so laut ins Schloss, dass Kristina und Elin zusammenzuckten. Lange Zeit sagte keine von be i den ein Wort. Erst als Elin einen unterdrückten Laut hö r te, drehte sie sich um. Ihre Finger waren taub geworden, so fest hatte sie die ganze Zeit die kleine Klinge u m klammert, mit der sie den Federkiel geschärft hatte. Die Königin starrte aus dem Fenster. Ihre Augen glänzten.
    »Kristina«, sagte Elin sanft. Die Königin schüttelte heftig den Kopf und hob abwehrend die Hand.
    »Lass mich«, sagte sie mit brüchiger Stimme. Sie wandte ihr blasses Gesicht Elin zu. »Was siehst du mich so an? Erscheint es dir denn so erstrebenswert zu heir a ten ? «
    »Ich … weiß nicht.« Gudmunds Hof war wieder da und mit ihm die aufdringlichen Knechte und der lüsterne Blick des alten Gudmund, der nach den Mägden schielte. Und da war auch die Erinnerung an Gudmunds Tochter Madda, die bei der Geburt ihres ersten Kindes unter Schmerzen und Schreien beinahe gestorben wäre.
    »Es braucht mehr Mut, sich zu verheiraten, als in eine Schlacht zu ziehen«, sagte Kristina leise. »Was erwartet eine Frau schon in der Ehe ? «
    »Schmerzhafte Geburten und der Tod im Kindbett«, sagte Elin.
    Kristina nickte.
    »Und vergiss nicht die prügelnden, betrunkenen Mä n ner. Wenn man die Wahl hat, frei zu sein und frei zu bleiben, warum sollte man sie nicht treffen ? « Nach einer Pause fuhr sie noch leiser fort: »Unsere katholischen Freundinnen haben es da besser. Sie können ins Kloster gehen, wenn sie nicht heiraten wollen.«
    »Andererseits muss nicht jede Ehe unglücklich sein«, wandte Elin ein. »Emilia und Elias waren glücklich.«
    Kristina fuhr herum wie eine Schlange.
    »Es steht niemandem zu, mich zu bedrängen!«, schrie sie plötzlich.

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