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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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überragte.
    »Mademoiselle Elin?«, rief Chanut aus dem Arbeit s raum.
    Elin räusperte sich.
    »Ja, ich bin hier. Ich … komme schon …«
    »Ah, ich habe also richtig gehört«, tönte Chanuts Stimme durch den Flur. »Wer sonst würde die Treppe hochpoltern wie die Kavallerie.« Elin rührte sich nicht und auch Henri wirkte wie erstarrt. Erst nach einer Weile sank ihre Hand mit dem Brief nach unten. Stumm sta n den sie sich gegenüber. Elin spürte das Klopfen ihres Herzens bis in die Kehle. Langsam, ganz langsam erah n te sie ein Lächeln auf Henris Gesicht.
    »Ihr Französisch hat sich verbessert, Mademoiselle«, sagte er leise.
    »Ihres auch«, erwiderte sie prompt. »Zumindest, was Ihre Wortwahl mir gegenüber betrifft.«
    Es hatte kein Tadel sein sollen, eher ein unbeholfener Scherz. Zu ihrer Überraschung reagierte Henri nicht g e kränkt, sondern zog spöttisch einen Mundwinkel hoch.
    »Gut, dass Sie mich daran erinnern! Ihre Rübenkrone habe ich noch im Gepäck.« Sein Lächeln wurde breiter. »Ich freue mich sehr, Sie gesund zu sehen.«
    »Ich freue mich ebenfalls, Monsieur de Vaincourt«, antwortete sie. Die Nennung seines Namens vertrieb das Lächeln aus seinem Gesicht.
    »Haben Sie … meine Sendung erhalten?« Verdammt! Wie konnte sie so unhöflich sein und sich nicht für das Zaumzeug bedanken!
    »Ja«, murmelte sie.
    »Dann ist Ihr Dankesbrief wohl auf dem Weg nach Deutschland verloren gegangen.« Da war er wieder, der überhebliche Tonfall. Vor ihr stand Henri de Vaincourt, der Adlige, und Elin wusste beim besten Willen nicht, womit sie ihn gekränkt hatte. In diesem Augenblick stel l te sie fest, wie mühelos ein alter Hass aufbrechen konnte. Es war einfacher, ihm feindlich gesinnt zu sein, als sich um ein neues Lächeln zu bemühen.
    »Ich wüsste nicht, wofür ich Ihnen zu danken hätte«, erwiderte sie kühl. »Ich hoffe, der scharfe Zaum fehlt Ihnen nicht. Sie scheinen ja ein Talent dafür zu haben, tief vom hohen Ross zu fallen.«
    Der Blick des Franzosen wurde noch finsterer.
    »Offenbar sind Sie bestens über mein Unglück info r miert. Vielen Dank, dass Sie mich so höhnisch daran e r innern, ein Krüppel zu sein«, sagte er. »Entschuldigen Sie mich.« Er zupfte an seinem weinbefleckten Ärmel und ging an ihr vorbei. Das heißt, er ging nicht, er ve r suchte zu gehen und dabei zu verbergen, dass sein rec h tes Bein steif und ungelenk war.
    Elin biss sich auf die Lippe. Es kam ihr vor, als hätte Henri ihr den Wein mitten ins Gesicht geschüttet.
    »Ah, ich sehe, die jungen Leute haben sich schon g e troffen«, erklang Chanuts muntere Stimme. Der Bo t schafter stand mit verschränkten Armen in der Tür, um seine Augen bildete sich ein Netz von Lachfältchen.
    »Henri! Wollen Sie sich nicht mit Mademoiselle Elin in mein Kabinett setzen und ein wenig plaudern ? «
    »Bedaure«, erwiderte Henri. »Ich habe noch zu tun. Ein andermal gerne.«
    Er nickte kurz und verschwand in ein anderes Zimmer. Betreten sah Elin ihm nach. Als hätte das Wortgefecht alte Wunden wieder aufgerissen, schmerzte plötzlich ihre Narbe am Rücken.
    »Verzeihen Sie ihm, Mademoiselle«, sagte der Bo t schafter. »Er ist erst heute angekommen und noch müde von der Reise. Was haben Sie für mich? Einen Brief?«
    »Für Monsieur Descartes«, sagte sie schnell. »Königin Kristina bittet Sie, ihn der Korrespondenz beizulegen.«
    »Gut, gut. Das werde ich gerne tun. Kommen Sie doch herein, dann gebe ich Ihnen noch einige Dinge für die Königin mit.«
    Zögernd betrat Elin das Schreibzimmer des Botscha f ters, das voll gestopft war mit Schriften und Büchern. Chanut tauchte unter den Schreibtisch und wühlte in e i ner Schublade. »Bleibt Monsieur de Vaincourt lange in Stockholm?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Solange er möchte«, tönte Chanuts Stimme dumpf hinter dem Möbelstück hervor. »Wir kennen seine Pläne noch nicht. Er hat uns gewissermaßen überrascht. Aber natürlich ist er als Freund der Familie jederzeit willko m men. Ah, hier ist es.« Mit rotem Gesicht tauchte er wi e der auf und reichte Elin ein dünnes Buch. »Mit Dank z u rück an die Königin. Wissen Sie, Henri hat eine schwere Zeit hinter sich, und kaum vom Schlachtfeld heimg e kehrt, fand er sich in Erbschaftsstreitigkeiten verwickelt. Es ist keine schlechte Wahl für ihn, eine Reise zu m a chen.«
    »Was ist ihm zugestoßen ? «
    »Oh, das wissen Sie nicht? Graf de Vaincourt hat ihn als Kadett mitgenommen, befahl ihm dann aber in der Schlacht,

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