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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Ausgang zumachte.
    »Nein?« Ihre Stimme war zu einem eisigen Schmeicheln geworden. »Wie bedauerlich, dass die Wölfinnen ihre Jungen nie wieder sehen werden.«
    Jetzt wandte er sich doch um. Die Zeltwände überzogen sich schlagartig mit schimmerndem Eis. Der Wein in den Kelchen und Karaffen war von einem Atemzug auf den anderen gefroren. Schweigend blickte er sie an. Der Boden unter seinen Füßen schwankte erneut.
    Für den Bruchteil eines Moments schien sie zu zögern, doch dann erschien ein Lächeln auf ihren Lippen. »Ich sehe, wir verstehen uns.« Sie nickte ihren Wachen zu. »Begleitet den Prinzen in mein Zelt.«

    Gaeth bewegte sich wie ein Schatten zwischen den Kriegern. Sie hatten das Heerlager kurz nach dem Morgengrauen erreicht und den Faun – wie ihr Befehl es besagte – den Centauren-Wachen der Eiskönigin übergeben. Doch dann hatte er die anderen wieder in die Wälder zurückgeschickt. Lyjadis’ Diener gierten nach Blut. Dabei war es ihnen gleichgültig, ob es das eines
Kriegers des Lords des Feuers war oder das eines Firnwolfes. Gaeths Mund verzog sich bitter. Eisdryaden oder Centauren; er und die anderen Wölfe waren für sie nicht mehr als Sklaven, und ihr Leben demnach wertlos. Aber wenn er es vermeiden konnte, würde er nicht zulassen, dass ein Rudelmitglied in Gefahr geriet. Es war schon schlimm genug, dass Königin Lyjadis die Welpen wieder einmal als Druckmittel gegen seinen Herrn benutzte.
    Er wich einem Faunkrieger aus und strich aufmerksam zwischen den Zelten hindurch. Den Mantel hatte er eng um sich geschlungen, die Kapuze tief in die Stirn gezogen, so als sei er einer jener Männer, die in der Nacht Wache gehalten hatten und jetzt auf der Suche nach einem Plätzchen zum Ausruhen waren, ehe er mit seinen Kameraden in die offenbar unvermeidliche Schlacht zog.
    Das Zelt der Eiskönigin ragte als prächtiger weißer Pavillon zwischen den anderen in die Höhe. Er verlangsamte seine Schritte, ein wachsamer Blick, dann glitt er zwischen den Pelzen hindurch, die den Eingang verschlossen, und verharrte regungslos lauschend, ob nicht doch jemand sein Tun bemerkt hatte. Schon vor einiger Zeit hatte er beobachtete, wie Königin Lyjadis in dem Zelt verschwunden war, in das die Centauren den Faun Jornas gebracht hatten.
    Seine Frage nach seinem Herrn war von einigen Eisdryaden mit Gelächter, eindeutigen Gesten und einem grinsenden »Erholt sich noch von seinen Pflichten im Bett der Königin« beantwortet worden. Es hatte ihn seine ganze Selbstbeherrschung gekostet, seinem Zorn nicht nachzugeben und den Kerlen die Kehle herauszureißen. Feige Brut, die sie waren, wagten sie es, vor ihm in diesem Ton über den Eisprinzen zu reden. Vor seinem Herrn selbst jedoch zitterten sie.
    Als auch nach mehreren Momenten draußen keine empörten Rufe erklangen, durchquerte er den mit Wandteppichen und Fellen geschmückten Vorraum. Er hob den mit glitzernden
Kristallen bestickten Vorhang beiseite und betrat den Teil, der der Königin als Schlafgemach diente. Schimmernde Mondsteine und Diamanten, gleißendes Silber und weiße Pelze stellten alles an Prunk in den Schatten, was er jemals gesehen hatte. Sein Magen hob sich, als er das Fell bemerkte, das auf dem Boden lag. Offenbar hatte die Eiskönigin verhindert, dass Sive in dem Augenblick, in dem sie in die Zweite Welt gegangen war, wieder zu dem wurde, was sie einst gewesen war: ein Mensch. Wie zum Hohn waren rauchig gelbe Bernsteine anstelle der Augen in den Wolfsschädel eingesetzt worden. Er schluckte den bitteren Geschmack der Galle runter, trat über das Fell hinweg und näherte sich wachsam dem breiten Bett, das von Pfosten aus kunstvoll gedrehtem Eis getragen wurde. Einen Atemzug zögerte er, blickte auf seinen Herrn hinab, der reglos quer darüber lag, das Gesicht in den weichen Pelzen, das Haar zu einem schwarzen Wust zerzaust. Für jeden anderen wäre der Anblick ein überdeutlicher Beweis dafür gewesen, dass die Gerüchte stimmten und der Sohn das Bett der Mutter wärmte. Gaeth glaubte es nicht, auch wenn Morgwen ihm niemals anvertraut hatte, was sich in jenen Nächten zwischen ihm und der Eiskönigin in deren Gemächern abspielte.
    »Morgwen?« Er beugte sich über ihn, berührte ihn an der Schulter. Als er keine Antwort erhielt, drehte er den Eisprinzen auf den Rücken. Mit einem Keuchen fuhr er zurück. Ein paar Mal hatte er sich den Befehlen widersetzt und war seinem Herrn in Lyjadis’ Palast gefolgt, wenn die Centauren-Wachen ihn wieder einmal

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