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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Haferbrei aufgegessen hat und tatsächlich ganz satt ist.« Morgwen schob dem Jungen die Schüssel hin und steckte den Löffel in den Brei. »Ich wette, da sind mindestens drei große Kleckse Honig drin.« Mehr musste er nicht sagen. Der Kleine nahm den Löffel in seine Faust und machte sich über sein Essen her. Einen Moment sah Morgwen ihm dabei zu, dann fuhr er dem Kind mit der Hand übers Haar, stand auf und warf sich in der gleichen Bewegung seinen Mantel über die Schultern.
    Als er sich zur Tür wandte, hielt Cassim ihn auf. »Wohin gehst du?«
    Er zögerte, schüttelte den Umhang zurecht, ehe er antwortete. »Ich will versuchen, Ernan und seine Männer zu finden.«
    »Das ist verrückt! Wie willst du sie finden? Der Sturm hat bestimmt jede Spur verweht. Und in ein paar Stunden wird es schon wieder dunkel.«
    »Ich weiß. Aber versuchen muss ich es zumindest, meinst du nicht auch? – Ich werde bei Einbruch der Dunkelheit nicht zurückkommen. Mach dir also keine Sorgen.« Sein Blick wandte sich noch einmal der Frau und dem Jungen zu. »Würdest du dafür sorgen, dass sie und der Kleine ordentliche Kleider
und Schuhe bekommen, Flammenkatze. – Und komm nicht wieder auf den Gedanken, deine Kette versetzen zu wollen. In meinem Beutel ist genug Korn. Kaylen hat mir die gleiche Wiedergutmachung gezahlt wie allen anderen auch. Nimm, was du brauchst.«
    Cassim sah ebenfalls zu den beiden hinüber und begegnete dem schüchternen Blick der jungen Frau. »Woher kennst du sie?« Sie sprach nur gedämpft.
    »Ich kenne Ailis’ Mann, Kavan. Und ich werde nicht zulassen, dass seine Frau und sein Sohn als Bettler in die Kälte hinausgejagt werden. – Wirst du tun, worum ich dich gebeten habe?«
    Nickend schaute sie ihn an. »Ich rede mit der Gattin des Wirtes. Sie wird wissen, wer mir die Sachen verkauft.«
    »Ich danke dir!« Morgwens Hand streifte für kaum mehr als einen Atemzug ihre, dann verließ er das Gasthaus. Einen Moment hing Cassims Blick noch an der Tür, dann drehte sie sich um – und entdeckte, dass auch die Frau ihm nachsah. Wieder begegneten sich ihre Blicke. Ailis’ Augen waren sanft und von einem samtigen Graubraun. Sie schlug sie nieder, als Cassim an den Tisch trat und sich setzte.
    »Ich bin keine Gefahr für Euch, Herrin.« Die Worte schienen für ihre Hände bestimmt, die Ailis fest um die Tischkante klammerte. »Ich bin Eurem Gemahl dankbar, aber ich liebe meinen Mann. – Ich will keinen Platz in seinem Bett.«
    Erschrocken sah Cassim die andere an, dann schüttelte sie den Kopf. »Morgwen ist nicht mein Gemahl. Ich … Ich habe nicht das Recht, ihm zu sagen, wen er in sein Bett nehmen darf.«
    Ailis hob den Blick und schaute sie einen langen Moment an, ehe sie nickte. »Ich verstehe.«
    Es war Cassim, die dieses Mal die Augen senkte und dabei hoffte, dass ihre Wangen nicht zu sehr brannten.

    Stumm betrachtete Ailis das Gesicht ihres Sohnes. Noch im Schlaf hielt er ihre Hand umklammert, während er mit der anderen Wuffel an sich drückte. Sie beugte sich vor und strich ihm eine wirre Locke aus der Stirn.
    Lunn hatte das gleiche dunkle Haar wie sein Vater. Auch die Augen hatte er von ihm geerbt. Doch das Lachen, das früher in ihnen gestanden hatte, war erloschen. Zärtlich streichelte sie seine Finger, während ihr Blick durch die enge Kammer glitt. In der kleinen Feuerstelle prasselten Flammen und hielten die Kälte fern. Sie wusste nicht mehr, wann ihr zum letzten Mal wirklich warm gewesen war; wann ihr Sohn sich nicht hungrig in den Schlaf geweint hatte. Seit die Diener der Eiskönigin Kavan aus ihrem Bett gezerrt, davongeschleppt und ihren Hof zur Abschreckung anderer Aufrührer zerstört hatten, war ihr nichts geblieben. Nichts außer der Hoffnung, vielleicht herauszufinden, was aus ihrem Gemahl geworden war. Doch bisher war keiner zurückgekommen, den die Eiskönigin hatte verhaften lassen. Niemand wusste, ob die Männer und Frauen, die fortgeschleppt worden waren, noch irgendwo am Leben waren oder ob man sie ermordet hatte. In ihrer Grausamkeit gestattete die Eiskönigin ihnen noch nicht einmal das Wissen um Leben und Tod ihrer Lieben, geschweige denn, um sie trauern zu können. Ihre Hoffnung, ihre Suche könnte erfolgreich sein und sie würde Kavan irgendwann wiedersehen, schwand mit jedem Tag.
    Sie hatte Lunn und sich durch niedere Arbeiten und Betteln ernährt – es hatte gewöhnlich noch nicht einmal dazu gereicht, ihr Kind satt zu bekommen. Und jetzt … Ihre Finger strichen über

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