Der Spieler (German Edition)
schlängelte sich Lidia zwischen den Gästen hindurch, in deren schriller Farbpracht sie mit ihrer blassen Haut und dem durchsichtigen Kleid kaum auffiel. Einige der Anwesenden musterten dieses seltsame Mädchen, das sich einen Weg durch ihre Feierlichkeit bahnte, neugierig. Aber sie verloren schnell wieder das Interesse. Denn Lidia war nur eine unter den zahlreichen Kreaturen Belaris – faszinierend anzusehen, aber letztlich ohne Bedeutung. Ihre Aufmerksamkeit kehrte immer schnell zu den wichtigeren Ritualen aus Klatsch und Tratsch zurück. Lidia lächelte. Bald schon, dachte sie, werdet ihr mich bemerken. Dann blieb sie an der Wand neben einem mit Fingersandwiches, kleinen Fleischhäppchen und Tellern voller Erdbeeren überladenen Tisch stehen.
Lidia suchte die Menge ab. Ihre Schwester war auch da, am anderen Ende des Raums, und sie trug genau das gleiche durchsichtige Kleid wie sie. Belari war von anderen Lehnsherren und Größen aus der Medienbranche umringt. Ihre grüne Robe hob ihre ebenfalls grünen Augen hervor; sie lächelte – offenbar fühlte sie sich auch ohne die Panzerweste wohl, die sie in letzter Zeit beständig getragen hatte.
Vernon Weir schlich sich von hinten an Belari heran und strich über ihre Schulter. Lidia bemerkte, wie Belari erschauerte und versuchte, sich zusammenzureißen. Sie fragte sich, wie ihm das entgehen konnte. Vielleicht gehörte er aber auch zu denjenigen Menschen, die es genossen, in anderen Widerwillen hervorzurufen. Dann schenkte Belari ihm ein Lächeln, wieder ganz Herrin ihrer Gefühle.
Lidia nahm sich einen der auf kleinen Tellern angerichteten Fleischhappen. Er war mit Himbeeressenz beträufelt und schmeckte leicht süßlich. Belari hatte eine Vorliebe für Süßes, wie die Erdbeeren, die sie gerade am anderen Ende der Tafel gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Pendant Entertainment kostete. Die Naschsucht war eine weitere Nebenwirkung von Tingle.
Als Belari Lidia entdeckte, führte sie Vernon Weir zu ihr. »Schmeckt dir das Fleisch?«, fragte sie mit einem schwachen Lächeln.
Lidia nickte und aß bedächtig auf.
Belaris Lächeln wurde breiter. »Das überrascht mich nicht. Du hast einen guten Geschmack, was hochwertige Zutaten angeht.« Ihr Gesicht war vom Tingle stark gerötet. Lidia war froh, dass sie unter Menschen waren. Wenn Belari es mit der Droge übertrieb, bekam sie Gelüste und wurde unberechenbar. Einmal hatte sie Erdbeeren auf Nias Haut zerdrückt, bis ihr Körper ganz rot vom Saft gewesen war, und dann hatte sie, durch die Überdosis in einen erotischen Rausch versetzt, verlangt, dass Lidia Nia ableckte und umgekehrt, während sie dabei zugeschaut und sich an der Dekadenz der Vorführung geweidet hatte.
Belari wählte eine Erdbeere aus und bot sie Lidia an. »Hier. Nimm eine, aber mach keine Flecken. Ich möchte, dass du vollkommen bist.« Ihre Augen funkelten erregt. Lidia schüttelte die Erinnerung ab und nahm die Beere entgegen.
Vernon betrachtete Lidia prüfend. »Gehört sie dir?«
Belari lächelte ihn zärtlich an. »Eines meiner Flötenmädchen.«
Vernon kniete sich hin, um Lidia genauer betrachten zu können. »Was für außergewöhnliche Augen du hast.«
Schüchtern senkte Lidia den Kopf.
»Ich habe sie ersetzen lassen«, sagte Belari.
»Ersetzen?« Vernon blickte zu ihr auf. »Nicht verändern?«
Belari lächelte. »Wir wissen doch beide, dass etwas derartig Schönes nicht künstlich herzustellen ist.« Dann strich sie Lidia zufrieden lächelnd über das hellblonde Haar und betrachtete ihre Schöpfung. »Als ich sie bekam, hatte sie wunderschöne blaue Augen. Wie die Blumen, die im Sommer hier in den Bergen blühen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe sie ersetzen lassen. Sie waren schön, entsprachen aber nicht meiner Vorstellung.«
Vernon stand wieder auf.
»Bemerkenswert. Aber so schön wie du ist sie nicht.«
Belari lächelte verbittert. »Willst du mich deswegen zu TouchSense geben?«
Vernon zuckte mit den Achseln. »Das ist ein neuer Markt, Belari. Dort könntest du ein Star werden.«
»Ich bin bereits ein Star.«
Vernon lächelte. »Aber Revitia ist teuer.«
»Darauf läuft es bei uns doch immer wieder hinaus, nicht wahr, Vernon?«
Er warf ihr einen strengen Blick zu. »Ich will mich nicht mit dir streiten, Belari. Für uns warst du einfach wunderbar. Deine Rekonstruktion ist jeden Cent wert gewesen. Eine bessere Schauspielerin als dich habe ich noch nie gesehen. Aber wir sprechen hier immerhin von Pendant. Und
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