Der Spieler (German Edition)
hellgrünen Minzblättern verziert waren.
Belari lächelte. »O ja, selbst er. Weißt du, als Michael und Renée dabei waren, alles vorzubereiten, um ihn zu kochen, da hat er mich angeschaut und ›Danke‹ gesagt.« Sie zuckte mit den Achseln. »Er hat versucht, mich umzubringen, und dennoch war er immer so sehr darum bemüht, alles richtig zu machen. Ganz zum Schluss hat er mir noch gesagt, es täte ihm leid, und die besten Jahre seines Lebens seien diejenigen gewesen, in denen er mir gedient habe.« Theatralisch wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Ich weiß auch nicht, wie es kommen konnte, dass er mich so sehr liebte und gleichzeitig meinen Tod wünschte.« Sie wandte den Blick von Vernon ab und betrachtete die anderen Gäste. »Deswegen dachte ich auch, besser ich serviere ihn, anstatt ihn nur als Warnung überwachen zu lassen. Auch wenn er ein Verräter war, haben wir einander doch geliebt.«
Vernon hob verständnisvoll die Schultern. »Viele Menschen haben etwas gegen die Lehensstruktur. Obwohl man ihnen sagt, dass man für weitaus mehr Sicherheit sorgt, als es sie vorher gegeben hat, protestieren sie dagegen, und« – er warf Belari einen vielsagenden Blick zu – »manchmal sogar mehr als das.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Nun, meine Untertanen protestieren keineswegs. Jedenfalls von Stephen abgesehen. Sie lieben mich.«
Vernon lächelte. »So wie wir alle. Immerhin, ihn so zu servieren, gekühlt.« Er nahm einen der Teller vom Tisch. »Dein Geschmack ist einfach tadellos.«
Lidias Gesicht erstarrte, während sie der Unterhaltung folgte. Sie besah sich die fein geschnittenen Fleischhäppchen und beobachtete, wie Vernon sich einen Bissen davon in den Mund schob. Ihr drehte sich der Magen um. Allein ihrer Ausbildung war es zu verdanken, dass sie weiterhin ruhig dastehen konnte. Vernon und Belari unterhielten sich weiter, aber Lidia konnte nur noch daran denken, dass sie ihren Freund gegessen hatte – ihren Freund, der immer so nett zu ihr gewesen war.
Langsam breitete sich die Wut in ihrem porösen Körper aus, erfüllte ihn mit rebellischen Absichten. Zu gerne hätte sie ihre Gönnerin angegriffen, musste ihren Zorn jedoch ohnmächtig ertragen. Sie war zu schwach, um Belari verletzen zu können. Ihre Knochen waren zu zerbrechlich, ihre Gestalt zu zart. Belari war ihr körperlich in jeder Hinsicht überlegen. So stand Lidia also vor Wut bebend da und lauschte Stephens Stimme in ihrem Innern, die ihr eine tröstliche Einsicht offenbarte. Sie konnte Belari besiegen. Bei diesem Gedanken errötete Lidias blasse Haut vor Freude.
Als hätte Belari das gespürt, schaute sie auf sie hinab. »Lidia, zieh dir etwas an und komm dann wieder zurück. Bevor wir euch der Öffentlichkeit präsentieren, möchte ich dich und deine Schwester allen hier vorstellen.«
Lidia schlich sich zu ihrem Geheimversteck. Die kleine Phiole würde immer noch da sein, falls Burson sie nicht inzwischen gefunden hatte. Bei der Vorstellung, dass die Phiole verschwunden sein, dass Stephens letztes Geschenk von diesem Ungeheuer zerstört worden sein könnte, begann ihr Herz wie wild zu pochen. Durch schummrige Dienstbotengänge gelangte sie in die Küchenräume, und die Angst folgte ihr dabei mit jedem Schritt.
In der Küche herrschte geschäftiges Treiben – das Personal bereitete frische Tabletts für die Gäste vor. Lidia wurde übel. Sie fragte sich, ob Stephens sterbliche Überreste noch auf weiteren von diesen Tellern lagen.
Inmitten des Durcheinanders drückte sie sich wie ein geisterhaftes herrenloses Tier an der Wand entlang, vorbei an den Herdfeuern und den prasselnden Öfen. Niemand beachtete sie. Sie waren viel zu beschäftigt damit, auf Belaris Geheiß hin zu schuften, ohne Gewissen oder einen weiteren Gedanken: Sklaven, wahrlich. Gehorsam war alles, worauf es Belari ankam.
Lidia lächelte grimmig in sich hinein. Wenn Belari Gehorsam so sehr liebte, dann würde sie ihr nur zu gerne zeigen, was richtiger Verrat bedeutete. Sie würde auf dem Boden zusammenbrechen, inmitten der Gästeschar ihrer Herrin, und Belari den großen Auftritt verderben, ihre Herrin beschämen und ihre Hoffnungen auf Unabhängigkeit zunichtemachen.
Als Lidia durch den Torbogen der Speisekammer trat, war dort alles ruhig. Die Dienstboten waren mit dem Auftragen der Speisen beschäftigt, rannten wie Hunde hin und her, um Belaris Brut zu füttern. Lidia ging zwischen den Vorräten hindurch, an Ölfässern, mit Zwiebeln
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