Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spieler (German Edition)

Der Spieler (German Edition)

Titel: Der Spieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Pacigalupi
Vom Netzwerk:
gefüllten Säcken und den großen summenden Kühlschränken vorbei, in deren Stahlbäuchen riesige Rinderhälften lagerten. Dann kam sie zu den großen, hohen Regalen am Ende der Kammer und kletterte an Gläsern mit eingelegten Pfirsichen, Tomaten und Oliven entlang bis zu den ganz oben gelagerten Hülsenfrüchten. Schob eines der Einmachgläser beiseite und griff dahinter.
    Während sie in dem engen Versteck umhertastete, glaubte sie für einen Augenblick, der Flakon wäre fort, aber dann schlossen sich ihre Finger um die winzige mundgeblasene Glasflasche.
    Beim Hinunterklettern achtete sie darauf, sich bloß keinen Knochen zu brechen, und musste über sich selber lachen, denn das spielte jetzt nun wirklich keine Rolle mehr. Dann eilte sie, wild entschlossen, sich selbst auszulöschen, durch die Küche an den fleißigen, gehorsamen Bediensteten vorbei und wieder durch die Dienstbotengänge zurück.
    Während sie die unterirdischen Flure entlanghuschte, lächelte sie vor Freude darüber, dass sie sich nie wieder im Halbdunkel würde davonstehlen müssen, um den Blicken der Adligen zu entgehen. Sie hielt die Freiheit in den Händen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren lenkte sie die Geschicke ihres Lebens selbst.
    Burson stürzte aus dem Schatten auf sie zu, und seine Färbung wechselte unvermittelt von Schwarz zu Hautfarben. Er packte sie und hielt sie fest umklammert. Lidias Körper schien unter dem plötzlichen Druck beinahe zu zerbrechen. Sie schnappte nach Luft, und ihre Gelenke ächzten. Burson schloss eine große Faust um Lidias Hand. Dann hob er ihr Kinn an und lieferte ihre schwarzen Augen so dem fragenden Blick seiner rotgeränderten Pupillen aus. »Wo willst du hin?«
    Bei seiner Größe konnte man den Fehler begehen, ihn für beschränkt zu halten, dachte Lidia. Seine leise tiefe Stimme. Der animalische Blick aus großen Augen. Aber er war viel wachsamer als Belari. Zitternd verfluchte Lidia sich für ihre eigene Dummheit. Burson betrachtete sie prüfend, und seine Nasenlöcher flatterten, als er den Geruch der Angst bemerkte. Dann fiel sein Blick auf ihre leicht gerötete Haut. »Wo willst du hin?«, wiederholte er seine Frage. Diesmal mit warnendem Unterton.
    »Zurück zur Party«, flüsterte Lidia.
    »Wo bist du gewesen?«
    Lidia versuchte mit den Achseln zu zucken. »Nirgendwo. Mich umziehen.«
    »Nia ist schon dort. Du bist spät dran. Belari hat sich schon Gedanken gemacht.«
    Lidia schwieg. Nichts, was sie sagen könnte, würde Bursons Verdacht zerstreuen. Sie hatte entsetzliche Angst davor, dass er ihre geballte Faust lösen und die Phiole finden könnte. Die Diener erzählten sich, es sei unmöglich Burson anzulügen. Er würde immer alles herausfinden.
    Burson betrachtete sie wortlos, damit sie sich selbst verriet. Dann sagte er schließlich: »Du bist zu deinem Geheimversteck gegangen.« Er schnüffelte an ihr. »Aber nicht in die Küche. Die Vorratskammer.« Er lächelte, wobei er spitze Zähne entblößte. »Hoch oben.«
    Lidia hielt den Atem an. Burson ließ niemals locker, bis ein Problem gelöst war. Das lag in seinen Genen. Sein Blick glitt über ihre Haut. »Du bist nervös.« Wieder schnüffelte er. »Schweiß. Angst.«
    Störrisch schüttelte Lidia den Kopf. Die winzige Flasche in ihrer Hand war inzwischen ganz glitschig, und sie befürchtete, sie könnte ihr aus der Hand gleiten. Burson zog sie näher zu sich heran, bis ihre Gesichter einander fast berührten. Seine Faust hielt ihre Hände so fest umfasst, dass sie schon dachte, sie würden zerbrechen. Er schaute ihr tief in die Augen. »So ängstlich.«
    »Nein.« Wieder schüttelte Lidia den Kopf.
    Burson lachte verächtlich, doch gleichzeitig lag auch Mitleid darin. »Es muss entsetzlich sein zu wissen, dass du dir jederzeit etwas brechen könntest.« Sein eiserner Griff lockerte sich. Lidias Handgelenke prickelten, als das Blut in sie zurückkehrte. »Also gut, behalte dein Versteck. Ich werde nichts verraten.«
    Erst war Lidia nicht sicher, was er damit gemeint hatte. Stand weiterhin reglos vor dem riesigen Sicherheitsbeamten. Aber er verschwand nach einer verärgerten Handbewegung wieder im Schatten, dessen dunkler Farbe er sich allmählich anpasste. »Geh.«
    Lidia stolperte mit weichen Knien davon, wobei ihre Beine nachzugeben drohten. Aber sie zwang sich weiterzugehen, denn Bursons Blick schien sich in ihren blassen Rücken zu bohren. Sie fragte sich, ob er sie beobachten würde, oder ob er das Interesse an dem harmlosen,

Weitere Kostenlose Bücher