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Der Spieler (German Edition)

Der Spieler (German Edition)

Titel: Der Spieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Pacigalupi
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Mutter bereitete in der Familien-Haci ein Festmahl zu, das gleich zwei freudigen Anlässen gewidmet sein würde. Während der Regen ein Lächeln auf ihre Lippen zauberte, rührte sie in den Töpfen über ihrer Feuerstelle, ohne sich auch nur einmal darüber zu beschweren, dass das in den fernen Bergen gesammelte Holz von dem plötzlichen Wolkenbruch feucht geworden war. Zwischendurch streckte sie immer wieder die Hand aus, um Raphel zu berühren, eine fast schon abergläubisch anmutende Geste, die sie immer wieder von Neuem ausführte, wie um sich selbst zu versichern, dass ihr Sohn tatsächlich wieder in ihrem Zuhause vor ihr stand.
    Am Nachmittag schickte sie ihn los, um seinen Großvater zu holen. Mit einem Regenschirm, den sie bei einem Keli-Händler gekauft hatte – ein großes schwarzes Ungetüm. Als Raphel einwandte, ihm würde der Regen nichts ausmachen, hatte sie nur mit der Zunge geschnalzt und ihn mit den Worten verabschiedet, wenn einer wisse, wie man Regenschirme herstellt, dann doch wohl die Keli, und es sei keine Schande, einen zu benutzen.
    Also machte Raphel sich auf den Weg durch das Dorf, wich Sturzbächen aus, die von den Dächern der Haci strömten, und mied überflutete Gassen. Hoch über ihm flackerten Blitze am Himmel. Donner rollte aus der Ferne heran. Ein junges Mädchen in Schwarz und Rot eilte ihm auf dem Weg entgegen, und als sie sein Gesicht erblickte, das nicht länger unter einer elektrostatischen Maske verborgen war, schenkte sie ihm ein Lächeln. Sein Regenschirm hielt das Gröbste ab, doch das Mädchen war nass bis auf die Knochen. Offensichtlich machte ihr das nichts aus. Raphel blickte ihr nach, wie sie vorsätzlich in die größten Pfützen und gelben Flüsschen sprang, sodass Schlamm und Wasser aufspritzten, und dabei lachte sie in das Nass hinein.
    Der Hof seines Großvaters war verlassen, die roten Chilis hatte er längst mit sich hinein genommen. Triefnass stand Raphel vor dem Eingang.
    »Großvater?«
    Die Reibeisenstimme klang überrascht. »Bist du immer noch da?«
    Nachdem Raphel den Vorhang zur Seite geschoben hatte, schlüpfte er hinein. Schüttelte vorsichtig den Regenschirm aus und lehnte ihn an die Mauer vor der Tür. Sein Großvater saß neben der Feuerstelle und bearbeitete eines seiner Hakenmesser. Mehrere davon lagen zu seinen Füßen verstreut, und sie alle glitzerten frisch geschliffen und geölt.
    »Bia’ möchte, dass du zum Abendessen kommst.«
    Der alte Mann schnaufte verächtlich. »Will nicht in meiner Haci leben, aber lädt mich zum Abendessen ein.« Er blickte auf und betrachtete Raphels unverhülltes Gesicht. »Dann ist Quaran also um?«
    »Seit heute.«
    »Du kehrst zurück, und die Erde grünt. Ein gutes Zeichen. Und du bist nicht nach Keli gefahren.«
    Raphel seufzte. Setzte sich seinem Großvater zu Füßen auf den festgetretenen Boden. »Ich bin Jai, Großvater. Wie du auch darüber denken magst, das hier ist mein Zuhause. Und ich werde bleiben.«
    »Seltsam – es ist schön, dein Gesicht zu sehen. Trotz der Tätowierungen.«
    Raphel wrang den Saum seiner Gewänder aus. Sie waren voller Schlamm. Wasser rann ihm über die Finger. »Ich fühle mich endlich zu Hause.« Er blickte zu dem grauen Regenvorhang hinaus, der in Strömen vom Dach der Haci herablief.»Erstaunlich, dass mir das Geräusch des Regens jemals zuwider war. In Keli regnet es die ganze Zeit, und niemand schert sich darum. Oder die Menschen haben es satt. Ich dagegen halte es für das herrlichste Geräusch, das ich je gehört habe.«
    »Du klingst wie ein Jai. Wenn du jetzt auch noch zum Hakenmesser greifen würdest, dann könnte ich beinahe glauben, dass du zu uns gehörst.«
    Lächelnd schüttelte Raphel den Kopf. »Die Paschos sind neutral, Großvater.«
    Das Lachen des alten Mannes klang höhnisch. Er griff nach seiner Mez-Flasche. »Dann trink mit mir, Pascho.«
    Raphel erhob sich. »Dieses Mal werde ich dir einschenken. Wie ich es schon am Tag meiner Ankunft hätte tun sollen.«
    »Und Quaran brechen? Wohl kaum.«
    Raphel nahm seinem Großvater die Flasche ab und stellte die Tonbecher auf den Boden. »Du hast recht. Wir sollten die alten Sitten und Gebräuche achten. Das unterscheidet uns von den Keli. Wir bleiben unserer Geschichte treu.« Als er einschenkte, schleiften seine langen Ärmel am Boden entlang.
    »Verschütte nichts!«, schimpfte sein Großvater.
    Raphel lächelte. Dann zog er die Ärmel hoch. »Ich habe mich noch nicht an meine Gewänder gewöhnt.« Er goss

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