Der Spieler (German Edition)
während ihre Mütter in Mangoschalen von PurCal und Tamarindenhülsen von Red Star wühlen, in der Hoffnung, Fruchtstücke zu finden, die nicht von Cibiskose 111mt.6 verunreinigt sind. Oder ist es 111mt.7? Oder mt.8? Es gab einmal eine Zeit, da kannte er alle durch Genmanipulation entstandenen Seuchen und wusste, wann es eine Missernte geben würde oder ob neues Samenmaterial gefleddert worden war. Von diesem Wissen profitierte er, indem er seine Klipper mit den richtigen Samen und Erzeugnissen belud. Aber das ist eine Ewigkeit her.
Als er seinen Beutel öffnet und seine Kleider herausholt, zittern ihm die Hände. Liegt es am Alter oder an der Aufregung? Saubere Kleider. Gute Kleider. Der weiße Leinenanzug eines reichen Mannes.
Eigentlich waren das nicht seine Kleider, aber jetzt gehören sie ihm, und er hat gut darauf achtgegeben. Er hat sie sich für eben so eine Gelegenheit aufgespart, und das, obwohl er sie oft genug verkaufen oder tragen wollte, als seine eigenen Kleider allmählich zu Lumpen zerschlissen. Er zieht sich die Hosen über seine dürren Beine, einen Fuß nach dem anderen. Dann knöpft er sich sein Hemd zu, hastig, denn eine Stimme erinnert ihn daran, dass ihm die Zeit davonläuft.
»Verkaufen Sie die? Wollen Sie so herumstolzieren, bis jemand mit Fleisch auf den Knochen Ihnen ein paar Kröten dafür gibt?«
Tranh hebt den Blick – was eigentlich nicht nötig wäre, denn die Stimme ist ihm vertraut. Aber er kann nicht anders. Früher war er ein Tiger. Jetzt ist er nur noch eine ängstliche kleine Maus, die bei jedem Geräusch erschrocken zusammenzuckt. Und natürlich: Ma steht direkt vor ihm und strahlt ihn an. Dieser fette Kerl platzt geradezu vor Vitalität!
Ma grinst breit. »Sie sehen aus wie diese Schaufensterpuppen aus Draht, die am Palawan Plaza ausgestellt werden.«
»Wenn Sie das sagen. Ich kann es mir jedenfalls nicht leisten, dort einzukaufen.« Tranh zieht sich weiter an.
»Die Klamotten sind aber schick – die könnten glatt von dort stammen. Wo haben Sie die her?«
Tranh bleibt ihm die Antwort schuldig.
»Wen wollen Sie damit zum Narren halten? Die sind Ihnen doch viel zu groß!«
»Wir können nicht alle das Glück haben, so fett zu sein.« Tranhs Stimme ist nur ein Flüstern. Hat er schon immer so leise gesprochen? War er schon immer so ein Klappergestell – ein lebender Leichnam, der vor allem Angst hat und kaum einen Ton herausbringt? Bestimmt nicht! Aber er kann sich kaum noch daran erinnern, wie ein Tiger klingt. Er räuspert sich und versucht es erneut. »Wir können nicht alle das Glück haben, wie Ma Ping beim Kadaverkönig in den obersten Stockwerken zu leben.« Seine Stimme klingt noch immer wie Schilf, das über Beton streicht.
»Glück?« Ma lacht. Wie jung er ist! Jung und selbstzufrieden. »Ich habe mir mein Schicksal verdient. Haben Sie mir das nicht immer gesagt? Dass Glück nichts mit Erfolg zu tun hat? Dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist?« Er lacht erneut. »Tja, und was ist jetzt aus Ihnen geworden?«
Tranh knirscht mit den Zähnen. »Es sind schon bessere Männer als Sie im Dreck gelandet!« Sein Flüstern klingt noch immer entsetzlich zaghaft.
»Und bessere Männer als Sie sind auf dem Weg nach oben.« Ma streicht sich über das Handgelenk. Er trägt eine Armbanduhr, einen wunderbaren Chronografen, uralt, aus Gold und mit Diamanten besetzt. Eine Rolex! Aus längst vergangenen Zeiten. Aus einer anderen Welt. Tranh starrt die Uhr dümmlich an, wie eine hypnotisierte Schlange. Er kann sich einfach nicht davon losreißen.
Ma lächelt träge. »Gefällt sie Ihnen? Ich hab sie in einem Antiquitätenladen in der Nähe des Wat Ratchapradit erstanden. Kam mir irgendwie bekannt vor.«
Tranh spürt Wut in sich aufsteigen. Doch anstatt etwas zu erwidern, schüttelt er den Kopf und schweigt. Ihm läuft die Zeit davon. Rasch schließt er den letzten Hemdknopf, schlüpft in seine Jacke und streicht sich durch die wenigen Haarsträhnen, die ihm noch geblieben sind. Wenn er nur einen Kamm hätte ... Er zieht eine Grimasse. Ein törichter Wunsch! Die Kleider müssen genügen.
Ma lacht. »Jetzt sehen Sie aus, als wären Sie eine Berühmtheit!«
Ignoriere ihn , redet ihm seine innere Stimme zu. Tranh zieht seine letzten paar Baht aus dem Hanfbeutel – das Geld, das er noch besitzt, weil er im Treppenhaus geschlafen hat, weshalb er jetzt zu spät dran ist – und stopft sie sich in die Hosentaschen.
»Sie scheinen in Eile zu sein. Haben Sie eine
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