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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Elemente noch um ein Vielfaches.
    »Refft die Segel!«, dröhnte plötzlich der Ruf des Kapitäns durch die bis dahin drückende Stille. Sachs war bei dem plötzlichen Ruf zusammengezuckt, und allen anderen an Bord war es wohl ähnlich ergangen. Denn für eine Schrecksekunde reagierte kein Matrose auf den Befehl des Kapitäns.
    »Ihr Höllenhunde! Rauf mit euch in die Masten! Refft die Segel! Der Allmächtige kommt uns holen!« Die Stimme des Kapitäns klang, als wollte er es dem Allmächtigen möglichst schwer machen. Wenige Augenblick später waren die eiligen Schritte der Seeleute und ihre Stimmen auf dem ganzen Schiff zu vernehmen, und es dauerte nicht lange, da wurden die großen Segel sorgfältig zusammengezogen und ihre Angriffsfläche für den Wind deutlich verringert, doch vollständig geborgen wurde keines.
    Das Unwetter zog derweil weiter von Süden her auf. Und wo das Schwarz der Wolken stand, verlor der Horizont sich nun zwischen Wasser und Himmel. Alles, was sich in dieser Richtung befand, war in eine einheitliche, vollständige Finsternis getaucht. Nach Norden jedoch breitete das verlöschende Abendrot sein letztes Licht noch aus, und auch die ersten Sterne erschienen.
    Mit dem letzten Schwung des Schiffes schien der Kapitän den Segler in den schräg von vorne heranbrausenden Sturm legen zu wollen. Die
Aviso
beschrieb eine leichte Kurve nach Steuerbord, sodass die Backbordseite des Schiffes nun fast direkt nach Süden zeigte – und damit dem aufziehenden Sturm die Breitseite darbot. So viel verstand Amman Sachs von der Kunst der Schiffsführung, dass sie dem Sturm auf diese Weise einen Großteil seiner Wucht nehmen würden, indem sie vor dem Wind seitwärts auszuweichen versuchten.
    Der Kapitän war jetzt backbord an die Reling getreten und schaute hinaus auf das immer größere schwarze Loch, dass so viel anders aussah als jede andere Nacht, die sie jemals gesehen hatten.
    »Gott stehe uns bei! Es sieht aus wie das Ende der Welt!«, hörte der Fugger-Agent den erfahrenen Seemann sagen. Das schwarze Wolkenmonster hatte jetzt den Himmel oberhalb des Schiffes erreicht und verlöschte mit beängstigender Geschwindigkeit alles Sternenlicht.
    »Brasst die Segel nach Lee!« Diesmal hatte jeder Matrose aufmerksam den Worten des Kapitäns gelauscht, und sofort wurden die Rahen mit den gerefften Segeln weiter horizontal um den Mast herum in den Wind gedreht, der allerdings noch immer nicht wehte. Weiterhin herrschte eine totale Flaute.
    Wieder war es für einen langen Moment totenstill auf dem Meer, während die schwarze Hülle sich um sie herum immer weiter zuzog. Sachs bemerkte, dass der Kapitän langsam an seine Seite rückte. Als er unmittelbar neben ihm stand, hörte Sachs ihn leise flüstern: »Ausgerechnet jetzt sind wir blind. Unbekannte Gewässer. Unbekannte Strömungen. Ich bin so herum noch nie in diesem Meer unterwegs gewesen. Und nun erwartet uns ein gewaltiger Sturm . . .«
    Eine leichte Brise von Süden begann ihnen übers Gesicht zu streichen. Der Fugger-Agent hatte mit einem Mal den Geruch von vermoderndem Tang oder auch von altem Fisch in der Nase. Für einen Moment wurde der Gestank intensiver; dann war es so schnell vorbei, wie es gekommen war. Doch die Brise hielt an. Und es schien, als würde sie stetig an Macht gewinnen. Sachs schaute auf die sich zunehmend kräuselnde Wasseroberfläche, konnte das Meer jetzt aber nur noch eine Schiffslänge weit erkennen.
    »Zündet die Ankerlaterne an und bindet sie auf dem Achterdeck fest!«, befahl der Kapitän mit erneut kräftiger Stimme. Wenige Augenblicke später leuchtete eine große, in Messing gefasste Öllampe hinten am höchsten Punkt des Kastells. Wieder musste der Fugger-Agent staunen, über was für eine Ausstattung dieses kleine, aber schnelle und offensichtlich wichtige Schiff verfügte. Die Lampe hatte einen aus kleinen Tropfenscheiben geformten Glaszylinder, wie Sachs ihn noch nie gesehen hatte. Dahinter brannte der dicke Docht, geschützt vor Wind und Wetter. Außerdem erkannte der Fugger-Agent jetzt, dass das Messing, mit dem die Lampe gefasst war, aus drei ineinander greifenden und gegenläufig beweglichen Ringen bestand, wie sie auch der Kompass des Kapitäns besaß. Egal, welche Bewegung das Schiff auch ausführen würde, die Öllampe würde stets horizontal ausgerichtet bleiben; kein Öl konnte verschüttet werden.
    Die Laterne spendete zwar nur vergleichsweise schwaches Licht, doch da die Augen sich immer mehr auf die

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