Der Spion, der mich jagte - Green, S: Spion, der mich jagte - The Spy Who Haunted Me
eine angenehme Entfernung zwischen uns und den Fluss, sammelten etwas Holz und Moos, mit denen Honey uns dann mithilfe brutaler Effizienz und eines Feuerzeuges mit CIA-Monogramm Feuer anfachte. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits wirklich Nacht; die Dunkelheit war vollständig und lag schwer auf uns.
Das Licht des Feuers reichte nicht weit. Die Luft war immer noch unangenehm feucht, aber die Temperatur fiel schnell. Wir saßen im Kreis um das Lagerfeuer herum und starrten in die züngelnden Flammen. Knotige Zweige und Äste knisterten und knackten, während das Feuer sie fraß und nach einer Weile zuckten die meisten von uns auch nicht mehr bei den plötzlichen Geräuschen zusammen. Über uns öffnete sich ein weiter Himmel voller Sterne, doch der Mond war nur eine schmale Sichel. Überall um uns herum waren die Schreie von unterschiedlichen Tieren zu hören, die ihrer brutalen Jagd nachgingen, auch wenn keines von ihnen den Lichtkreis des Lagerfeuers betrat.
Es stellte sich heraus, dass trotz all seiner Klagen der Blaue Elf am Besten ausgerüstet war. Seine wattierte Jacke hatte Feentaschen: Subraum-Speisekammern, aus denen er Trinkbecher, Wasserflaschen, Teebeutel, Milch und Zucker und sogar einen kleinen Topf zum Wasserkochen hervorzauberte. Der Topf war mit hübschen blauen Blumen bemalt und trug die Aufschrift Souvenir aus Lyoness. Was man eben für jede Reise so brauche, erklärte Blue mit beträchtlicher Selbstgefälligkeit. Das einzige Lebensmittel, das er dabeihatte, war Elbenbrot, das wir anderen höflich ablehnten. Das Zeug hätte nicht einmal ein Elefant verdaut, und selbst Monate später erinnerte man sich noch an die Verstopfung. Honey fragte Blue, ob er nicht Kaffee habe, und es brachte ihm einiges an Befriedigung, nein sagen zu können.
Wir saßen also um das Feuer und tranken Tee aus einem Sortiment nicht zueinander passender Becher. Auf meinem stand Der Welt bestes Arschloch. Während wir Wasser für eine zweite Tasse kochten, holte Honey ein großes Messer hervor und verschwand in der Dunkelheit. Ihr weißer Overall erschien in der Dunkelheit hier und da wie ein Geist, der sich nicht entscheiden konnte, ob er Form annehmen sollte oder nicht. Man hörte Krachen und Rascheln, ein lautes Platschen und dann kam Honey triumphierend mit einem großen, toten Biber wieder, den sie gefangen und am Flussufer getötet hatte. Sie häutete und bereitete das Vieh mit professioneller Geschicklichkeit zu und schon bald hing Fleisch auf angespitzten Stöcken über dem Feuer. Es roch tatsächlich ziemlich gut. Ein Biber für fünf Leute war zwar nicht viel, und der Geschmack war eher interessant, aber wir hatten alle Hunger und keiner lehnte ab. Walker aß seinen Teil mit großer Begeisterung und leckte sich doch tatsächlich das Fett von den Fingern, als er fertig war. Der Blaue Elf schmunzelte.
»Tu's nicht«, sagte Honey streng. »Ich habe bereits alle Witze über Biber und an was und wo sie gerne herumknabbern, gehört. Außerdem habe ich eine Knarre, und ich werde sie benutzen.«
»Hört doch mal all die Geräusche im Wald«, versuchte ich, taktvoll das Thema zu wechseln. »Als ob sich alle Lebewesen da draußen töten, auffressen und gegenseitig ducken. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Und möglicherweise gleichzeitig.«
»So klingt die Wildnis eben, Stadtjunge«, sagte Honey.
»Sie sollten mal hören, wie die Nightside klingt«, meinte Walker. »Wo sich die wirklich Wilden gegenseitig übers Ohr hauen. Wir haben die besten Nachtklubs, die großartigsten Shows, nicht enden wollende Musik, man kann tanzen, bis einem die Füße bluten, und Aschenputtel kommt nie nach Hause.«
»Wissen Sie, Walker«, sagte der Blaue Elf. »Ich finde Sie ausgesprochen unheimlich.«
»Danke«, erwiderte Walker.
Wir saßen um das Feuer und die Nacht verging langsam. Wenn das überhaupt möglich war, wurde es noch dunkler. Die Hitze des Tages hatte sich verflüchtigt, und schließlich saßen wir alle so nah bei den Flammen, wie wir konnten. Das flackernde Licht des Feuers bemalte unsere Gesichter mit ständig sich ändernden Schatten und suggerierte manchmal sogar unerwartete Enthüllungen über unseren Charakter. Hin und wieder hörten wir etwas Großes und Schweres durch den Wald krachen, aber nichts betrat je den Lichtkreis des Feuers. Am Anfang zuckten wir noch bei jedem Geräusch zusammen, aber nichts geschah, und nach einer Weile kümmerten wir uns nicht mehr darum. Es war kalt, wir waren müde und wir konnten
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