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Der Spion der mich liebte

Titel: Der Spion der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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auf Grund des Verschuldens eines Partners - er meinte wohl mich allein! - zu dieser Sachlage gekommen, folglich mußte schnellstens eine radikale Lösung für ein Problem gefunden werden, das nur zu Peinlichkeiten führen und möglicherweise unser weiteres Fortkommen behindern konnte. Eine Ehe war leider - er sagte leider, weil er eine hohe Meinung von meinen Charaktereigenschaften und vor allem von meiner körperlichen Schönheit hatte - ausgeschlossen. Deshalb habe er gewisse Entscheidungen treffen müssen. Die wichtigste war, daß ich mich einer sofortigen Operation unterziehen mußte. Eine Schwangerschaft im dritten Monat war bereits gefährlich fortgeschritten. Doch die Sache ließe sich regeln. Ich würde in eine Stadt ins Ausland fliegen und dort in einem Hotel absteigen. Ich würde zu einem Arzt fahren, dessen Adresse er mir mitgeben würde. Dieser Gynäkologe würde in einem Krankenhaus ein Bett für mich reservieren lassen, und die ganze Angelegenheit wäre binnen einer Woche aus der Welt geschafft. Die Kosten allerdings würden hoch sein. Sie würden sich vielleicht sogar auf hundertfünfzig Pfund belaufen. Doch auch in dieser Beziehung hatte er für mich gesorgt. Er zog einen Umschlag aus seiner Schreibtischschublade und schob ihn über den Tisch. In Anbetracht meiner fast zweijährigen ausgezeichneten Mitarbeit, wäre es durchaus vertretbar, mir mangels einer Kündigungsfrist ein Monatsgehalt auszuzahlen. Es betrug hundertzwanzig Pfund. Zudem hatte er sich die Freiheit erlaubt, aus eigener Tasche fünfzig Pfund daraufzulegen.
    Der Ausdruck des Entsetzens auf meinem Gesicht mußte ihn schockiert haben, denn er fuhr hastig fort zu sprechen. Vor allen Dingen dürfte ich mir keine Sorgen machen, murmelte er. Jeder habe einmal Pech im Leben. Solche Dinge waren schmerzlich und unerfreulich. Er selbst war tief betrübt, daß eine so glückliche Bindung zu Ende gehen mußte. Doch leider war das nicht zu ändern. Schließlich fügte Kurt noch hinzu, er hoffe, ich verstünde ihn.
    Ich nickte und stand auf. Ich nahm den Umschlag, warf einen letzten Blick auf das blonde Haar, den Mund, den ich geliebt hatte, die kräftigen Schultern, und verließ hastig das Zimmer, als ich fühlte, daß mir die Tränen über das Gesicht liefen. Bevor ich Kurt kennengelernt hatte, war ich ein Vogel mit einer lahmen Schwinge gewesen. Jetzt war ich doppelt verwundet.
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    Ende August, als all dies geschah, war das Wetter so strahlend schön und wann, wie es um diese Jahreszeit nur sein kann. Ich fuhr vom Flugplatz mit einem Taxi zur Stadt, stieg auf einem der belebtesten und schönsten Plätze aus und mischte mich unter die Menge. Die Straßen und Gassen waren überfüllt von Menschen    - hauptsächlich    Touristen, die,    behängt mit
    Fotoapparaten, umherschlenderten, die Sehenswürdigkeiten bestaunten und eifrig knipsten. Aus Autocars stiegen, lachend und scherzend, Gruppen von braungebrannten jungen Leuten, die auf einer Ferienreise waren. Aber ich fühlte mich furchtbar einsam und niedergeschlagen in dem Strom gutgelaunter Menschen.    Die gesunde,    wohlgeordnete,    von    praller
    Lebensfreude strotzende Atmosphäre, zerrte an meinen gereizten Nerven und erfüllte mich mit Schmerz. Das war das Leben, wie Kurt es sah - Naturfreude, die einfache Existenz einfacher Wesen. Er und ich hatten ein solches Leben geteilt, und an der Oberfläche war    es gut gewesen.    Doch    blondes
    Haar, klare    Augen und sonnengebräunte Haut    waren    ebenso
    äußerlich wie die Schminke auf dem Gesicht einer Frau. Einfach eine andere Art von Tünche. Ich war sowohl von Dereks Weltoffenheit als auch von Kurts bürgerlicher Schlichtheit enttäuscht worden und war nahe daran, jedem Mann zu mißtrauen. Ich hatte nicht einmal erwartet, daß Kurt mich heiraten würde. Und auch von Derek erwartete ich es nicht. Ich hatte nur gehofft, daß sie mir mit Güte begegnen würden, daß sie sanft mit mir umgehen würden, wie ich ihnen gegenüber - so glaubte ich jedenfalls - sanft gewesen war. Aber das war natürlich mein Fehler gewesen. Ich war zu sanft gewesen, zu nachgiebig. Ich hatte den Wunsch gehabt, dem anderen Freude zu machen - und selbst Freude zu empfangen, doch das war von untergeordneter Bedeutung gewesen -, und das hatte mich zum leichten Mädchen gestempelt, das man abschieben konnte, wenn es lästig wurde. Nun, von jetzt an würde das anders werden. Von jetzt an würde ich nehmen und nicht

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