Der Spion und die Lady
schürfende Geräusche, und der Lichtspalt zwischen Lukendeckel und Deckplanken verschwand. Der Captain mußte Teppiche über die Luke gezogen haben. Insgeheim dankte sie ihm für seine Weitsicht. Selbst wenn Simmons den Lastkahn verfolgte, würde er sie in ihrem Versteck kaum finden.
Aber die Vorsichtsmaßnahme bewirkte, daß es im Laderaum stockdunkel war. Ihr Versteck war knapp zwei Meter lang, sowie einen breit und hoch. Irgendwie kam sich Maxie vor wie in einem gepolsterten Sarg. Sie bemühte sich, ihre Abneigung gegen die räumliche Enge zu verdrängen. Entscheidend war, daß sie Simmons auf diese Weise entkamen, und der Captain schien ein guter Verbündeter zu sein.
Verschwommen hörte sie, wie Jamie das Pferd antrieb. Der Kahn geriet in Bewegung. Erst jetzt merkte Maxie wirklich, wie erschöpft sie war. Sie streckte sich neben Robin aus. »Bist du bei dir?«
»Den letzten Akt habe ich mehr oder weniger bewußt miterlebt, auch wenn ich mich fühle wie ein nasser Sack«, erwiderte er mit schwacher Stimme. Sie lächelte erleichtert. »Hört sich so an, als hätte dir der Stein wenigstens nicht den Humor zerschlagen.«
»Natürlich nicht. Mein Kopf ist mein unzerbrechlichster Körperteil.« Nach einer winzigen Pause fügte er hinzu: »Ist da vielleicht noch irgendwo etwas Wasser?«
Sie hob seinen Kopf an, so daß er aus der Flasche trinken konnte. Nachdem sie den Rest wieder verkorkt hatte, fragte sie: »Hast du neben der Kopfwunde noch andere Verletzungen?«
Es entstand eine Pause, und sie hörte, wie er sich betastete und bewegte. »Nichts zu vermelden«, sagte er schließlich.
»Gut. Dann kannst du dir ja einen plausiblen Grund dafür einfallen lassen, warum uns mein Cousin Simmons und seine Kumpane verfolgen.«
»Aber du bist so hervorragend im Erfinden, daß es eine Schande wäre, sich da einzumischen«, protestierte er.
»Verglichen mit dir bin ich im Geschichtenspinnen die reinste Amateurin.«
»Im Geschichtenspinnen vielleicht, aber nicht im Schauspielern. Hätte ich es nicht besser gewußt, ich hätte dich für zu Tode verschreckt und absolut hilflos gehalten.«
»Woher willst du wissen, daß ich es nicht war?«
erkundigte sie sich und war sich nicht sicher, ob sie sich über sein Zutrauen geschmeichelt oder durch sein mangelndes Mitgefühl gekränkt fühlen sollte.
»Weil eine Frau, die einen dreimal so großen berufsmäßigen Schläger angreift, bis zum Selbstmord mutig ist, Kanawiosta.« Er drehte sich um, legte einen Arm um sie und zog sie an sich.
»Du würdest einen hervorragenden Leibwächter abgeben.«
Lächelnd lehnte sie sich an ihn, ihre Wange ruhte an seiner Brust. Obwohl sie wußte, wie irrational das war, fühlte sie sich in seinen Armen unendlich sicher.
Wenig später ging sein Atem ganz ruhig und regelmäßig. Er schien einzuschlafen. Maxie widerstand dieser Versuchung. Sie hielt sich bewußt wach, lauschte auf das Wasser, das gegen den Rumpf schlug, und überlegte sich eine überzeugende Geschichte, die sie dem Captain erzählen konnte.
Der Lastkahn Penelope fuhr gerade in die erste der Schleusen von Foxton hinein, als zwei schwer keuchende Männer auf dem Treidelpfad auftauchten. »Ey, Ihr da!« rief der größere von beiden mit deutlichem Cockney-Akzent. »Moment mal! Ich will Euch ein paar Fragen stellen.«
John Blaine nahm die Pfeife aus dem Mund und beäugte den Ankömmling. Der Bursche sah aus, als hätte er eine heftige Rauferei hinter sich. »In einer Schleusenkammer hält ein Kanalkahn nicht an«, wies er den Mann zurecht und rief seinem Sohn zu: »Mach das untere Falltor auf.«
Jamie öffnete die Kammer, Wasser begann einzuströmen.
»Verdammt, ich rede mit Euch!« fluchte der Cockney.
Blaine konnte sich für das Benehmen des Fremden nicht erwärmen. Im Gegensatz dazu war die kleine Lady ganz bezaubernd gewesen. »Und ich habe zu tun«, gab er zurück. »Macht Euch nützlich und helft bei den Toren. Wenn wir durch sind, habe ich Zeit zum Reden.«
Der Pegel zwischen der ersten und zweiten Schleusenkammer glich sich aus, und Jamie öffnete die Tore zwischen ihnen. Das Pferd zog den Kahn vorwärts, die Tore schlossen sich hinter ihm, und das Fluttor der nächsten Kammer wurde geöffnet.
Während er zusah, wie die Penelope schnell sank, hopste der Cockey ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, als überlege er, ob er an Deck springen und die Beantwortung seiner Frage erzwingen sollte. Nach wenigen Momenten winkte er seinen Begleiter heran, und die beiden
Weitere Kostenlose Bücher