Der Spion und die Lady
Verwandten, die ein Heim brauchten? Kopfschüttelnd folgte sie Robin.
Er öffnete eine Tür und warf einen Blick in den Raum. Er war groß und verfügte über ein Himmelbett auf einem rosenfarbenen Teppich.
»Ich glaube, es ist das Schlafgemach der Hausherrin. Zum Schlafzimmer des Hausherrn führt die Tür dort.«
Sie sah ihn an und erinnerte sich an das Drover Inn. »Also ist es gefährlicher, gemeinsam in einem Bett zu schlafen, als im Wald, in einer Scheune oder auf einem Stapel Teppiche?«
Er sah ihr direkt in die Augen und wirkte unvermittelt ernst. »So hat es sich erwiesen. Ich halte es für besser, im Nebenzimmer zu schlafen.« Er hatte natürlich recht.
Zum zwanzigsten Mal schob sich Maxie die Ärmel ihrer kostbaren Robe zurück. Es wäre ganz und gar nicht gut, wenn ihr der rote Samt in ihr Essen hing. In den letzten drei Stunden war ihre Stimmung entscheidend besser geworden.
Während Robin badete, hatte sie den Schinken und das Gemüse aus ihren Vorräten zubereitet.
Ihre Abneigung gegen das Trinken von Alkohol erstreckte sich nicht auf das Kochen mit Wein, und ein großzügiger Schuß Bordeaux hatte für die eher schlichten Zutaten ebenso Wunder gewirkt wie ein paar getrocknete Kräuter aus der Vorratskammer.
Während ihr Bad an der Reihe war, ein wundervolles, lavendelparfümiertes Bad, hatte Robin aus dem gesamten Haus Schätze zusammengetragen, um eine angenehme Atmosphäre für ihr Mahl zu schaffen. Da sich das Eßzimmer als zu groß und formell erwies, hatte er den Tisch im Frühstückszimmer gedeckt.
Kristallgläser, Silberbestecke und hauchdünnes Porzellan schimmerten im Kerzenlicht, feinbemalte Schalen enthielten eingelegtes Gemüse und kandierte Früchte aus der Vorratskammer.
Mit bedenklicher Mißachtung für Eigentumsrechte hatte er auch die beiden Samtroben gesichert, die sie trugen, während ihre eigenen Kleidungsstücke trockneten. Als Maxie nach ihrem Bad in das luxuriöse Gewand schlüpfte, kam sie sich vor wie eine Prinzessin.
Sie schluckte den letzten Bissen hinunter, lehnte sich mit einem zufriedenen kleinen Seufzer zurück und schob sich erneut die Ärmel hoch. Die Robe war viel zu groß für sie, der Saum ringelte sich wie eine Schleppe auf dem Boden, aber sie paßte geradezu perfekt für diese unwirkliche Atmosphäre, in der ihr die langen Haare offen wie einem Kind über die Schultern hingen und warme Wollstrümpfe ihre Füße wärmten.
Maxie war fest entschlossen, sich zu entspannen und die Umgebung zu genießen. Sie hatte das merkwürdige Gefühl, daß das Haus sie willkommen hieß. Vielleicht war es froh, endlich wieder Bewohner zu haben – selbst so flüchtige und unberechtigte wie sie.
Verstohlen musterte sie ihren Gefährten. Seine Robe saß wie angegossen und war von einem Blau, das hervorragend zu seinen Augen paßte.
Die Farbe betonte das Blond seiner Haare und ließ ihn unergründlich und gefährlich attraktiv aussehen.
Als er nach seinem Weinglas griff, öffnete sich seine Robe am Hals. Interessiert stellte sie fest, daß die Behaarung seiner Brust einen leicht rötlichen Ton aufwies. Vermutlich würde ihm auch ein rötlicher Bart wachsen, nahm sie an.
»In Momenten wie diesen«, bemerkte Maxie, während sie sich Wasser aus einem Silberkrug eingoß, »wäre es bestimmt sehr angenehm, sich mit einem Glas Brandy in der Hand
zurückzulehnen.«
»Das kannst du doch tun. Niemand sagt, daß du den Brandy auch trinken mußt.« Er hob sein Glas, das den Rest des Bordeaux enthielt, mit dem sie ihr Essen bereichert hatte. »Wollen wir nicht auf die Zukunft trinken?«
Lachend griff Maxie nach ihrer Tasse. »Geht auch ein Trinkspruch mit Tee in Erfüllung?«
»Bei symbolischen Handlungen kommt es allein auf die Absicht an, die Details sind unerheblich«, versicherte er ihr.
Sie zögerte einen Moment lang und empfand unwillkürlich ein seltsames, tiefes Verlangen. Es wurde zunehmend schwerer, sich die Trennung von Robin, seinem faszinierenden Charme, seinem bezwingenden Humor und seiner selbstverständlichen Akzeptanz ihrer Herkunft vorzustellen. Eine Zukunft mit ihm lag jedoch im Bereich unerfüllbarer Träume. Jeder Versuch, ihn halten zu wollen, wäre so, als wollte man den Wind mit den Händen fangen.
Versonnen lächelnd hob sie ihre Tasse und leerte sie schnell und mit einem Schluck. Sie war eine Amerikanerin und das hieß, daß sie nichts für unmöglich hielt.
Nachdem sie sich Tee nachgeschenkt hatte, wählte sie ein Stück kandierten Ingwer aus der
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